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Zeitschiffe

Zeitschiffe

Titel: Zeitschiffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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so ein gemütliches Nest; auf diese Art fühlte ich mich nicht mehr so exponiert. Ich plazierte mein Jackenkissen unter dem Stuhl und schlief so mit Kopf und Schultern im Schutz dieser kleinen Festung. Die meiste Zeit gelang es mir, die Anwesenheit der Sterne unter meinen Füßen zu verdrängen – aber manchmal ging meine Phantasie mit mir durch, und dann glaubte ich, über einem unendlichen Tropfen zu hängen, nur durch diesen durchsichtigen Boden geschützt.
    All das war natürlich völlig unlogisch; aber ich bin eben auch nur ein Mensch und muß deswegen den instinktiven Bedürfnissen und Ängsten meiner Natur
    Rechnung tragen!
    Nebogipfel registrierte das alles. Ich weiß nicht, ob er mit Neugier oder Verwirrung darauf reagierte oder vielleicht sogar mit schierem Befremden – wie ich z. B.
    die Mätzchen eines Vogels beim Nestbau betrachtet hätte.
    Und so gingen die nächsten paar Tage ins Land – es müssen wohl vier oder fünf gewesen sein —, während ich mich bemühte, Nebogipfel die Funktionsweise meiner Zeitmaschine nahezubringen – und versuchte, ihm auf subtile Art einige Details dieser Historie zu entlocken, in der ich gelandet war.
    Ich beschrieb die Forschungen zur optischen Physik, die mir die Einsicht in die Durchführbarkeit der Zeitreise verschafft hatten.
    »Es setzt sich die Erkenntnis durch – bzw. tat sie das zu meiner Zeit –, daß die Ausbreitung des Lichts gewissen Anomalien unterworfen ist«, dozierte ich. »Die Geschwindigkeit des Lichts ist im Vakuum extrem hoch – es breitet sich mit einer Geschwindigkeit von etwa einhundertneunzigtausend Meilen pro Sekunde aus –
    aber sie ist endlich. Und, was noch wichtiger ist und einige Jahre vor meiner Abreise von Michelson und Morley am überzeugendsten dargelegt wurde – diese Geschwindigkeit ist isotropisch...«
    Ich ging sehr vorsichtig bei der Erklärung dieser skurrilen Angelegenheit vor.
    Die zentrale Aussage ist, daß sich das Licht auf seiner Reise durch den Raum nicht wie ein materielles Objekt, z. B. wie ein D-Zug, bewegt.
    Man stelle sich einen Lichtstrahl von einem entfernten Stern vor, der die Erde beispielsweise im Januar überholt, während unser Planet sich auf seiner Umlaufbahn um die Sonne befindet. Die Orbitalgeschwindigkeit der Erde beträgt ungefähr sechshundertneunzigtausend Meilen pro Stunde. Die Vorstellung scheint plausibel
    – wenn man die Geschwindigkeit dieses Sternenlichtstrahls von der Erde aus messen würde – daß dieser Betrag um die ca. sechshundertneunzigtausend Meilen pro Stunde verringert werden müßte.
    Im Gegensatz hierzu befindet sich die Erde im Juli auf der entgegengesetzten Seite ihrer Umlaufbahn: sie wird nun auf Gegenkurs zum Pfad dieses Sternenlichtstrahls gehen. Bei einer erneuten Geschwindigkeitsmessung des Strahls würde sich die ermittelte Geschwindigkeit dann folgerichtigerweise um den Betrag der Orbitalgeschwindigkeit der Erde erhöhen.
    Gut, wenn z. B. ein Zug von den Sternen auf uns zukäme, wäre das ohne Zweifel der Fall. Aber Michelson und Morley haben bewiesen – bei einer Genauigkeit von einem Sechstel der Umlaufgeschwindigkeit der Erde – daß dies bei Sternenlicht nicht gilt. Die von der Erde aus gemessene Geschwindigkeit des Sternenlichts ist jedesmal gleich – ob wir den Strahl überholen oder auf ihn zuhalten!
    »Welch ein befremdliches, paradoxes Ergebnis das ist!« sagte ich zu Nebogipfel.
    »Scheinbar so abseitig, daß viele Theoretiker meiner Zeit die Forschungsergebnisse von Michelson und Morley von vornherein ignorieren.«
    Aber die Beobachtungen von Michelson und Morley hatten mit dem Phänomen
    korreliert, das mir schon vor einigen Jahren beim Plattnerit aufgefallen war – obwohl ich die Ergebnisse meiner Experimente nicht veröffentlicht hatte – und auf dessen Basis ich eine Hypothese erstellt hatte.
    »Man muß nur seiner Phantasie freien Lauf lassen – insbesondere, was die Betrachtung der Dimensionen betrifft –, um eine mögliche Erklärung für das Michelson-Morley-Phänomen zu finden. Wie messen wir denn z. B. die Geschwindigkeit?
    Nur mit Vorrichtungen, die Intervalle in verschiedenen Dimensionen aufzeichnen.
    Die Berechnung der Geschwindigkeit erfolgt über eine im Raum zurückgelegte
    Strecke, die mit einem simplen Yardmaß gemessen wird, und einem Intervall in der Zeit, das mit einer Uhr erfaßt werden kann. Und die Zeit ist nur eine Abart des Raumes, auch wenn wir sie nicht so wahrnehmen.
    Wenn wir also die Empirie von Michelson und Morley

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