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Zeitschiffe

Zeitschiffe

Titel: Zeitschiffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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bald wieder besuchen mußte... denn ich war überzeugt, daß ich wirklich in einem Winkel dieser Kiste eine Flasche mit diesem seltenen Plattnerit gesehen hatte!
    Gegen sechs kehrte ich wieder zu unserem Haus zurück. Ich wurde von der im
    Raucherzimmer versammelten Truppe mit lautem Hallo begrüßt. Der Morlock
    brütete noch immer über seinen Aufzeichnungen – er schien diese gesamte Zu—
    kunftswissenschaft der Quantenmechanik aus seinem lückenhaften Gedächtnis
    rekonstruieren zu wollen –, aber er sprang auf, als ich eintrat. »Hast du ihn gefunden? Gödel?«
    »Habe ich.« Ich lächelte ihn an. »Und – ja! – wir hatten recht.« Ich schaute Filby an, aber der arme alte Kerl döste über einem Magazin und konnte uns nicht hören.
    »Ich glaube, daß Gödel über etwas Plattnerit verfügt – diese Briten des Jahres 1938 haben das offenbar noch nicht mitbekommen!«
    »Ah.« Das Gesicht des Morlocks war so ausdruckslos wie immer, aber er hieb in einer definitiv menschlichen Geste mit der Faust auf die Handfläche. »Dann besteht Hoffnung.«
    Jetzt kam Moses zu mir herüber; er gab mir ein Glas, in dem sich mit Wasser gestreckter Whisky befand. Dankbar schluckte ich den Drink hinunter, denn es war auch jetzt noch heißer als am Vormittag.
    Moses kam noch ein wenig näher, und wir drei – Moses, Nebogipfel und ich –
    steckten die Köpfe zusammen und konferierten leise. »Ich bin auch zu einem
    Schluß gekommen«, verkündete Moses. »Als da wäre?«
    »Daß wir hier raus müssen – egal wie!« Moses erzählte mir, was er an diesem
    Tag erlebt hatte. Nachdem es ihm in seinem Gefängnis langweilig wurde, hatte er unsere Wachen in ein Gespräch verwickelt und die Zeit in der Gesellschaft dieser jungen Soldaten verbracht. Einige von ihnen waren Mannschaftsdienstgrade, andere jedoch Offiziere; und alle, die mit unserer Bewachung oder sonstigen Aufträgen auf dem Institutsgelände betraut waren, erwiesen sich als intelligent und gebildet.
    Sie schienen Moses ins Herz geschlossen zu haben und luden ihn in einen nahege-legenen Pub ein – das Queen's Arms in Queen's Gate Mews – und dann hatten sie sich mit Rikschas ins West End bringen lassen. Bei einigen Drinks hatten diese jungen Leute offenbar lebhaft ihre Ideen – und das Konzept ihres Modernen Staates – mit dem Fremden aus der Vergangenheit diskutiert.
    Was mich betraf, so war ich froh, daß Moses seine Ängstlichkeit abzuschütteln schien und sich nun für die Welt interessierte, in die es uns verschlagen hatte. Fasziniert folgte ich seinen Ausführungen.
    »Diese jungen Leute sind alle sehr sympathisch«, sagte Moses. »Kompetent –
    pragmatisch – und tapfer. Aber ihre Ansichten...!«
    Der große Zukunftsentwurf – so hatte Moses erfahren – bestand in der Planung.
    Wenn der Moderne Staat nach den Vorstellungen der siegreichen Briten und ihrer Verbündeten errichtet war, würde eine Luft-und Schiffahrtsbehörde die Verfü-
    gungsgewalt über alle Häfen, Flughäfen, Bergwerke, Ölfelder, Kraftwerke und
    Minen übernehmen. Analog hierzu würde eine Transportverwaltung die Kontrolle über alle Schiffswerften der Welt ausüben und sie von Kriegsschiffen auf die Mas-senproduktion von stählernen Frachtschiffen umstellen. Das Alliierte Amt für Lo-gistik würde die Produktion von Eisen, Stahl, Gummi, Metallen, Baumwolle,
    Wolle und Gemüse organisieren und die Massenfertigung von Bekleidung, elektrischen Bauteilen und Geräten sowie einer Reihe Chemikalien wiederaufnehmen.
    Und die Lebensmittelbehörde...
    »Gut!« sagte Moses. »Ihr habt jetzt einen Einblick bekommen. Ihr seht, daß dies das Ende des Privateigentums bedeutet; alle Ressourcen werden sich im Besitz des neuen Alliierten Weltstaates befinden. Die Ressourcen der Welt werden zunächst alle in den Wiederaufbau der verwüsteten Länder fließen und später zur Wohl-standsmehrung der Menschheit verwendet. Alles geplant, wie ihr seht, von einer weisen, allwissenden Clique – die sich nebenbei auch noch selbst wählen soll!«
    »Von letzterem abgesehen hört sich das doch gar nicht so schlecht an«, sinnierte ich.
    »Mag sein – aber diese Planung wird nicht bei den physikalischen Ressourcen
    des Planeten enden. Sie umfaßt nämlich auch die menschlichen Ressourcen.
    Und da wird es nämlich problematisch. Angefangen beim Verhalten.« Er sah mich an. »Diese jungen Leute schauen nicht mit dem größten Wohlgefallen zurück auf unsere Zeit«, erklärte er. »Wir leiden nämlich an einer

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