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Zeitschiffe

Zeitschiffe

Titel: Zeitschiffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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zerstört. Es verschwand wie Tau um uns herum und ließ unsere transparente Blase isoliert auf dem Dach des Turmes zurück. Ich dachte an unsere bizarre und doch gemütliche Suite zurück –
    mit meinem Dampfbad, dieser lächerlichen Tapete, dem merkwürdigen Billardtisch und allem anderen – das alles war nun wieder in einen amorphen Zustand eingeschmolzen, und unser nicht länger benötigtes Apartment war zu einem Traum reduziert worden: eine platonische Erinnerung, in der metallenen Vorstellung der Universalen Konstrukteure!
    Aber unser privater, geduldiger Konstrukteur hatte uns nicht verlassen. Aus meiner Zeitrafferperspektive sah ich, wie er hier zu verharren schien, ein paar Yards von uns entfernt – eine gedrungene Pyramide, wobei das Gewimmel seiner Fäden durch unsere Reise geglättet wurde – nur manchmal sprang er abrupt dahin oder dorthin, verharrte ein paar Sekunden lang – und so weiter. Weil eine Sekunde für uns in der Außenwelt mehreren hundert Jahren entsprach, konnte ich mir ausrech-nen, daß der Konstrukteur immer dicht an unserer Seite blieb, stationär und in Intervallen von tausend Jahren.
    Ich wies Nebogipfel darauf hin. »Stell dir das mal vor! Die Unsterblichkeit ist ei-ne Sache, aber derart in einer einzigen Aufgabe aufzugehen... Er ist wie ein einsamer Ritter, der seinen Gral bewacht, während ganze Äonen dahingehen.«
    »Es ist schon eindrucksvoll«, konzedierte Nebogipfel. »Und es ist beruhigend zu wissen, daß sich meine Einschätzung der übermenschlichen Ausdauer und Beharrlichkeit der Konstrukteure als zutreffend erwiesen hat.«
    Wie ich bereits gesagt habe, waren unsere Nachbargebäude ebenfalls Türme, die in Abständen von zwei oder drei Meilen im Tal der Themse standen. In den paar Wochen, die wir in unserem Apartment verbracht hatten, hatte ich keine Anzeichen von Veränderung an diesen Türmen wahrgenommen – nicht einmal das Öffnen
    einer Tür. Jetzt allerdings, dank meiner beschleunigten Wahrnehmung, sah ich, wie sich eine langsame Evolution der Gebäude vollzog. Die spiegelglatte Fassade eines zylindrischen Bauwerks in Hammersmith blähte sich auf, als ob sie von irgendeiner Metallkrankheit befallen wäre, und gestaltete sich um zu einem neuen Muster aus Vorsprüngen und Schächten. Ein anderer Turm in der Nähe von Fulham verschwand indessen ganz! – Einen Moment war er noch da, den nächsten schon nicht mehr, wobei nicht einmal mehr anhand von Fundamenten in der Erde seine Position bestimmt werden konnte, denn das Eis schloß sich schneller über den Resten, als ich hinsehen konnte.
    Auf diese Weise vollzog sich ständig eine fließende Evolution. Ich erkannte, daß die Geschwindigkeit der Veränderungen dieses neuen Londons in Jahrhunderten
    gemessen werden mußte – und nicht in Jahren, in denen manche Bezirke meines Londons umgestaltet worden waren – aber dennoch gab es Veränderungen.
    Ich machte Nebogipfel darauf aufmerksam. »Wir können bezüglich dieser archi—
    tektonischen Veränderungen nur Spekulationen anstellen«, meinte er darauf.
    »Vielleicht ist die Veränderung des Äußeren ein Indiz für die gewandelte Nutzung des Inneren. Aber der Zahn der Zeit nagt sogar hier. Und vielleicht treten gelegentlich sogar noch spektakulärere Ereignisse ein, wie zum Beispiel der Einschlag eines Meteoriten.«
    »Sicherlich sind derart überlegene Intelligenzen wie diese Konstrukteure imstande, Vorkehrungen gegen einen Meteoriteneinschlag zu treffen! – indem sie die Flugbahn der abstürzenden Felsen mit ihren Teleskopen verfolgen und vielleicht von ihren Segelschiffen Raketen abfeuern, um die Brocken zu vernichten.«
    »Bis zu einem gewissen Grad. Aber das Sonnensystem ist ein Ort des Zufalls und des Chaos«, erwiderte Nebogipfel. »Unabhängig von den verfügbaren Ressourcen sowie dem Umfang der Sicherheitsmaßnahmen und Beobachtungen kann man nie
    sicher sein, alle Schadensfälle auszuschließen... Und so müssen selbst die Konstrukteure manches wieder aufbauen – sogar den Turm, den wir bewohnen.«
    »Was meinst du damit?«
    »Überleg mal«, riet mir Nebogipfel. »Ist dir warm? Fühlst du dich wohl?«
    Wie schon gesagt, hatte mein virtueller Kontakt mit der Einöde der Weißen Erde, der nur durch diese unsichtbare Kuppel der Konstrukteure verhindert wurde, mich frösteln lassen; aber ich wußte, daß das nur eine psychische Reaktion sein konnte.
    »Mir geht es ganz gut.«
    »Natürlich. Mir auch. Und – weil wir nun bereits eine gute Viertelstunde

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