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Zeitschiffe

Zeitschiffe

Titel: Zeitschiffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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ich mir, und konnte zur Erbauung der Menschheit den Balg eines fliehenden, ge-schockten Morlock ablichten!
    ... Da ertönte ein Kratzen, leise und beharrlich, an einer anderen Stelle des Randes der Quelle, keine drei Fuß von meiner Position entfernt.
    Mit einem Schrei fummelte ich den Schürhaken vom Gürtel los. Waren die
    Morlocks etwa über mich gekommen, während ich in Tagträumen versunken war?
    Mit dem Schürhaken in der Hand ging ich vorsichtig weiter. Ich bemerkte, daß die schabenden Laute aus dem Flechtenbett kamen; es war eine Gestalt, die sich stetig durch diese winzigen, dunklen Pflanzen bewegte. Hier waren keine Morlocks; also ließ ich den Knüppel sinken und beugte mich über das Flechtenbett. Ich erspähte eine kleine, krabbenartige Kreatur, nicht größer als meine Hand; einsam und geduldig fräste sie sich mit einer einzigen, überdimensionierten Klaue einen Weg durch das Gewächs, und das Schaben, das ich gehört hatte, kam vom Reiben der Schere an den Flechten. Der Panzer der Krabbe schien pechschwarz zu sein, und das Wesen hatte keine Augen, wie eine blinde Tiefseekreatur.
    So, dachte ich, während ich dieses kleine Drama beobachtete, der Kampf ums
    Überleben ging also weiter, sogar in dieser ewigen Dunkelheit. Es war mir schon aufgefallen, daß ich seit meinem Eintreffen hier – abgesehen von den Blicken der Morlocks – kein Zeichen von Leben im weiteren Umkreis der Quelle ausgemacht
    hatte. Die Existenz der Quelle war der Schlüssel hierzu. Ich bin zwar kein Biologe, aber es schien klar zu sein, daß die Präsenz dieses Föns mit seiner warmen, feuchten Luft Leben einfach anlocken mußte, hier, auf einer zur Wüste gewordenen
    Welt, genauso wie die Quelle diese blinde Krabbe und den Flechtenbewuchs angezogen hatte. Ich vermutete, daß die Wärme aus dem komprimierten Innern der Er-de stammte – diese vulkanische Hitze, die schon in unserer Zeit spürbar war, wür-de in den darauffolgenden sechshunderttausend Jahren nicht merklich nachgelassen haben. Und vielleicht kam die Feuchtigkeit von artesischen Brunnen, die noch immer unterirdisch Wasser führten.
    Vielleicht, spekulierte ich, war die ganze Oberfläche des Planeten mit solchen Quellen und Kuppeln übersät. Aber sie hatten nicht den Zweck, Zugang zur Welt der Morlocks zu gewähren – wie in jener anderen Historie –, sondern sie fungierten als Erdwärmeaustauscher, um mit der Hitze und dem Wasser diesen seiner Sonne beraubten Planeten zu wärmen und zu befeuchten; und das Leben, das diese monströsen Manipulationen, deren Zeuge ich gewesen war, überlebt hatte, drängte sich nun um diese Quellen der Wärme und Feuchtigkeit.
    Meine Zuversicht stieg – einen Sinn in den Dingen zu erkennen verleiht meinem Mut immer einen enormen Schub, und nach diesem falschen Alarm mit der Krabbe fühlte ich mich nicht mehr bedroht – und ich setzte mich wieder auf den Rand der Quelle. Ich hatte die Pfeife und etwas Tabak in der Tasche, und ich stopfte die Pfeife und zündete sie an. Ich begann Spekulationen anzustellen, wie die Divergenz zwischen dieser Historie und der ersten zustandegekommen sein mochte, die ich erlebt hatte. Offensichtlich hatten einige Parallelen bestanden – auch hier gab es Morlocks und Eloi – aber ihre unheimliche Symbiose war schon seit Urzeiten aufgelöst worden.
    Ich fragte mich, wie ein solcher Showdown zwischen zwei Völkern Zustande—
    kommen konnte – denn die Morlocks waren auf ihre verrottete Art genauso abhängig von den Eloi wie die Eloi von den Morlocks, und das ganze Arrangement be-saß mithin eine gewisse Stabilität.
    Ich konnte mir vorstellen, wie es geschehen war. Bei den Morlocks handelte es sich schließlich um Untermenschen, und Logik ist nicht einmal unbedingt eine Stärke der Menschen. Die Morlocks mußten gewußt haben, daß ihre Existenz von den Eloi abhing; sie mußten sie bemitleidet und verachtet haben – ihre entfernten Cousins, und dennoch auf den Status von Nutztieren reduziert. Und doch...
    Und doch, welch einen strahlenden Morgen stellte das kurze Leben der Eloi dar!
    Die kleinen Leute lachten und sangen und liebten sich auf der Oberfläche der Welt, die in einen Garten verwandelt worden war, während die Morlocks in den stinken-den Tiefen der Erde sich abplacken mußten, um den Eloi die Grundlage für ihr luxuriöses Leben zu liefern. Angenommen, die Morlocks waren für ein Leben in dieser Umgebung geschaffen und hätten sich ohne Zweifel mit Ekel vom Sonnenlicht der Eloi, von dem

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