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Zeitschiffe

Zeitschiffe

Titel: Zeitschiffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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er mich sehen konnte. »Zunächst mußt du begreifen, daß die Ziele des Konstrukteurs sich sehr von denen deiner Spezies unterscheiden – oder von meiner.«
    »Das ist verständlich«, meinte ich. »Allein schon die physikalischen Unterschiede...«
    »Es geht noch darüber hinaus.«
    Immer wenn wir eine derartige Debatte eröffneten – wobei ich in die Rolle des Ignoramus schlüpfte – hatte Nebogipfel bisher Anzeichen von Ungeduld oder des lachsgleichen Verlangens gezeigt, in die glitzernden Tiefen des InformationsMeeres zurückzukehren. Diesmal indessen war seine Rede geduldig und konzentriert, und ich realisierte, daß er seine Worte ungewöhnlich sorgfältig wählte.
    Ich begann mich unbehaglich zu fühlen. Der Morlock glaubte eindeutig, mich
    von irgend etwas überzeugen zu müssen!
    Er setzte seine Rezension der Ziele der Konstrukteure fort. »Wie du siehst, kann eine Spezies nicht lange überleben, wenn sie die Last antiker Motivationen mit sich herumschleppt, die du trägst. Ich will dich damit aber nicht beleidigen.«
    »Schon recht«, erwiderte ich trocken.
    »Natürlich meine ich Territorialdenken, Aggression, gewaltsame Konfliktlö-
    sung... Imperialistische Anwandlungen und dergleichen werden unvorstellbar,
    wenn die Technologie ein gewisses Niveau erreicht. Mit Waffen von der Vernich-tungskraft der Carolinumbombe der Zeitmaschine – oder noch schlimmeren – müssen die Dinge sich einfach ändern. Ein Mensch deiner eigenen Zeit hat einmal gesagt, daß die Erfindung der Atomwaffen alles verändert hätte – außer der Mentalität der Menschen.«
    »Ich kann deine These nicht akzeptieren«, sagte ich, »denn sie impliziert, daß –
    wie du sagst – die Beschränkungen der Menschheit, die Relikte des alten Adam, unseren Untergang herbeiführen mußten... Aber was ist mit den Zielen deiner metallenen Supermänner, der Konstrukteure?«
    Er zögerte. »Im Grunde hat eine Spezies in ihrer Gesamtheit überhaupt keine Ziele. Hatten die Menschen deiner Zeit denn mehr gemeinsam als Atmen, Nah-rungsaufnahme und Reproduktion?«
    Ich grunzte. »Ziele, die wir noch mit dem letzten Bazillus teilen.«
    »Aber trotz dieser Komplexität kann man – glaube ich jedenfalls – je nach ihrem Entwicklungsstand die Ziele einer Spezies sowie die Ressourcen, die sie infolgedessen benötigt, klassifizieren...«
    Laut Nebogipfel benötigte eine vorindustrielle Zivilisation – z. B. das mittelal-terliche England – Rohstoffe: für Nahrungsmittel, Bekleidung, Heizung usw.
    Aber sobald sich Industrien entwickelt hatten, konnten Rohstoffe substituiert werden und so die Knappheit einer bestimmten Ressource ausgleichen. Mithin
    wurden Kapital und Arbeit zu Schlüsselfaktoren. Dieser Zustand kennzeichnete mein eigenes Jahrhundert, und ich erkannte, daß man im generischen Sinne tatsächlich sagen konnte, daß die Aktivitäten der Menschheit in diesem finsteren Jahrhundert maßgeblich von dem Streben nach diesen beiden Schlüsselressourcen bestimmt wurden: Arbeit und Kapital.
    »Aber es gibt noch eine Stufe oberhalb der Industrialisierung«, wußte Nebogipfel. »Nämlich die Postindustrielle. Meine Spezies war bereits in dieses Stadium eingetreten – wir hatten uns bei deiner Ankunft schon fast eine halbe Million Jahre auf dieser Ebene befunden – aber es ist ein Stadium ohne Ende.«
    »Sag mir, was du damit meinst. Wenn Kapital und Arbeit nicht länger die De—
    terminanten der sozialen Evolution sind...«
    »Das sind sie nicht mehr, weil ihr Wegfall durch Information ersetzt werden kann. Verstehst du? Auf diese Art konnte der Transmutations-Boden der Sphäre –
    aufgrund der in seine Struktur investierten Forschung – jede Ressourcenverknap-pung bis hin zur reinen Energie kompensieren...«
    »Willst du also damit sagen, daß diese Konstrukteure – hinsichtlich ihrer Fragmentation in Myriaden komplexer Fraktionen – im Grunde nur nach mehr Wissen
    streben?«
    »Informationen – ihre Gewinnung, Interpretation und Speicherung – sind das
    letztendliche Ziel allen intelligenten Lebens.« Er betrachtete mich gleichmütig.
    »Wir Morlocks haben das begriffen und hatten damit begonnen, die Ressourcen
    des Sonnensystems diesem Ziel zu widmen; ihr Menschen des neunzehnten Jahrhunderts hattet gerade mal ansatzweise den Weg zu dieser Erkenntnis beschritten.«
    »Na gut«, kommentierte ich. »Also müssen wir uns fragen, an welche Grenzen
    die Informationsgewinnung stößt.« Ich schaute zu den verdunkelten Sternen hoch.
    »Ich

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