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Zeitschaft: Meisterwerke der SF (German Edition)

Zeitschaft: Meisterwerke der SF (German Edition)

Titel: Zeitschaft: Meisterwerke der SF (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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Markham von Caltech hatte haben wollen, tauchte auf, und Peterson verstaute es in seinem Aktenkoffer. Markham hatte um das Material gebeten, das nach seinen Worten mit dem Tachyonen-Experiment zu tun hatte, und Peterson hatte versprochen, seine guten Beziehungen zu nutzen, um es von den Amerikanern zu bekommen. Die Arbeit war noch nicht veröffentlichungsreif, ein üblicher Kniff, um nichts zu früh zu verraten, aber mit einigen Bemühungen hatte er sie beschaffen können.
    Der Morgen verlief wie geplant. Ein allgemeiner Überblick durch einen Ozeanographen, Dias und Schaubilder vor einer zwanzigköpfigen Zuhörerschaft. Dann eine Wiederholung, diesmal offener und weitaus pessimistischer, vor einem Kreis von fünf. Und dann Alex Kiefer, der Chef des Ganzen, unter vier Augen mit Peterson.
    »Wollen Sie Ihren Mantel nicht ablegen? Heute ist es ziemlich warm. Ein herrlicher Tag.« Kiefer sprach schnell, fast nervös. Jetzt, da sie unter sich waren, schien Kiefer einen Energieüberschuss zu besitzen. Er schritt schnell aus, federte auf den Zehenspitzen, blickte sich ständig um und grüßte die wenigen Menschen, die ihnen begegneten, mit ruckhaften Bewegungen. Er komplimentierte Peterson in sein Büro.
    »Kommen Sie, kommen Sie!«, sagte er händereibend. »Nehmen Sie Platz! Geben Sie mir Ihre Jacke! Nein? Ja, ein herrlicher Ausblick, nicht wahr? Herrlich.«
    Die letzte Bemerkung war die Antwort auf eine Äußerung, die Peterson gar nicht gemacht hatte; allerdings war er, angezogen vom schimmernden Glanz des Pazifiks unter ihnen, automatisch auf das große Panoramafenster zugetreten. »Ja«, sagte er jetzt und machte die erwartete Bemerkung. »Ein großartiger Ausblick. Lenkt er Sie nicht ab?«
    Der breite Sandstrand erstreckte sich auf La Jolla zu und ging dann in ein von paradiesischen Palmen umgebenes Hügelgebiet über. Auf dem Ozean saßen Reihen von Surfern in Schutzanzügen wie große schwarze Meeresvögel auf ihren Brettern, die sie mit geduldigen Paddelbewegungen antrieben.
    Kiefer lachte. »Wenn ich merke, dass ich mich nicht konzentrieren kann, ziehe ich mir einen Neoprenanzug über und gehe schwimmen. Das klärt den Verstand. Ich versuche, jeden Tag zu schwimmen. Eigentlich braucht man jetzt kaum noch einen Anzug, das Wasser ist bereits ziemlich warm. Die jungen Leute dort draußen meinen nur, es sei kalt.« Er zeigte zu den Surfern. Die meisten hockten auf den Knien und paddelten vor einer hohen Welle her. »Früher wurde es richtig kalt. Bevor die Multi-Gigawatt-Kernreaktoren in San Onofre gebaut wurden. Aber das wissen Sie sicherlich selbst. Das gehört doch zu Ihren Aufgaben, oder? Na ja, dadurch stieg die Wassertemperatur ein wenig, genau vor diesem Küstenstreifen. Interessant. Anscheinend wurden die Meeresfauna und -flora dadurch stimuliert. Wir beobachten das hier natürlich sehr sorgfältig. Es gehört zu unseren wichtigsten Untersuchungen. Wenn die Temperatur weiter zunimmt, könnte das einige Lebenskreise verändern, aber soweit wir wissen, ist der Höhepunkt bereits erreicht. Seit einigen Jahren gab es keine Zunahme mehr.«
    Kiefers Bewegungen und seine Sprache wurden weniger sprunghaft, als er über seine Arbeit zu sprechen begann. Peterson schätzte ihn auf Ende vierzig. Um die Augen machten sich Fältchen breit, sein dichtes, schwarzes Haar war an den Schläfen grau, aber er machte einen sportlichen Eindruck. Er wirkte wie ein Asket, doch sein Büro strafte diesen Anschein Lügen. Peterson hatte mit einer Mischung aus Neid und Verachtung, die er in Amerika häufig empfand, Kiefers Büroausstattung registriert: den tiefen, olivgrünen Teppichboden, den glattglänzenden Rosenholzschreibtisch, die Hängefarne und Spinnenpflanzen, die japanischen Drucke an den Wänden, die Illustrierten auf dem Kaffeetisch mit Keramikoberfläche und natürlich die großen getönten Fenster mit Blick auf den Pazifik. Einen Moment sah er Renfrews unordentliches, aber gemütliches Zimmer vor sich. Doch abgesehen von der Aussicht zeigte Kiefer keinerlei Stolz auf seine Umgebung, er schien sie nicht einmal bewusst wahrzunehmen. Sie setzten sich – nicht an seinen Schreibtisch, sondern in die bequemen Sessel neben dem Kaffeetisch. Peterson entschied, dass es jetzt genug des Spielchens »Schüchtere deinen Besucher ein« wäre; eine Geste der Gleichgültigkeit war vonnöten.
    »Haben Sie was dagegen, dass ich rauche?«, fragte er und zog eine Zigarre und ein goldenes Feuerzeug heraus.
    »Oh … ich … nun, gewiss.«

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