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Zeitschaft

Zeitschaft

Titel: Zeitschaft
Autoren: Gregory Benford
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Sie fand ihn ein wenig irritierend. Als John sie ihm vorgestellt hatte, hatte er eine Spur zu nahe bei ihr gestanden, sie angestarrt und ihr ziemlich abrupte, unkonventionelle Fragen gestellt. Als sie vor ihm zurückgewichen war – sowohl körperlich als auch vor seinen Fragen –, schien er das Interesse an ihr zu verlieren. Als sie ihm einige Zeit später einige teure Nüsse angeboten hatte, hatte er, ohne seinen Redefluß zu unterbrechen, eine Handvoll genommen und ihre Gegenwart kaum wahrgenommen.
    Marjorie war entschlossen, sich durch nichts stören zu lassen. Seit dem scheußlichen Zwischenfall mit den Squattern war über eine Woche vergangen und – sie verdrängte den Gedanken. Beherzt wandte sie ihre Aufmerksamkeit ihrer Party und Markhams Frau, Jan, zu. Jan war natürlich sehr still – kaum überraschend, da ihr Mann seit ihrer Ankunft das Gespräch dominierte. Seine Technik bestand darin, sehr schnell zu reden und wie es ihm gerade einfiel von einem Thema zum anderen zu wechseln, eine Art verbaler Geländelauf. Viele seiner Aussagen waren durchaus interessant, aber Marjorie hatte keine Zeit, über ein Thema nachzudenken und es zu kommentieren, bevor das Gespräch schon wieder eine andere Richtung genommen hatte. Jan lächelte über seine verbalen Sprünge; ein recht weises Lächeln, das Marjorie als Ausdruck eines starken Charakters deutete.
    »Ihre Aussprache hört sich ein wenig englisch an«, sagte Marjorie. »Färbt es bereits auf Sie ab?«
    Sie entfernte sich ein Stückchen von der Gesprächsrunde. »Meine Mutter ist Engländerin. Sie lebt seit Jahrzehnten in Berkeley, aber der Akzent bleibt haften.«
    Marjorie nickte verstehend und fragte weiter. Es stellte sich heraus, daß Jans Mutter in Arcology lebte, das im Bereich der Bucht gebaut wurde. Sie konnte es sich leisten, weil sie Romane schrieb.
    »Was für Sachen schreibt sie?« schaltete Heather sich in das Gespräch ein.
    »Schauerromane. Sie schreibt unter dem absurden Pseudonym Cassandra Pye.«
    »Ach Gott«, sagte Marjorie, »ich habe einige ihrer Bücher gelesen. Für diese Art von Literatur sind sie gar nicht schlecht. Verblüffend, daß Sie ihre Tochter sind.«
    »Ihre Mutter ist eine wunderbare alte Dame«, warf Greg ein. »Eigentlich gar nicht so alt. Sie ist – wieviel, Jan? – Mitte Sechzig und wird uns wahrscheinlich alle überleben. Gesund wie ein Roß und ein wenig verrückt. Eine große Nummer in der Seniorenbewegung. Berkeley ist heute voll von ihnen, und sie paßt gut dazu. Saust auf ihrem Fahrrad durch die Gegend, schläft mit allen möglichen Leuten und produziert mysterischen Nonsens. Transzendenter Schmu. Sie ist wohl ein bißchen überkandidelt, nicht wahr, Jan?«
    Das war offensichtlich ein alter Scherz zwischen den beiden. Jan lachte.
    »Du bist ein solch unbeugsamer Wissenschaftler, Greg. Du und Mutter, ihr lebt in verschiedenen Universen. Stell dir nur einmal den Schock vor, wenn du stirbst und feststellst, daß Mutter die ganze Zeit recht hatte. Aber ich muß zugeben, daß sie in letzter Zeit ein wenig exzentrisch geworden ist.«
    »So wie letzten Monat«, fuhr Greg fort, »als sie beschloß, alle ihre weltlichen Güter den Armen in Mexiko zu geben.«
    »Warum das?« fragte James.
    »Um ihre Unterstützung für die Sache der Hispanoregionalisten deutlich zu machen«, erklärte Jan. »Das sind die Leute, die Mexiko und den Westen der Vereinigten Staaten zu einer Freizone machen möchten, damit die Menschen sich nach den ökonomischen Erfordernissen dort bewegen können.«
    James runzelte die Stirn. »Würde das nicht ganz schlicht bedeuten, daß die Mexikaner en masse nach Norden ziehen?«
    Jan zuckte die Achseln. »Wahrscheinlich. Aber die Spanisch sprechende Lobby in Kalifornien ist so stark, daß sie es vielleicht erzwingen können.«
    »Eine merkwürdige Art von Wohlfahrtsstaat«, murmelte Heather.
    »Mehr ein Lebewohl-Staat«, bemerkte Greg. Das Gelächter, das dieser Bemerkung folgte, überraschte Marjorie. Unterdrückte Energien wurden freigesetzt.
    Ein wenig später zog Markham Renfrew beiseite und fragte ihn nach den Fortschritten des Experiments. »Ich fürchte, ohne bessere Reaktionszeiten sind wir arg beschränkt«, sagte John.
    »Die amerikanische Elektronik, klar.« Markham nickte. »Ich habe die Berechnungen angestellt, die wir diskutiert haben – wie man die Tachyonen einigermaßen verläßlich auf 1963 konzentriert und diese Sachen. Ich glaube, es wird funktionieren. Die Beschränkungen sind nicht
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