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Zeitschiffe

Zeitschiffe

Titel: Zeitschiffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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die schweren Stiefel aus und massierte seine verkrampften Füße, wobei er mich schmerzlich angrinste. Nebogipfel nahm einen Schluck Wasser aus
    einem Glas, während der Adjutant Gibson und mir eine Tasse traditionellen englischen Tees servierte – Tee, hier im Paläozän!
    »Ihr habt ja direkt eine kleine Kolonie gegründet«, sagte ich zu Gibson.
    »Kann gut sein. Ist der Drill, wissen Sie.« Er stellte die Stiefel ab und nahm einen Schluck Tee. »Natürlich sind hier alle Teilstreitkräfte vertreten – aber das werden Sie wohl selbst schon bemerkt haben.«
    »Nein«, dementierte ich geradeheraus.
    »Nun, die meisten Kameraden sind natürlich von der Army.« Er deutete auf einen schlanken jungen Soldaten, der an den Schultern seines Tropenhemdes einen Khaki-Aufnäher trug. »Aber einige von uns, wie er und ich, gehören zur RAF.«
    »RAF?«
    »Royal Air Force. Sehen Sie, die Strategen in Nadelstreifen sind schließlich zu dem Schluß gekommen, daß wir am besten zur Steuerung dieser großen Eisenmon-ster befähigt seien.« Ein Army-Angehöriger ging vorüber, begaffte Nebogipfel, und Gibson bedachte ihn mit einem freundlichen Grinsen. »Natürlich nehmen wir das Fußvolk auch schon mal mit. Besser, als wenn ihr es selbst tun müßtet, nicht wahr, Stubbins?«
    Soldat Stubbins – schlank, rothaarig, mit offenem, freundlichem Gesicht – erwiderte das Grinsen, scheu zwar, aber dennoch erfreut über Gibsons Zuwendung: und das ungeachtet der Tatsache, daß er gut einen Fuß länger sein mußte als der kleine Gibson und zudem einige Jahre älter. In Gibsons entspannter Haltung erkannte ich so etwas wie das Talent des geborenen Führers.
    »Wir sind schon seit einer Woche hier«, klärte Gibson mich auf. »Erstaunlich, daß wir nicht schon früher über euch gestolpert sind.«
    »Wir hatten auch keinen Besuch erwartet«, entgegnete ich trocken. »Wenn das
    der Fall gewesen wäre, hätten wir wohl Feuer angezündet oder einen anderen Weg gefunden, um unsere Anwesenheit zu signalisieren.«
    Er winkte mir beschwichtigend zu. »Wir sind ja auch selbst beschäftigt genug gewesen. Die ersten Tage hatten wir hier getrödelt wie die Brunnenputzer. Wir sind natürlich gut ausgerüstet – die Eierköpfe haben uns vor unserem Abflug hinreichend klar gemacht, daß das Klima im guten alten England ziemlich wechselhaft ist, wenn man es über längere Zeiträume betrachtet – und so haben wir alles an Bord, von Überziehern bis leichten Blousons. Aber diese tropischen Bedingungen hatten wir dann doch nicht erwartet: nicht hier, im Zentrum von London! Unsere Kleider scheinen zu zerfallen – buchstäblich am Körper zu verrotten – und die Metallbeschläge rosten, und unsere Stiefel finden in diesem Siff keinen Tritt: sogar meine verdammten Socken sind eingegangen! Und das ganze Zeug wird dann noch
    von Ratten angenagt.« Er runzelte die Stirn. »Jedenfalls glaube ich, daß es Ratten sind.«
    »Vielleicht auch nicht«, gab ich zu bedenken. »Und die Juggernauts? Kitchener-Klasse, stimmt's?«
    Gibson blickte mich mit hochgezogener Augenbraue an, offensichtlich überrascht von diesem Wissen. »Wir können die 'Nauts kaum manövrieren: diese verdammten Elefantenfüße versinken im tiefen Schlamm...«
    Und jetzt ertönte hinter mir eine klare, bekannte Stimme: »Ich befürchte, daß Sie nicht mehr ganz auf der Höhe der Zeit sind, Sir. Die Kitchener-Klasse – einschließlich des guten alten Raglan – ist schon vor einigen Jahren außer Dienst gestellt worden...«
    Ich drehte mich auf dem Stuhl herum. Eine in einen Overall gewandete Gestalt mit einem schneidigen Juggernaut- Barett kam auf mich zu; dieser Soldat hatte einen stark humpelnden Gang und eine Hand zur Begrüßung ausgestreckt. Ich ergriff die Hand; sie war schmal, aber kräftig.
    »Hauptmann Hilary Bond«, sagte ich mit einem Lächeln.
    Sie begutachtete mich von Kopf bis Fuß und ließ meinen Bart und die Fellbekleidung auf sich wirken. »Sie sehen zwar etwas rustikal aus, Sir, sind aber trotzdem nicht zu verkennen. Überrascht, mich zu sehen?«
    »Nach ein paar Zeitreisen kann mich fast gar nichts mehr überraschen, Hilary!«
    Das Zeit-Expeditionskorps
    Gibson und Bond erläuterten mir den Auftrag des Zeit-Expeditionskorps.
    Dank der Entwicklung der Carolinum-Spaltreaktoren war es Großbritannien und
    Amerika kurz nach meiner Flucht in die Zeit gelungen, Plattnerit in ausreichender Menge herzustellen. Nun waren die Ingenieure nicht länger auf die kläglichen Reste in

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