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Zeitschaft

Zeitschaft

Titel: Zeitschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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Tisch in der Luft schweben, als könnte er ihre Kalbs-Piccata vergiften.
    »Was ist das für ein Ramsch?«
    »Ach, hör auf. Ein Scherz.«
    »Als nächstes verehrst du mir Ausgaben vom Gewissen eines Konservativen. «
    »Hab’ nicht so viel Angst vor neuen Ideen!«
    »Neu? Penny, sie sind schon vermodert.«
    »Für dich sind sie neu.«
    »Sieh mal, Goldwater mag einen guten Nachbarn abgeben – gute Zäune schaffen gute Nachbarn, hat Frost es nicht so formuliert? Eine kleine Prise Literatur für dich. Aber, Penny, er ist ein Einfaltspinsel.«
    »So einfach hätte er Kuba nicht weggeschenkt«, sagte sie steif.
    »Hä?« Er war aufrichtig verblüfft.
    »Kennedy hat es letzten Oktober weggeschenkt. Nur so, mit einer Unterschrift.« Sie schnippte mit den Fingern. »Er hat zugestimmt, in Kuba nichts zu unternehmen, wenn die Russen ihre Raketen abziehen.«
    »Noch eine Schweinebucht?«
    »Vielleicht.« Sie nickte grimmig. »Vielleicht.«
    »Kennedy hat schon genug Faschisten geholfen. Die Exilanten, Franco und jetzt Diem in Vietnam. Ich denke…«
    »Du denkst überhaupt nicht, Gordon. Wirklich. Du mit deinen Ostküsten-Vorstellungen über das Funktionieren der Welt – und sie sind alle falsch! JFK war in Sachen Kuba ein Schwächling, und paß nur auf – die Russen werden ihnen die Waffen geben, und dann werden sie alles infiltrieren, ganz Südamerika. Sie sind eine echte Bedrohung, Gordon. Was sollte sie davon abhalten, ihre Truppen sogar nach Afrika zu schicken? In den Kongo?«
    »Blödsinn!«
    »Ist es Blödsinn, daß Kennedy auch hier unsere Freiheiten beschneidet? Die Stahlunternehmen zum Nachgeben zwingt, obwohl sie nichts getan haben, außer ihre Preise zu erhöhen? Was passiert denn mit dem freien Unternehmertum?«
    Gordon hob die Hand, die Handfläche ihr zugewandt. »Können wir einen Waffenstillstand schließen?«
    »Ich versuche nur, dich aufzurütteln. Ihr Leute aus dem Osten versteht nicht, wie dieses Land wirklich funktioniert.«
    Ironisch entgegnete er: »Möglicherweise sind bei der New York Times ein paar Männer, die sich darüber Gedanken machen.«
    »Demokraten vom linken Flügel«, begann sie, »die nichts…«
    »He, he!« Erneut hob er die Hand. »Ich dachte, wir hätten einen Waffenstillstand.«
    »Nun… In Ordnung. Tut mir leid.«
    Verwirrt betrachtete Gordon seinen Teller und fragte dann: »Was ist das?«
    »Artischockensalat.«
    »Habe ich das bestellt?«
    »Ich habe es gehört.«
    »Nach dem Fleisch? Wo hatte ich meine Gedanken?«
    »Ich weiß es ganz bestimmt nicht.«
    »Ich brauche das nicht. Ich winke mal einen der komischen Kellner her.«
    »Sie sind nicht ›komisch‹, Gordon. Sie sind tuntig.«
    »Was?« fragte er erstaunt.
    »Du weißt schon. Homosexuell.«
    »Schwule?« Gordon hatte das Gefühl, den ganzen Abend getäuscht worden zu sein. Er ließ seine Hand sinken. »Du hättest es mir sagen sollen.«
    »Warum? Es spielt doch keine Rolle. Ich meine, sie sind überall in La Jolla – hast du es etwa nicht bemerkt?«
    »Hm, nein.«
    »Die meisten Kellner sind es, egal in welchem Restaurant. Es ist ein angenehmer Job. Man kann herumreisen und an den besten Flecken wohnen. Sie haben keine familiären Verpflichtungen, meistens wollen ihre Familien nichts mit ihnen zu tun haben, also…« Sie zuckte die Achseln. Gordon sah in dieser Bewegung eine gelassene Einstellung zur Welt, um die er sie plötzlich sehr beneidete. Die Art, wie ihr Gespräch von Thema zu Thema gewandert war, brachte ihn aus dem Gleichgewicht. Ihm wurde bewußt, daß er die wirkliche Penny, die Frau hinter so vielen Gesichtern, immer noch nicht erkannt hatte. Die komische Goldwater-Anhängerin lebte direkt neben der Literatur- und Kunststudentin, welche sich wiederum als sexuell abgeklärte Frau entpuppte. Er erinnerte sich an eine Fakultätsparty im letzten Jahr; er hatte die Tür zum Bad geöffnet, und sie saß dort auf der Toilette, ihr blaues Kleid wie eine Blumengirlande um sich herum drapiert. Sie waren beide gleichermaßen verblüfft. In der erhobenen Hand hielt sie ein Stück Toilettenpapier. Ihre Hacken gruben sich in die Fugen zwischen den braunen, dreieckigen Kacheln, so daß ihre Zehen keck in die Luft wiesen. Der niedrige Sitz ließ sie plumper erscheinen. Zwischen ihren hellen Schenkeln gähnte das endlose tiefe Oval. Eine dunkle Strumpfhose, mit Strapsen an ihrem Hüftgürtel befestigt, bedeckten den Rest der Beine. Sein Kinn fiel nach unten. Zuerst war er unschlüssig, was er tun sollte, dann ging er

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