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Zeitschiffe

Zeitschiffe

Titel: Zeitschiffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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wurde.
    Über dem Wald wendete die Messerschmitt und setzte zu einem neuen Anflug
    an, wobei sie wie ein Raubvogel aus Metall und Öl über die Bäume fegte; die Artilleriegeschütze feuerten brüllend auf die Zeitmaschine, und die Granaten zer-platzten in Rauchwolken, die sich in der Luft des Paläozäns verloren.
    Ich gestehe, daß mich dieser Luftkampf in seinen Bann zog – der erste, den ich jemals erlebt hatte. In meinem Kopf überschlugen sich die Visionen ausgedehnter Luftkämpfe, mit denen 1944 der Himmel über Europa angefüllt gewesen sein
    mußte: Ich sah Männer, die in den Himmel stürmten und töteten und wie Erzengel fielen; ich sah Helden auf die erstaunte Erde regnen. Das war die Apotheose des Krieges, dachte ich naiv: was war der dumpfe Schlagabtausch von Schwertkämp-fern, das Aufeinanderprallen von Streitwagen – und noch viel weniger der Dreck und Schmutz der Schützengräben – gegen diesen hehren Triumph, diesen rasenden Flug zu Ruhm oder Tod?
    Nun schraubte sich die Messerschmitt fast träge aus den Flugbahnen der explo-dierenden Granaten und begann zu steigen. Im Scheitelpunkt dieses Manövers
    schien sie – nur für einen Moment – Tausende von Fuß reglos über der Erde zu schweben.
    Dann sah ich, wie die Bombe – dieser tödliche blaue Metallbehälter – von ihrem Träger ausgeklinkt wurde und ihren Fall zur Erde begann.
    Eine einzelne Granate stieg über den Wald empor und schlug ein Loch in den
    Flügel der fliegenden Maschine. Flammen loderten auf, und die Zeitmaschine
    schmierte in grotesken Schleifen ab, eingehüllt in Rauch.
    Ich stieß einen Jubelschrei aus. »Gut getroffen! Nebogipfel – hast du das gesehen?«
    Aber der Morlock hatte einen Arm aus dem Wasser gestreckt und drückte mit
    seiner weichen Hand auf meinen Kopf. »Runter!«, befahl er. »Geh unter Wasser!«
    Das letzte, was ich von dem Kampf sah, war die Rauchspur, die den Pfad der tru-delnden Messerschmitt markierte – und dann im Vordergrund einen aufleuchten—
    den Stern, der fast zu hell war, als daß man hätte hinsehen können: die explodie-rende Bombe.
    Ich drückte den Kopf unter Wasser.

Die Bombe
    Schlagartig wurde das liebliche Licht des Paläozäns ausgeblendet.
    Ein purpurrotes Lodern überflutete die Luft über der Wasseroberfläche. Ein ohrenbetäubendes Geräusch schlug über mir zusammen: das Krachen einer heftigen Explosion, das jedoch von einem Brüllen und vom Geräusch des Zertrümmerns
    und Zerfetzens überlagert wurde. Dieses ganze Szenario wurde zwar durch die paar Zoll Wasser über mir gefiltert, war aber immer noch so laut, daß ich die Hände auf die Ohren pressen mußte; ich schrie auf, und Luftblasen entwichen aus meinem Mund und glitten an meinem Gesicht vorbei.
    Das anfängliche Krachen verschwand, aber das Brüllen hielt an. Bald ging mir die Luft aus, und ich mußte mit dem Kopf über Wasser. Ich schnappte nach Luft und schüttelte Wasser aus den Augen.
    Der Lärm war ohrenbetäubend. Das vom Wald kommende Licht war zu grell, als
    daß ich hätte hinschauen können, aber meine geblendeten Augen hatten die Wahrnehmung eines großen roten Feuerballs, der inmitten des Waldes fast wie ein Lebewesen umherzuwirbeln schien. Die Bäume um dieses pirouettendrehende Feuer
    waren wie Kegel gefallen, und große Trümmer zerborstener Dipterocarps waren wie Streichhölzer angehoben und durch die Luft geschleudert worden. Ich sah, wie Tiere in wilder Flucht vor dem Feuersturm aus dem Forst taumelten: eine Diatryma -Familie torkelte in Panik mit zerrupftem und versengtem Federkleid auf das Wasser zu; und dort stampften die behuften Füße eines Pristichampus, eines statt-lichen, ausgewachsenen Exemplars, durch den Sand.
    Und jetzt schien der Feuerball die nackte Erde selbst anzugreifen, als ob er sich in sie eingraben wollte. Aus dem Herzen des zerschmetterten Waldes wurden Wolken dichten fluoreszierenden Dampfes und Felsentrümmer weithin umherge—
    schleudert; sie alle waren offensichtlich mit Carolinum gesättigt, denn jedes Fragment war ein Zentrum sengender und knisternder Energie, so daß man glauben
    konnte, die Entstehung einer Familie Miniatursterne zu beobachten.
    Jetzt brach im Herzen des Waldes als Reaktion auf die göttergleiche, zerstörerische Berührung des Carolinums ein riesiges, loderndes Feuer aus; die Flammen schlugen Hunderte von Fuß in die Luft und vereinigten sich über dem Epizentrum der Explosion zu einem strahlenden Lichtkegel. Eine mit herumfliegenden

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