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Zeitschiffe

Zeitschiffe

Titel: Zeitschiffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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mit dem Morlock.
    »Vielleicht«, meinte er vage. »Aber du mußt bedenken, daß seit der Errichtung der ursprünglichen Kolonie durch Hilary Bond und ihre Leute bereits über eine Million Jahre vergangen sind. Die evolutionäre Distanz zwischen dir und den Neuen Menschen dieser Ära ist mittlerweile größer als zwischen dir und den Morlocks meiner eigenen Zeit. Wir können also bestenfalls kluge Spekulationen bezüglich der Lebensweise der hiesigen Rasse und ihrer Motive anstellen – und hinsichtlich ihrer biologischen Beschaffenheit.«
    »Ja«, sagte ich nachdenklich. »Aber trotzdem...«
    »Ja?«
    »Aber trotzdem scheint noch die Sonne. Also hat sich die Entwicklung dieser Neuen Menschen bereits von deiner eigenen abgespalten. Auch wenn sie sich offensichtlich wie ihr im Besitz von Raumschiffen befinden, haben sie nicht das Be-dürfnis, die Sonne zu verpacken, wie ihr Morlocks das getan habt.«
    »Offensichtlich nicht.« Er streckte seine bleiche Hand in den Himmel. »Es sieht nämlich so aus, daß sie noch viel ambitioniertere Pläne verfolgen.«
    Ich wandte den Kopf, um zu sehen, was er damit sagen wollte. Wie ich bemerkte, tat sich schon wieder etwas in dieser großen Orbitalstadt. Diesmal wurden große Schalen – unregelmäßig geformt und sicher mehrere tausend Meilen durchmessend
    – um die glühende lineare Stadt konfiguriert, wie Früchte an einem Ast. Und sobald eine Schale fertiggestellt war, löste sie sich von der Erde, erstrahlte in einem Feuer, welches das Land erhellte, und verschwand. Aus unserer Perspektive dauerte die Entwicklung eines solchen Artefakts vom Embryonalzustand bis zum flug-fähigen Gerät höchstens eine Sekunde; aber ich konnte mir denken, daß jede Dosis dieses grellen Lichts die Erde für Jahrzehnte illuminiert haben mußte.
    Es war ein beeindruckender Anblick, und er hielt noch einige Zeit an – mehrere tausend Jahre, nach meiner Schätzung.
    Diese Schalen waren natürlich riesige Raumschiffe, die in den Raum aufbrachen.
    »Also«, wandte ich mich an den Morlock, »die Menschen verlassen in diesen
    großen Raumschiffen die Erde. Aber was meinst du, wohin sie gehen? Zu den Planeten? Mars, Jupiter, oder...«
    Nebogipfel saß da, hatte den maskierten Kopf in den Nacken gelegt, die Hände im Schoß gefaltet, und die Lichter der Schiffe spielten auf seinem Gesichtsfell.
    »Man braucht keine derart spektakulären Energien, wie wir sie hier gesehen haben, um solch lächerliche Distanzen zu überwinden. Mit einem Antrieb wie diesem...
    Ich vermute, daß diese Neuen Menschen ein größeres Ziel verfolgen. Ich glaube, daß sie das Sonnensystem verlassen, genauso wie sie die Erde verlassen haben.«
    Ehrfürchtig schaute ich den abfliegenden Schiffen nach. »Was müssen diese
    Neuen Menschen für bemerkenswerte Leute sein! Ich will ja nichts gegen euch
    Morlocks sagen, alter Freund, aber trotzdem – welch ein Unterschied in Kompetenz und Motivation! Ich meine – eine Sphäre um die Sonne ist eine Sache, aber ein Aufbruch zu den Sternen...«
    »Es ist zutreffend, daß sich unsere Ambitionen auf die sorgfältige Zähmung eines einzigen Sterns beschränkten – und das aus gutem Grund, denn wenn sich die Spezies auf diese Art einen größeren Lebensraum erschließen will, dann bedeutet das tausend, eine Million interstellarer Schiffsreisen.«
    »Ja, vielleicht«, konzedierte ich, »aber so dramatisch wird es dann wohl doch nicht, oder?«
    Er schob seine rustikale Fellmaske zurecht und überflog die ruinierte Erde.
    »Möglicherweise nicht. Aber der vernünftige Umgang mit begrenzten Ressourcen
    – sogar mit dieser Erde – scheint ja nicht gerade in den Kompetenzbereich deiner Neuen Menschen zu fallen.«
    Ich mußte ihm rechtgeben. Selbst als das Feuer der Raumschiffe das Meer erhellte, verfielen die Überreste Alt-Londons weiter – die einstürzenden Ruinen schienen zu brodeln, als ob sie schmölzen – und das Meer wurde noch grauer, die Luft noch verpesteter. Die Hitze war jetzt enorm, und ich zog mir das durchge-schwitzte Hemd aus.
    Nebogipfel rutschte auf seiner Bank herum und schaute sich unbehaglich um.
    »Ich glaube – wenn es passiert, wird es schnell geschehen...«
    »Was wird?«
    Die Hitze übertraf jetzt alles, was ich jemals im Dschungel des Paläozäns ertragen hatte. Die über schmutzigbraune Hügel verstreuten Ruinen der Stadt schienen zu schimmern und irreal zu werden...
    Und dann – mit einem Blitz, der so grell war, daß er die Sonne ausblendete, explodierte die

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