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Zeitschiffe

Zeitschiffe

Titel: Zeitschiffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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suchen.«
    Ich ignorierte die von der aufgerissenen Haut an den Schultern und im Gesicht verursachten Schmerzen, schob die Arme unter seinen schlaffen Körper und hob ihn auf.
    Es war erst später Nachmittag, aber schon senkte sich Dunkelheit über das Land.
    Nach etwa einer Meile hatten wir uns so weit vom Explosionszentrum entfernt, daß der Himmel rauchfrei war, aber die rötliche Säule über dem Carolinum-Krater erhellte den sich verdunkelnden Himmel fast so, wie die Aldis-Lampen die Londoner Kuppel erleuchtet hatten.
    Ich erschrak beim Anblick eines Pristichampus, der aus dem Waldrand brach.
    Das gelbweiße Maul der Bestie stand weit offen, um dem Tier Kühlung zu verschaffen, und ich sah, daß es auf einem Bein ziemlich schlimm humpelte; es schien fast blind und zu Tode erschreckt zu sein.
    Der Pristichampus stolperte an uns vorbei und floh, wobei er gespenstisch schrie.
    Ich spürte wieder sauberen Sand unter den Füßen und roch den vollen Salzgehalt des Meeres, dessen Gischt mir den Gestank nach Rauch und Asche vom Kopf
    wusch. Die Oberfläche des Ozeans glänzte im Carolinum-Licht, ungerührt von der Dummheit der Menschen; und ich dankte diesem geduldigen Meer – denn die See
    hatte mich beschützt, mir das Leben gerettet, während sich meine Mitmenschen in Stücke gerissen hatten.
    Dieser verträumte Spaziergang wurde von einem entfernten Ruf unterbrochen.
    »Halloo...«
    Der Ruf kam vom Strand, und vielleicht vierhundert Yards von mir entfernt
    machte ich eine winkende Gestalt aus, die auf mich zuhielt.
    Für einen Moment stand ich völlig bewegungsunfähig da. Ich hatte nämlich in irgendeinem morbiden Winkel meiner Seele vermutet, daß alle Mitglieder des Zei-texpeditionskorps in der Atomexplosion umgekommen waren und daß Nebogipfel
    und ich wieder allein in der Zeit gestrandet waren.
    Es war ein Soldat, der sich offenbar weit genug von dem Schauplatz entfernt aufgehalten hatte; er war mit dem obligatorischen olivgrünen Twillhemd bekleidet, einem jagdgrünen Filzhut und einer Hose mit Fußschlaufe. Er hatte ein leichtes Maschinengewehr bei sich und lederne Munitionstaschen umgeschnallt. Er war
    groß, spindeldürr und rothaarig; und er kam mir bekannt vor. Ich hatte keine Ahnung, wie ich aussah: fürchterlich derangiert, konnte ich mir vorstellen, mit versengtem und geschwärztem Gesicht und Haar, weiß hervorstechenden Augen, nur
    mit einer Hose bekleidet und mit dem nichtmenschlichen Morlock-Bündel im Arm.
    Der Soldat schob den Hut zurück. »Das ist ja eine schöne Bescherung, Sir.« Er hatte den abgehackten, teutonischen Akzent, wie er im Nordosten Englands vorherrschte.
    Ich erinnerte mich an ihn. »Stubbins, richtig?«
    »Das ist richtig, Sir.« Er wandte sich um und deutete in Richtung Strand. »Ich habe diese Strecke kartiert. War etwa sechs Meilen entfernt, als der Deutsche über das Wasser reinkam. Als ich diese große Feuersäule aufsteigen sah – nun, da wußte ich, was los war.« Er blickte unsicher in Richtung des einstigen Feldlagers.
    Ich verlagerte mein Gewicht und versuchte, die Müdigkeit zu verbergen. »Aber ich sollte wohl noch nicht wieder zum Lager zurückgehen. Das Feuer brennt noch
    – und Nebogipfel warnt vor Strahlungsemissionen.«
    »Wer?«
    Statt zu antworten, hob ich Nebogipfel etwas an.
    »Oh, er.« Stubbins kratzte sich am Hinterkopf.
    »Es gibt nichts, was Sie tun könnten, Stubbins – noch nicht.«
    Er seufzte. »Nun denn, Sir, was sollen wir sonst tun?«
    »Ich glaube, daß wir ein Stück den Strand entlanggehen und irgendwo einen
    Schutz für die Nacht suchen sollten. Ich vermute, daß wir sicher sind – ich bezweifele, daß auch nur ein Tier des Paläozäns so unklug sein wird, sich heute nacht mit Menschen anzulegen – nach all dem, was passiert ist –, aber wir sollten vielleicht ein Feuer machen. Haben Sie Streichhölzer, Stubbins?«
    »O ja, Sir.« Er schlug gegen seine Brusttasche, und eine Schachtel rasselte. »Machen Sie sich deswegen keine Sorgen.«
    »Werde ich nicht.«
    Ich nahm meinen Marsch den Strand entlang wieder auf, aber die Arme
    schmerzten böse, und die Beine begannen allmählich zu zittern. Stubbins registrierte meine Befindlichkeit, und mit stillem Entgegenkommen hängte er sich das Maschinengewehr über den breiten Rücken und nahm mir den bewußtlosen Morlock aus den Armen. Er verfügte über eine drahtige Kraft und empfand Nebogipfel anscheinend nicht als Last.
    Wir marschierten, bis wir am Waldrand eine geeignete Senke fanden, und

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