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Zeitschiffe

Zeitschiffe

Titel: Zeitschiffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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einfache, wenn auch handbeschriftete chronometrische Skalen –, und der Aktionsradius, den wir in der Zeit hatten, entsprach in etwa dem meiner ersten Maschine.
    Während wir bei der Arbeit waren und der Tag unserer Abreise näherrückte,
    nahmen meine Angst und Unsicherheit drastisch zu. Ich wußte, daß ich nie mehr nach Hause zurückkehren konnte – aber wenn ich von hier aus mit Nebogipfel in die Zukunft oder Vergangenheit vorstieß, mußte ich damit rechnen, in eine derartige Fremdartigkeit zu geraten, daß ich weder körperlich noch geistig überleben konnte. Ich wußte, daß ich mich dem Ende meines Lebens nähern könnte; und eine leise, kreatürliche Angst ergriff von mir Besitz.
    Aber ich verdrängte sie und fügte mich meiner Entscheidung; und dann verlor ich mich wieder in der simplen mechanischen Routine der Arbeit.
    Schließlich war es geschafft. Nebogipfel setzte sich in den Sattel. Er hatte einen schweren, gewebten Overall aus dem silbrigen Tuch des Konstrukteurs an; und eine neue Brille bedeckte sein kleines Gesicht. Er wirkte ein bißchen wie ein zum Schutz vor dem Winter eingemummeltes Kind – zumindest solange, bis man das
    von seinem Kopf herabwallende Haar sowie das Auge hinter der blauen Brille
    ausmachte. Ich setzte mich neben ihn und führte eine letzte Inventur der Fracht unseres Fahrzeugs durch.
    Dann – in einer Schrecksekunde – verschmolzen die Wände unseres Apartments
    lautlos zu Glas! Um uns herum, jetzt durch die transparenten Wände unseres Zimmers zu erkennen, erstreckten sich die trostlosen Flächen der Weißen Erde in die Ferne und wurden von einem fortgeschrittenen Sonnenuntergang rot überzogen.
    Die Fäden des Konstrukteurs – ebenfalls gemäß Nebogipfels Spezifikationen –
    hatten das Material der Wände des Zimmers, in dem das Zeitfahrzeug stand, um-strukturiert. Wir hätten uns eigentlich vor dem mörderischen Klima der Weißen Erde schützen müssen, aber wir wollten die Erde sehen, während wir die Vorbereitungen trafen.
    Obwohl die Lufttemperatur unverändert war, kam es mir auf einmal viel kälter vor; ich zitterte und wickelte den Mantel enger um mich.
    »Ich denke, daß wir soweit sind«, meldete Nebogipfel.
    »Soweit«, meinte ich, »bis auf eins – unsere Entscheidung! Reisen wir nun in die Zukunft zu den fertiggestellten Schiffen, oder...?«
    »Ich glaube, daß die Entscheidung bei dir liegt«, sagte er. Aber ich bemerkte –
    jedenfalls wollte ich das glauben – eine gewisse Sympathie in seinem fremdartigen Gesichtsausdruck.
    Noch immer quälte mich diese leise Angst, denn mit Ausnahme dieser ersten
    verzweifelten Stunden nach dem Verlust von Moses hatte ich noch nie Todessehnsucht verspürt – und doch wußte ich, daß meine Wahl mein Leben beenden konnte.
    Aber trotzdem ...
    »Ich glaube kaum, daß ich viele Alternativen habe«, sagte ich zu Nebogipfel.
    »Nein«, bestätigte er. »Wir sind Exilanten, du und ich«, konstatierte er. »Ich glaube, daß wir nicht mehr tun können, als weiterzumachen – bis zum Ende.«
    »Ja«, sagte ich. »Bis zum Ende der Zeit, wie es scheint... Gut! So sei es, Nebogipfel. So sei es.«
    Nebogipfel schob die Hebel des Zeitfahrzeuges nach vorne – ich spürte, wie sich meine Atmung beschleunigte – und wir fielen in das graue Wallen der Zeitreise.

In die Zukunft
    Wieder schoß die Sonne über den Himmel, und der Mond, noch immer grün, rollte durch seine Phasen, wobei die Monate schneller als Herzschläge vergingen. Bald hatte die Umlaufgeschwindigkeit von Sonne und Mond den Punkt erreicht, an dem sie zu diesen nahtlosen, oszillierenden Lichtbändern verschmolzen, die ich schon früher beschrieben habe, und der Himmel hatte dieses Stahlgrau angenommen, das eine Mischfarbe aus Tag und Nacht war. Um uns herum, von unserer erhöhten Perspektive deutlich erkennbar, zogen sich die Eisfelder der Weißen Erde vorbei bis zum Horizont; sie veränderten sich nicht, während die Jahre bedeutungslos verstrichen, und nur auf ihrer Oberfläche lag ein Schimmern, das durch die Geschwindigkeit unserer Passage verursacht wurde.
    Ich hätte gerne gesehen, wie diese großartigen interstellaren Segel-Schiffe in den Weltraum starteten; aber aufgrund der Erdrotation konnte ich diese fragilen Fahrzeuge nicht ausmachen, und als wir die Zeitreise begannen, wurden die Segel-Schiffe für uns völlig unsichtbar.
    Innerhalb weniger Sekunden nach unserer Abreise – wie wir es aus der Zeitrafferperspektive wahrnahmen – wurde unser Apartment

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