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Zeitschiffe

Zeitschiffe

Titel: Zeitschiffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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reflektiert wurde.
    Lichtblitze eruptierten mit einem immensen Flackern an den Polen des Sterns.
    Innerhalb weniger Herzschläge hatte sich die Sonne in einen glühenden Mantel aus Licht gehüllt. Hitze und Licht stachen erneut auf die geschundene Erde herab.
    Dann ließ der Lichtsturm wieder so schnell nach, wie er begonnen hatte, und eine Art Schale legte sich um die Sonne, als ob ein riesiges Maul das Gestirn verschluk-ken würde – und dann stürzte ich in die Dunkelheit!
    Ich ließ die Hände sinken und fand mich in pechschwarzer Finsternis wieder, un-fähig, etwas zu sehen, obwohl mir immer noch Sterne vor den Augen tanzten. Ich spürte den harten Sattel der Zeitmaschine unter mir, und als ich die Hände aus-streckte, ertastete ich die Gläser der kleinen Uhren; und die Maschine schaukelte noch immer, als ob sie ihren Flug durch die Zeit weiter fortsetzen würde. Ich begann mich zu fragen – angsterfüllt! –, ob ich mein Sehvermögen verloren hätte.
    Verzweiflung wallte in mir auf, schwärzer als die mich umgebende Dunkelheit.
    Sollte mein zweites Abenteuer schon so früh und so ruhmlos enden? Ich streckte die Hände aus, tastete nach den Steuerhebeln, und mein auf Hochtouren arbeiten-des Gehirn begann Szenarien zu entwerfen, wonach ich die Gläser von den Chro-nometern abnahm und mich womöglich durch das Zurückdrehen der Zeiger nach
    Hause durchschlug.
    ... Und dann merkte ich, daß ich doch nicht blind war: ich sah tatsächlich etwas.
    In mancherlei Hinsicht war dies der bisher merkwürdigste Aspekt der ganzen
    Reise – so merkwürdig, daß ich zunächst überhaupt keine Angst verspürte.
    Zuerst machte ich ein Licht in der Finsternis aus. Es war eine vage, verschwommene Helligkeit, einem Sonnenaufgang vergleichbar, und so schwach, daß ich
    nicht wußte, ob mir meine trüben Augen nur etwas vorgaukelten. Ich glaubte,
    überall um mich herum Sterne sehen zu können; aber sie waren schwach, ihr Licht gedämpft, als ob man sie durch eine Milchglasscheibe betrachten würde.
    Und jetzt, in dem trüben Glühen, begann ich zu realisieren, daß ich nicht allein war.
    Das Wesen stand ein paar Yards vor der Zeitmaschine – oder vielmehr hing es
    frei in der Luft. Es war eine Fleischkugel: etwas, das wie ein schwebender Kopf aussah, mit vier Extremitäten rundum und zwei Tentakelbüscheln, die wie groteske Finger herabbaumelten. Sein Mund war als fleischiger Schnabel ausgeformt, und es hatte keine Nase, zumindest keine, die ich als solche identifizieren konnte. Ich bemerkte jetzt, daß die Augen des Wesens – zwei an der Zahl, groß und dunkel –
    menschlich waren. Es schien Laute auszustoßen – ein leises, murmelndes Blubbern, wie ein Fluß – und ich realisierte mit einem Anflug von Angst, daß dies genau der Laut war, den ich schon früher auf dieser Expedition vernommen hatte, und auch schon auf meinem ersten Ausflug in die Zeit.
    Hatte dieses Wesen – dieser Beobachter, wie ich es nannte – mich etwa uner-kannt begleitet, auf beiden Expeditionen durch die Zeit?
    Mit einemmal raste es auf mich zu. Dann schaute es zu mir hoch, keine drei Fuß von meinem Gesicht entfernt!
    Jetzt gingen die Nerven mit mir durch. Ich schrie auf und riß unter Mißachtung der Konsequenzen an dem Hebel.
    Die Zeitmaschine schmierte ab – der Beobachter verschwand – und ich wurde in die Luft geschleudert!
    Ich versank in Bewußtlosigkeit – wie lange, weiß ich nicht. Langsam kam ich
    wieder zu mir, wobei ich mit dem Gesicht nach unten auf einer harten, sandigen Oberfläche lag. Ich glaubte, heißen Atem im Genick zu spüren – ein Flüstern, weiches Haar, das über meine Wange strich – als ich aber aufstöhnte und wieder auf die Füße kam, verschwanden diese Wahrnehmungen.
    Ich war von tintenfarbener Dunkelheit umgeben. Ich verspürte weder Wärme
    noch Kälte. Ich saß auf einer harten, sandigen Fläche. Es ging kein Wind, und ein schaler Geruch hing in der Luft. Mein Kopf schmerzte durch den Stoß, den er erhalten hatte, und außerdem hatte ich meinen Hut verloren.
    Ich streckte die Arme aus und tastete in meiner Umgebung herum. Zu meiner
    großen Erleichterung wurde ich fast sofort durch eine sanfte Kollision mit einem Gewirr aus Elfenbein und Messing belohnt: es war die Zeitmaschine, die wie ich in dieser dunklen Wüste gestrandet war. Ich streckte beide Hände aus und berührte die Verstrebungen und Vorsprünge der Maschine. Sie war zwar umgestürzt, aber in der Dunkelheit konnte ich nicht erkennen, ob sie

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