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Zeitschaft

Zeitschaft

Titel: Zeitschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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hier.«
    »Das ist wahr. Aber man hat uns den Strom abgestellt, und man kann kein Publikum zulassen, wenn die Leute im Dunkeln stürzen könnten.«
    Renfrew schaltete sich in den Dialog ein: »Ich bin übrigens John Renfrew – Johnnys Vater.«
    »Ach ja. Ich dachte, Sie könnten der Wachtmeister sein. Ich habe ihn heute morgen benachrichtigt«, sagte Frost und zeigte auf das nächste Fenster. Der Rahmen war gesplittert. »Sie haben es einfach eingetreten.«
    »Haben sie was mitgenommen?«
    »Mengenweise. Ich wollte sie noch reparieren lassen, als wir damals das Drahtgitter drinnen im Flur anbrachten. Immer wieder habe ich ihnen gesagt, die Bibliothek sei geradezu sträflich offen. Aber auf mich hört ja keiner, ich bin ja nur der Museumsverwalter, ich rede ja nur dummes Zeug.«
    »Haben sie das Teleskop mitgenommen?« fragte Johnny.
    »Nein, das ist beinahe wertlos. Sie haben die Bücher geklaut.«
    »Welche Bücher?« Renfrew konnte sich nicht vorstellen, daß die akademischen Wälzer jetzt von großem Wert sein sollten.
    »Die Sammlerstücke, natürlich«, erwiderte Frost mit dem Stolz des Kurators. »Einen Kepler, zweite Ausgabe, einen Kopernikus, zweite Ausgabe, das Original des Astrometrischen Atlas aus dem siebzehnten Jahrhundert – wirklich jede Menge. Es waren Spezialisten, das waren sie. Die neueren Bände haben sie einfach liegen lassen. Sie konnten sogar die fünfte von der dritten Ausgabe unterscheiden, ohne sie aus der Schutzhülle zu nehmen. Gar nicht so einfach, wenn man es eilig hat und nur mit einer Taschenlampe leuchtet.«
    »Wieso hatten sie es eilig?«
    »Weil sie mit meiner Rückkehr rechneten. Als es dunkelte, bin ich zu meinem abendlichen Verdauungsspaziergang hinausgegangen; zum Soldatenfriedhof und wieder zurück.«
    »Wohnen Sie hier?«
    »Als das Institut geschlossen wurde, wußte ich nicht wohin.« Frost richtete sich auf. »Es sind noch mehr hier. Meist alte Astronomen, die von ihren Hochschulen entlassen wurden. Sie wohnen unten in dem anderen Gebäude – im Winter ist es wärmer. Die Ziegel hier halten die Kälte. Eins sage ich Ihnen, früher haben sich Colleges um ihre alten Dozenten gekümmert. Als Boyle das Institut gründete, hatten wir alles. Jetzt ist alles auf dem Müll gelandet, ab dafür. Vorbei ist vorbei, heute geht es um die Krise…«
    »Da kommt der Wachtmeister«, sagte Renfrew und zeigte auf die ferne Gestalt auf dem Fahrrad, um den Fluß des Lamentos zu unterbrechen. In den letzten Jahren hatte er diese Klagen oft genug gehört, außer Langeweile bewirkten sie bei ihm gar nichts mehr. Als der Wachtmeister keuchend eintraf, holte Frost den Band heraus, den die Diebe zurückgelassen hatten, eine späte Kepler-Ausgabe. Renfrew untersuchte das Buch einen Moment, während Frost von dem Wachtmeister einen Alarmeinsatz verlangte, um die Diebe möglicherweise auf der Landstraße zu fassen. Die Seiten waren trocken und spröde, sie knisterten, als Renfrew sie umblätterte. Er hatte ganz vergessen, daß eine Letternreihe auf der anderen Buchseite eine Ausbuchtung hinterlassen konnte, als läge der Druck der Geschichte in jedem Wort. Die Buchstaben, tiefschwarz und breit, standen in weiten Abständen. Die breiten Ränder, die präzisen Himmelszeichnungen, das Gewicht des Bands in seiner Hand – das alles schien von einer Zeit zu sprechen, als die Herstellung von Büchern ein Wegweiser auf einem Marsch nach vorn war, ein Druck auf die Zukunft.
     
    Die Gruppe der Väter verbreitete plaudernd und lachend Feiertagsstimmung. Einige spielten auf dem grauen Pflaster mit einem Fußball. Es war ein großer Spaß, ein Treffen, um Geld für die darbende Stadtverwaltung Cambridges zu sammeln. Ein Beamter hatte über solche Suchaktionen in amerikanischen Großstädten gelesen, und letzten Monat hatte London eine veranstaltet.
    Mit hellen Lampen, die sich durch die Dunkelheit bohrten, stiegen sie in die Kanalisation hinab. Unter den wissenschaftlichen Labors und dem Industriegebiet der Stadt waren die Schächte übermannshoch. Renfrew drückte die Atemmaske fest gegen sein Gesicht und lächelte Johnny durch den transparenten Rüssel an. Der Frühlingsregen hatte den Dreck weggespült, es stank kaum. Ihre Jagdgenossen überholten sie, summende Erregung lag in der Luft.
    Quecksilber war inzwischen höchst selten, ein Kilogramm kostete tausend Neue Pfund. In den unbekümmerten Jahren Mitte des Jahrhunderts war Quecksilber in Abflüsse und Kanäle gespült worden. Damals war es billiger

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