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Zeitschaft

Zeitschaft

Titel: Zeitschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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davon.«
    Greg verschränkte auf einstudierte Weise die Hände auf dem Rücken und starrte in den Himmel. Marjorie bemerkte eine plötzliche Veränderung an ihm; sein Gesichtsausdruck war entrückt, so als betrachte er ein ewiges inneres Rätsel. Er blickte nach oben, als bemerkte er die peinliche Stille zwischen ihnen gar nicht. Am Himmel sah sie ein Flugzeug kreisen. Das grüne Hecklicht blinkte, und sie hatte ein merkwürdig unruhiges Gefühl. Der Kondensstreifen legte einen Silberfächer auf den schiefergrauen Himmel.
    »Ich glaube, am schwersten zu erkennen ist«, sagte Greg, als formulierte er in Gedanken einen Aufsatz, »wieso Teilchen, die sich schneller als das Licht bewegen, etwas mit der Zeit zu tun haben.«
    »Ja, genau so ist es. John überspringt das immer und redet eine Menge über Empfänger und Bündelung und solche Sachen.«
    »Die Kurzsichtigkeit eines Mannes, der das Ganze zum Funktionieren bringen muß. Verständlich. Sie wissen doch, was Einstein vor einem Jahrhundert bewies – daß das Licht eine Art Geschwindigkeitsbeschränkung darstellt?«
    »Ja.«
    »Nun, die hirnlose, populäre Beschreibung der Relativität lautet…« Er hob die Augenbrauen, als wollte er den nächsten Satz in sichtbare, verächtliche An- und Abführungszeichen kleiden, »…daß ›alles relativ ist‹. Natürlich eine völlig belanglose Feststellung. Eine bessere Kurzbeschreibung lautet, daß es im Universum keine privilegierten Beobachter gibt.«
    »Nicht einmal die Physiker sind privilegiert?«
    Der plötzliche Themenwechsel ließ Greg lächeln. »Besonders die Physiker nicht, da wir wissen, was vorgeht. Einstein hat bewiesen, daß zwei Menschen, die sich in bezug aufeinander bewegen, keine Einigkeit darüber erzielen können, ob zwei Ereignisse zur gleichen Zeit stattfinden. Das liegt daran, daß das Licht eine begrenzte Zeit braucht, um von den Ereignissen zu den beiden Menschen zu gelangen, und diese Zeit ist für jeden von ihnen anders. Ich kann das mit ein paar einfachen mathematischen Formeln belegen…«
    »O nein, bitte!« Sie lachte.
    »Einverstanden. Schließlich ist das hier ja eine Party, Tatsache ist, daß Ihr Mann hinter einer großen Sache her ist. Sein Tachyonen-Experiment bringt Einsteins Theorien auf gewisse Weise einen Schritt weiter. Die Entdeckung von überleicht-schnellen Teilchen bedeutet, daß die beiden sich bewegenden Beobachter auch darüber keine Einigkeit erzielen, welches Ereignis als erstes stattfand. Das heißt, der Zeitsinn gerät durcheinander.«
    »Aber das ist gewiß nur ein Kommunikationsproblem, das mit den Tachyonenstrahlen zusammenhängt, oder so.«
    »Nein, völlig falsch. Es ist von grundlegender Natur. Die ›Lichtschranke‹, wie sie genannt wurde, ließ uns in einem Universum verharren, das ein gestörtes Wahrnehmungsempfinden für Gleichzeitigkeit besitzt. Aber zumindest konnten wir feststellen, in welche Richtung die Zeit fließt. Jetzt können wir nicht einmal das!«
    »Dadurch, daß man die Teilchen einsetzt?« fragte Marjorie zweifelnd.
    »Genau. In der Natur kommen sie unseres Erachtens nur selten vor, daher haben wir ihre Wirkung vorher noch nicht gesehen. Aber jetzt…«
    »Wäre es nicht viel aufregender, ein Tachyonen-Raumschiff zu bauen und zu den Sternen zu reisen?«
    Er schüttelte heftig den Kopf. »Überhaupt nicht. John kann nur einen Strom von Teilchen herstellen, keine festen Gegenstände. Außerdem: Wie gelangt man zu einem Raumschiff, das sich schneller als Licht an einem vorbeibewegt? Der Vorschlag ist unsinnig. Nein, hier kommt es allein auf das Ausstrahlen von Signalen an, eine völlig neue Art der Physik. Und ich… und ich habe das Glück, dabei mitzuwirken.«
    Instinktiv streckte Marjorie die Hand aus und tätschelte seinen Arm. Sein letzter Satz hatte einen Ausbruch stiller Freude in ihr ausgelöst. Es war gut, jemanden zu sehen, der sich voll und ganz für eine Sache engagierte, vor allem in dieser Zeit. John war natürlich genauso, aber bei ihm war es irgendwie anders. Seine Gefühle waren beschränkt auf seine Besessenheit für technische Anlagen und auf eine innere Ruhe, einen fast trotzigen Zorn auf das Universum, das ihm seine Geheimnisse vorenthielt. Vielleicht lag der Unterschied darin, daß der eine über die Experimente nur nachdachte, während der andere sie tatsächlich ausführte. Es mußte schwieriger sein, an reine mathematische Schönheit zu glauben, wenn man sich die Finger schmutzig machte.
    James trat zu den beiden. »Greg,

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