Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zeitschiffe

Zeitschiffe

Titel: Zeitschiffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
Vom Netzwerk:
Lichtreflexe des Meeres. Ich wußte, daß ich dem Zustand des Glücks hier sehr nahe gekommen war – einer Zufriedenheit, die ich mein ganzes Leben nicht gefunden hatte. Aber Hilary hatte recht: es war noch nicht genug.
    Ich verspürte noch immer dieses starke Heimweh; etwas in mir zog mich auf dem Fluß der Zeit entlang, das wohl so stark wie der Instinkt war, der einen Lachs zu seinen Laichgründen zurücklotste. Aber ich wußte, was auch Nebogipfel schon
    gesagt hatte, daß nämlich mein 1891, diese gemütliche Welt von Richmond Hill, in der Multiplizität verloren war.
    Nun: wenn ich schon nicht nach Hause konnte, würde ich weitergehen: Ich würde dieser Straße folgen, bis an ihr Ende!
    Nebogipfel schaute mich an. »Bist du bereit?«
    Ich bin kein Freund langer Abschiedszeremonien.
    »Ich bin soweit.«
    Nebogipfel kletterte vorsichtig in die Maschine, wobei er auf sein schlecht gerichtetes Bein achtgab. Ohne weitere Umschweife griff er nach den Instrumenten und legte den blauen Kippschalter um.

Lichter am Himmel
    Flüchtig nahm ich noch zwei Leute wahr – einen Mann und eine Frau, beide nackt
    – die über den Strand rannten. Ein Schatten fiel kurz über das Fahrzeug, der vielleicht von einem der riesigen Tiere dieses Zeitalters geworfen wurde; aber bald waren wir schon zu schnell, um solche Details noch erkennen zu können, und wir stürzten in das farblose Wallen der Zeitreise.
    Die intensive Sonne des Paläozäns sauste über den Himmel, und ich stellte mir vor, wie die Erde sich aus unserer Perspektive als Zeitreisende wie ein Kreisel um ihre Achse drehte und um ihren Stern raste. Auch der Mond war als eine sich rapide bewegende Scheibe zu erkennen, die durch das Flackern der Mondphasen verwaschen wirkte. Bald verwandelte sich der tägliche Lauf der Sonne in ein silbernes Lichtband, das sich zwischen den Begrenzungen des Äquinoktiums erstreckte, und Tag und Nacht verschmolzen zu dem diffusen blaugrauen Glühen, das ich schon
    früher beschrieben habe.
    Die Dipterocarps-Bäume des Waldes zitterten im Lebenszyklus und wurden vom ungestümen Wachstum jüngerer Pflanzen verdrängt; aber die Szenerie um uns herum – der Wald, das durch unsere Zeitreise zu einer glasigen Ebene erstarrte Meer –
    blieb in ihren Grundzügen statisch, und ich fragte mich, ob die Menschheit trotz meiner und Nebogipfels Bemühungen letztlich doch nicht im Paläozän hatte überleben können.
    Dann – plötzlich – starb der Wald und verschwand.
    Es war, als ob eine grüne Decke von der Erde gerissen worden wäre. Aber das
    Land veränderte sich wieder; kaum war der Wald verschwunden, überzog eine
    Mischung aus regelmäßigem Braun und Grau – die Gebäude des sich ausdehnen—
    den Alt-Londons – die Erde. Die Stadt expandierte über die abgeholzten Hügel und an uns vorbei hinunter zum Meer, wo Docks und Hafenanlagen entstanden. Die
    einzelnen Konstruktionen erzitterten und vergingen so schnell wieder, daß wir fast kaum folgen konnten, obwohl ein oder zwei Bauten lange genug bestanden – es
    müssen wohl einige Jahrhunderte gewesen sein – und fast dunkel wurden, wie grobe Umrisse. Die See verlor ihren blauen Farbton und mutierte zu einer schmutzig-grauen Fläche, wobei wir auf unserer Reise ihre Wellen und Gezeiten nur verschwommen wahrnahmen; die Luft schien einen Stich ins Bräunliche bekommen
    zu haben, wie der Londoner Nebel von 1890, was die Szenerie in einem düsteren Zwielicht glühen ließ, und die Atmosphäre hatte sich erwärmt.
    Erstaunlicherweise wandelte sich im Lauf der Jahrhunderte, ungeachtet des
    Schicksals einzelner Gebäude, das allgemeine Bild der Stadt nicht. Ich stellte fest, daß das Band des mitten durch die Stadt fließenden Flusses – die Proto-Themse –
    und die Narben der Hauptstraßen sich im Zeitablauf grundsätzlich nicht veränderten: es war eine eindrucksvolle Demonstration, wie die Geomorphologie, die Gestalt der Landschaft, die menschliche Geographie dominiert.
    »Unsere Kolonisten haben offenbar überlebt«, sagte ich zu Nebogipfel. »Sie haben sich zu einer Rasse Neuer Menschen entwickelt, und sie verändern ihre Welt.«
    »Ja.« Er schob seine aus Fell geschneiderte Maske zurecht. »Aber bedenke, daß wir mit einer Geschwindigkeit von einigen Jahrhunderten pro Sekunde reisen; wir befinden uns mitten in einer Stadt, die schon ein paar tausend Jahre existiert. Ich bezweifele, daß von dem Alt-London, dessen Gründung wir erlebt hatten, noch viel übrig ist.«
    Neugierig blickte

Weitere Kostenlose Bücher