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Zeitschiffe

Zeitschiffe

Titel: Zeitschiffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Trüm-merfragmenten gesättigte Rauch-und Aschewolke begann sich wie eine Gewitter-wolke über dem Feuer zu formen. Und durch dieses Inferno stieß wie eine Faust aus Licht eine Säule kritisch erhitzten Dampfes, der aus dem von der Carolinumbombe geschlagenen Krater aufstieg, eine wie von einem Miniatur-Vulkan von
    unten rot angestrahlte Säule.
    Nebogipfel und ich konnten nicht mehr tun, als solange wie möglich unter Wasser zu bleiben, und in den Intervallen, in denen wir zum Luftholen an die Oberflä-
    che mußten, die Arme über den Kopf zu halten, um sie vor herabfallenden, versengten Trümmerstücken zu schützen.
    Nach etlichen Stunden befand es Nebogipfel schließlich für sicher, wieder an Land zu gehen.
    Ich war erschöpft, meine Glieder schwer vom Wasser. Auf Gesicht und Hals
    brannte der Sonnenbrand, und ich hatte einen höllischen Durst; doch selbst in diesem Zustand war ich noch gezwungen, den Morlock den größten Teil der Strecke bis zur Küste zu tragen, denn seine geringen Kräfte hatten ihn schon lange vor dem Ende unserer Qual verlassen.
    Nur wenig erinnerte den Strand noch an den schönen Ort, an dem ich nur wenige Stunden zuvor mit Hilary Muscheln gesucht hatte. Der Sand war mit Trümmern
    aus dem Wald übersät – das meiste abgerissene Äste und Fragmente von Baumstämmen, von denen einige noch schwelten – und schlammige Rinnsale wanden
    sich durch den umgepflügten Boden. Die vom Wald ausgestrahlte Hitze war noch immer unerträglich – an vielen Stellen brannten Feuer – und das unheilvolle, purpurrote Glühen der Carolinum-Säule illuminierte das aufgewühlte Gewässer. Ich stolperte an einem versengten Leichnam vorbei, der wohl ein Diatryma- Junges sein mußte, und dann stieß ich auf einen ziemlich unversehrten Sandflecken. Ich beseitigte die hier niedergegangene Ascheschicht und setzte den Morlock auf der Erde ab.
    Ich gelangte zu einem kleinen Bächlein und schöpfte mit den Händen Wasser.
    Die Flüssigkeit war lehmig und mit schwarzem Ruß durchsetzt – der Bach war von der verbrannten Materie von Bäumen und Tieren verschmutzt –, aber mein Durst war so groß, daß ich keine andere Wahl hatte, als es herunterzuschlucken, in gro-
    ßen, schmutzigen Portionen.
    »Gut«, sagte ich dann, wobei meine Stimme durch den Rauch und die Anstrengungen zu einem Krächzen reduziert wurde, »das ist nun wirklich eine verdammt ekelhafte Angelegenheit. Die Menschen halten sich nicht einmal ein Jahr im Paläo-zän auf... und schon – dies hier!«
    Nebogipfel bewegte sich. Er versuchte, die Arme unter sich zu schieben, konnte aber kaum das Gesicht aus dem Sand erheben. Er hatte seine Gesichtsmaske verloren, und die großen, weichen Lider seiner empfindlichen Augen waren sandverkrustet. Ich verspürte irgendwie ein zärtliches Gefühl. Erneut war dieser beklagens-werte Morlock gezwungen worden, die Schrecken des Krieges zwischen den Menschen zu erdulden – zwischen Angehörigen meiner eigenen, schäbigen Rasse – und hatte infolgedessen leiden müssen.
    So vorsichtig, als ob ich ein Kind aufheben würde, hob ich ihn aus dem Sand, drehte ihn um und setzte ihn auf; seine Beine baumelten dabei wie Seile. »Nimm's nicht so schwer, alter Freund«, munterte ich ihn auf. »Du bist in Sicherheit.«
    Sein blinder Kopf schwenkte zu mir herum, wobei sein unversehrtes Auge stark tränte. Er murmelte etwas vor sich hin.
    »Was?« Ich beugte mich zu ihm hinunter, um ihn zu verstehen. »Was sagst du?«
    Er verfiel in Englisch, »...nicht sicher...«
    »Was?«
    »Wir sind hier nicht sicher – überhaupt nicht...«
    »Aber warum? Das Feuer kann uns jetzt nicht mehr erreichen.«
    »Nicht das Feuer ...die Strahlung... Selbst wenn das Glühen erloschen ist... in Wochen oder Monaten, werden die strahlenden Partikel noch immer wirksam
    sein... die Strahlung wird sich in den Körper fressen... Dies ist kein sicherer Ort.«
    Ich legte meine Hand auf seine schmale, papierene Wange; und in diesem Moment – mit dem Sonnenbrand, völlig ausgedörrt vor Durst – hätte ich am liebsten alles hingeschmissen und mich trotzdem auf diesen verseuchten Strand gesetzt, ungeachtet des Feuers, der Bomben und strahlenden Partikel: mich hinsetzen und darauf warten, daß mich die letztendliche Dunkelheit umfing. Aber ein letzter Rest meiner alten Stärke gab mir die Kraft, Besorgnis für den geschwächten Zustand des Morlocks aufzubringen.
    »Dann«, meinte ich, »werden wir eben von hier weggehen und einen geeigneten
    Lagerplatz

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