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Zeitschiffe

Zeitschiffe

Titel: Zeitschiffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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dort
    schlugen wir unser Nachtlager auf.

Nach dem Bombardement
    Der Morgen dämmerte frisch und klar. Ich wachte vor Stubbins auf. Nebogipfel war noch immer bewußtlos. Ich ging über den Strand zur Wasserlinie hinunter. Die Sonne ging über dem Ozean auf und wärmte bereits kräftig. Ich vernahm das Klik-ken und Trillern der Dschungelfauna, die schon ihren kleinen Verrichtungen nachging; und eine glatte schwarze Form – ich hielt sie für einen Rochen – glitt einige hundert Yards vom Land entfernt durch das Wasser.
    In diesen ersten Augenblicken des neuen Tages kam es mir so vor, als ob meine Welt des Paläozäns so lebendig und unberührt war wie vor dem Eintreffen von
    Gibson und seiner Expedition. Doch diese purpurne Feuersäule stach noch immer tausend Fuß oder noch höher aus der zentralen Wunde im Wald. Flammende Brok-ken – Fragmente aus geschmolzenem Felsen und Erdreich – wurden an den Flanken dieser Säule aufgewirbelt und beschrieben parabelförmige Flugbahnen. Und über allem hing noch immer ein Pilz aus Staub und Dampf, dessen Ränder durch die Brise ausgefranst wurden.
    Wir bereiteten uns ein Frühstück aus Wasser und dem Mark von Kokosnüssen.
    Nebogipfel war still, geschwächt und sprach mit kratziger Stimme; aber er riet Stubbins und mir davon ab, das vernichtete Lager aufzusuchen. Denn nach allem, was wir wußten, sagte er, könnten wir drei allein im Paläozän zurückgelassen worden sein und müßten uns deshalb Gedanken über unser zukünftiges Überleben machen.
    Nebogipfel schlug vor, daß wir noch weiter gehen sollten – ein paar Yards, wie er sagte – und an einem günstigeren Ort ein Lager errichten, sicher vor den Strahlungsemissionen des Carolinums.
    Aber wie ich in Stubbins' Augen und den Tiefen meiner eigenen Seele auslotete, war diese Option für uns beide nicht zu realisieren.
    »Ich werde zurückgehen«, verkündete Stubbins schließlich mit einer unge—
    schminkten Direktheit, die seine sonstige Zurückhaltung nicht hatte erwarten lassen. »Ich höre wohl, was Sie mir sagen, Sir, aber Tatsache ist, daß dort vielleicht verwundete und sterbende Menschen liegen. Ich kann sie nicht einfach sich selbst überlassen.« Er wandte sich mir zu, und sein offenes, aufrichtiges Gesicht war vor Sorge in Falten gelegt. »Es wäre doch nicht richtig, Sir, oder?«
    »Nein, Stubbins«, beschied ich ihn. »Überhaupt nicht richtig.«
    Und so stapften Stubbins und ich noch an diesem Morgen den Strand zurück in
    Richtung des zerstörten Feldlagers. Stubbins trug noch immer seine olivgrüne Uniform, die den gestrigen Tag unbeschadet überstanden hatte; ich war natürlich nur mit den Überresten der Khakihose bekleidet, die ich zum Zeitpunkt des Bombenangriffs angehabt hatte. Sogar meine Stiefel waren verloren, und ich fühlte mich sehr unzureichend ausgerüstet, als wir aufbrachen. Wir verfügten nicht über die geringsten medizinischen Mittel, abgesehen von dem kleinen Verbandspäckchen, das zu Stubbins' persönlicher Ausrüstung gehörte. Aber wir hatten einige Kokosnüsse gesammelt, ihre Milch abgezapft und die Schalen mit frischem Wasser ge-füllt; Stubbins und ich hatten uns jeweils fünf oder sechs dieser Kugeln an Lianen um den Hals gehängt, und wir dachten, daß wir eventuellen Überlebenden des
    Bombenangriffs damit vielleicht Linderung verschaffen konnten.
    Von der Abwurfstelle der Bombe ging ein Geräusch aus, das den ohrenbetäuben—
    den Pegel eines donnernden Wasserfalls hatte. Nebogipfel hatte uns das Versprechen abgenommen, daß wir uns dem Explosionsherd auf höchstens eine Meile nä-
    hern durften; und als wir diesen Strandabschnitt erreichten, der nach unserer Schätzung eine Meile vom Epizentrum entfernt war, stand die Sonne schon hoch am
    Himmel. Wir befanden uns bereits im Schatten dieser stationären, giftigen Pilz-wolke; und das purpurrote Glühen war so intensiv, daß es vor mir einen Schatten auf den Strand zeichnete.
    Wir nahmen ein Fußbad im Meer, und ich entlastete meine schmerzenden Knie
    und Waden. Ironischerweise blieb es ein schöner Tag, mit klarem Himmel und in Licht getauchter See. Ich stellte fest, daß die Wirkung der Gezeiten schon einen Großteil der Schäden behoben hatte, die wir Menschen am Vortag nach besten
    Kräften angerichtet hatten: Muscheln gruben sich wieder in den rußigen Sand, und ich sah eine Schildkröte so nahe durch das seichte Wasser paddeln, daß wir sie fast hätten fangen können.
    Ich fühlte mich sehr alt und unendlich müde:

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