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Zeitschaft

Zeitschaft

Titel: Zeitschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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verschränkte die Arme, lehnte sich zurück und blickte ihn an. »Hast du je darüber nachgedacht, wie hart Wissenschaftler arbeiten?«
    »Blödsinn!«
    »Was bringt man euch bei? Alles, was ihr über ein Problem wißt, aufzuschreiben. Es ist in ein paar Gleichungen auszudrücken. Die meiste Zeit reicht das schon aus, richtig? Ihr spielt ein bißchen mit den Gleichungen herum, und schon habt ihr die richtige Antwort.«
    »So einfach ist es nicht«, sagte Gordon kopfschüttelnd. Aber sich selbst mußte er mißmutig eingestehen, daß an ihren Worten etwas Wahres war. Man ordnet die Symbole, macht x, y und z zu Unbekannten und ordnet das Ganze wieder neu. Ordnungsdenken. Sie alle waren daran gewöhnt, und vielleicht verbarg es einige Elemente des Problems, wenn man nicht sorgfältig war. Dyson konnte trotz aller seiner Kenntnisse völlig falsch liegen, ganz einfach wegen seiner Denkgewohnheiten.
    »Essen wir noch ein Mousse«, schlug Penny vor.
    Er blickte sie an. So oder so wollte sie diesen Abend zu einem richtigen Ende bringen. Erneut erinnerte er sich, wie sie damals auf der Toilette saß, und ein Gefühl der Wärme kam in ihm auf. Verwundbar und heiter zugleich hatte sie dort gesessen und unter einem dünnen Kleid animalische Bedürfnisse befriedigt. Keck und auf merkwürdige Weise elegant.
    »War Ihr Dinnär gutt, Sir?«
    Gordon beäugte den Kellner und versuchte abzuschätzen, ob er tuntig war. »Äh… ja. Ja.« Er machte eine Pause. »Um Längen besser als das Wimpy.«
    Der Gesichtsausdruck des Kellners war den Preis des Abendessens wert.

 
– 20 –
31. Mai 1963
     
     
    Albert Coopers Rigorosum begann recht gut. Gates, ein Hochenergie-Physiker, begann mit einem Standardproblem. »Mr. Cooper, stellen Sie sich zwei Elektronen in einer eindimensionalen Schachtel vor! Können Sie uns die Wellenfunktion dieses Zustands aufschreiben?« Gates lächelte freundlich; er versuchte, die Spannung zu zerstreuen, die mündliche Prüfungen immer hatten. Irgendwo versagte der Student fast immer; aus reiner Nervosität war er plötzlich nicht mehr in der Lage, ein simples physikalisches Problem zu beschreiben.
    Die Einleitung des Problems und die Skizzierung des niedrigsten Energiestands hatte Cooper glatt hinter sich gebracht. Dann stockte er. Gordon wußte nicht, ob es Unsicherheit oder kalkulierte Verzögerungstaktik war. Seit kurzem waren die Studenten darauf gekommen, durch stumme Pausen dem Prüfungskomitee Hinweise zu entlocken. Oft funktionierte es. Nach einem Moment sagte Gates: »Nun gut… Müßte der räumliche Teil der Funktion symmetrisch sein?« Schließlich antwortete Cooper: »Äh… nein. Ich glaube nicht. Die Drehimpulse müßten…« Und dann kam er, mit gelegentlichen kurzen Stockungen, bis zum Ende des Problems.
    Gordon spürte eine innere Unruhe, als Gates Cooper durch eine Reihe von Routinefragen lenkte, die alle dazu dienten, herauszufinden, ob der Kandidat den allgemeinen Hintergrund des Dissertationsproblems kannte, das er sich vorgenommen hatte.
    Die Air Condition summte leise, Coopers Kreide kratzte quietschend über die Tafel. Gordon betrachtete Carroway, den Astrophysiker. Von dort war nichts zu befürchten. Carroway wirkte gelangweilt; er wartete ungeduldig auf das Ende dieses Rituals, um zu seinen Berechnungen zurückkehren zu können. Das vierte und letzte Mitglied des Ausschusses war das einzige Problem: Isaac Lakin. Als leitender Professor im Bereich von Coopers Doktorarbeit war seine Anwesenheit unumgänglich.
    Gates kam mit seinen einfachen Fragen zum Ende, Carroway gab mit schläfrigem Blinzeln an Lakin weiter. Jetzt kommt’s, dachte Gordon.
    Aber so direkt ging Lakin nicht vor. Er begann mit Cooper eine Diskussion über dessen Experiment – gewöhnlich sicherer Boden für den Studenten, da er sich dort am besten auskannte. Lakin legte Wert auf die theoretische Untermauerung des Effekts der Nuklearresonanz. Mit sicheren Bewegungen schrieb Cooper die Gleichungen auf. Als Lakin nachhakte, wurde Cooper langsamer und hörte ganz auf. Er versuchte es erneut mit der Verzögerungstaktik. Lakin erkannte das und gab Cooper keinerlei Hinweise. Zum erstenmal während der Prüfung zeigte Carroway Interesse. Gordon fragte sich, warum ein Student, der in Schwierigkeiten geriet, beim Prüfungsausschuß in der Regel größere Aufmerksamkeit auf sich zog; vielleicht war es der Jagdinstinkt. Oder die Sorge der Professoren, daß der Student, dessen Erfolg eigentlich vorausgesetzt wurde, plötzlich

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