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Zeitschiffe

Zeitschiffe

Titel: Zeitschiffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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vielleicht beschädigt war.
    Natürlich mußte ich Licht haben. Ich suchte in der Tasche nach Streichhölzern –
    nur um dann keine zu finden; ich Narr hatte sie ganz tief im Rucksack unter den gesamten sonstigen Vorräten verpackt! Für einen Moment ergriff mich Panik; aber es gelang mir, sie zu unterdrücken, und ich stand zitternd auf und ging zur Zeitmaschine. Ich überprüfte sie durch Abtasten auf Schäden und suchte die gekrümmten Verstrebungen ab, bis ich den Rucksack fand, der noch immer sicher unter dem Sattel verstaut war. Ungeduldig fummelte ich den Beutel auf und durchstöberte ihn. Ich fand zwei Streichholzschachteln und steckte sie in die Jackentasche; dann nahm ich ein Streichholz heraus und riß es an der Schachtel an.
    ... Da war ein Gesicht, unmittelbar vor mir, gerade eineinhalb Fuß entfernt, und glühte im Lichtkreis des Streichholzes: Ich sah stumpfe weiße Haut, einen von flachsblondem Haar eingerahmten Schädel und große, graurote Augen.
    Das Wesen artikulierte einen seltsamen, gurgelnden Schrei und verschwand in
    der außerhalb der Streichholzglut liegenden Dunkelheit.
    Es war ein Morlock!
    Das Streichholz brannte bis auf die Finger herunter, und ich warf es weg; als ich nach einem neuen kramte, hätte ich vor lauter Panik fast die wertvolle Schachtel fallen lassen.

In dunkler Nacht
    Der stechende Schwefelgeruch der Streichhölzer stieg mir in die Nase, und ich bewegte mich über die sandige Fläche zurück, bis ich mit dem Rücken an die Messingrohre der umgestürzten Zeitmaschine stieß. Nachdem ich einige Minuten lang diesem Schrecken ausgesetzt gewesen war, kam mir endlich der Gedanke, eine
    Kerze aus dem Rucksack zu holen. Ich hielt die Kerze dicht vor das Gesicht und starrte in die gelbe Flamme, ohne das warme Wachs zu beachten, das mir über die Finger tröpfelte.
    Allmählich gelang es mir, Strukturen in der Welt um mich herum zu erkennen.
    Ich konnte das Messinggewirr und das Quarz der umgestürzten Zeitmaschine erkennen, das im Kerzenlicht funkelte, und eine Form – wie eine große Statue oder ein großes Gebäude –, die sich bleich und massig nicht weit von meinem Standort in die Höhe reckte. Das Land war nicht völlig ohne Licht. Die Sonne mochte wohl verschwunden sein, aber abschnittsweise schienen die Sterne über mir noch, obwohl ihre Konstellation sich durch den Zeitablauf seit meiner Kindheit verändert hatte. Von unserem freundlichen Mond war indessen nichts zu sehen.
    In einem Sektor des Himmels leuchteten überhaupt keine Sterne: Im Westen, auf den schwarzen Horizont zu, war eine flache Ellipse, die, ohne von Sternen unterbrochen zu werden, ein ganzes Viertel des Himmels einnahm. Das war die Sonne, verpackt in dieser erstaunlichen Schale!
    Als ich wieder voll beisammen war, entschied ich, daß meine erste Aktion der Sicherung meiner Rückreise gelten mußte: Ich mußte die Zeitmaschine wieder
    flottmachen – aber natürlich nicht im Dunklen! Ich kniete mich hin und tastete den Boden ab. Der Sand war hart und feinkörnig. Ich setzte den Daumen als Grab-werkzeug ein und hob eine kleine Vertiefung aus; in diesen improvisierten Halter setzte ich die Kerze und hoffte, daß nach ein paar Augenblicken genügend Wachs produziert worden war, um sie noch sicherer zu verankern. Jetzt konnte ich meine Operationen bei permanentem Licht ausführen und hatte auch noch die Hände frei.
    Ich biß die Zähne zusammen, holte tief Luft und begann mich mit dem Gewicht
    der Maschine abzumühen. Ich schob Hände und Knie unter ihren Rahmen und versuchte, das Ding wieder aufzurichten – die Maschine war auf Robustheit ausgelegt worden und nicht auf Handlichkeit – bis sie schließlich unter meinem Einsatz nachgab und wieder die richtige Position einnahm. Dabei streifte ein Nickelstab ziemlich schmerzhaft meine Schulter.
    Ich legte eine Hand auf den Sattel und fühlte, daß sein Leder an einigen Stellen vom Sand dieser neuen Zukunft aufgerauht worden war. In der Dunkelheit meines eigenen Schattens streckte ich die Arme aus und stieß schließlich mit den tastenden Fingerspitzen auf die chronometrischen Instrumente – ein Glas war zerbrochen, aber die Mechanik selbst schien noch zu funktionieren – sowie auf die zwei weißen Hebel, mit denen ich nach Hause gelangen konnte. Als ich die Hebel berührte, erzitterte die Maschine wie ein Geist und erinnerte mich daran, daß sie – und ich –
    nicht aus dieser Zeit waren: daß ich jetzt jederzeit, ganz nach Belieben, nur auf die Maschine

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