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Zeitschiffe

Zeitschiffe

Titel: Zeitschiffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Frankreichs und Belgiens gegenüberla-gen.«
    Damit hatte die Belagerung begonnen. Aber jetzt waren die verfügbaren Ressourcen der Kriegsgegner um so vieles größer: das Herzblut des Britischen Empire und des Amerikanischen Kontinents auf der einen Seite, das von Mitteleuropa auf der anderen, strömte in dieses Faß ohne Boden.
    Und dann entbrannte der Krieg gegen die Zivilbevölkerung in voller Schärfe: die Lufttorpedos, die Gasangriffe...
    »›Die Kriege der Völker werden die Kriege der Könige an Schrecken übertreffen‹«, zitierte Moses düster.
    »Aber die Menschen, Filby – was wird aus den Menschen?«
    Seine Stimme, durch die Maske gedämpft, klang auf einmal vertraut, wenn auch entfernt. »Es hat Demonstrationen gegeben – meines Wissens vor allem in den
    späten Zwanzigern. Aber dann haben sie den Erlaß 1305 verabschiedet, der Streiks, Aussperrungen und alle vergleichbaren Aktionen für illegal erklärte. Und das war es dann! Seitdem... – nun, ich vermute, daß wir uns wohl so durchgeschlagen haben.«
    Ich registrierte, daß die Tunnelwände vom Fenster zurückwichen, als ob wir das Ende des Tunnels erreicht hätten. Wir schienen in eine große unterirdische Kammer einzufahren.
    Bond und Oldfield öffneten mit allen Anzeichen der Erleichterung ihre Masken; Filby löste ebenfalls die Riemen, und als sein malträtierter alter Kopf aus seinem feuchten Gefängnis befreit wurde, konnte ich weiße Vertiefungen am Kinn erkennen, wo die Dichtung der Maske in die Haut eingeschnitten hatte. »So ist es besser«, meinte er.
    »Sind wir jetzt sicher?«
    »Sollten wir jedenfalls sein«, erwiderte er. »So sicher wie nur irgendwo!«
    Ich knöpfte meine Maske auf und zog sie mir vom Kopf; Moses entledigte sich
    schnell der seinen und half dann dem Morlock. Als Nebogipfels kleines Gesicht zum Vorschein kam, starrten Oldfield, Bond und Filby ganz unverhohlen hin – ich konnte ihnen keinen Vorwurf deswegen machen! –, bis Moses ihm dabei half, wieder die Kappe und die Brille aufzusetzen.
    »Wo sind wir?« fragte ich Filby.
    »Erkennst du es denn nicht?« Filby fuchtelte mit einer Hand in Richtung der
    Dunkelheit hinter dem Fenster.
    »Ich...«
    »Es ist Hammersmith, mein Freund. Wir haben gerade den Fluß überquert...«
    »Es ist Hammersmith Gate«, erklärte mir Hilary. »Wir haben die Kuppel von
    London erreicht.«

London im Krieg
    Die Kuppel von London! – Nichts in meiner eigenen Zeit hatte mich auf diese enorme Ingenieursleistung vorbereitet. Man stelle sich vor: eine große Schale aus Beton und Stahl mit einem Durchmesser von zwei Meilen, die sich von Hammersmith nach Stepney und von Islington nach Clapham über die Stadt wölbte...
    Die Straßen waren überall von Säulen, Verstrebungen und Widerlagern durchbrochen, die in den Londoner Boden gerammt worden waren und die Bevölkerung wie die Beine eines Rudels von Riesen dominierte und einengte.
    Der Zug fuhr weiter, über Hammersmith und Fulham hinaus weiter in die Kuppel hinein. Als sich meine Augen an das Zwielicht anpaßten, sah ich, wie die Straßen-beleuchtung das Bild eines Londons nachzeichnete, das ich noch identifizieren konnte: »Hier ist die Kensington High Street, hinter diesem Zaun. Und ist das Holland Park?« – und so weiter. Aber trotz all der bekannten Landmarken und
    Straßennamen war dies doch ein neues London: ein London der permanenten
    Nacht, eine Stadt, die sich nie am strahlenden Junihimmel erfreuen konnte – aber ein London, das diesen Preis für das Überleben akzeptiert hatte, wie Filby mir sagte. Denn selbst die schwersten Bomben und Torpedos würden von diesem massiven Dach abprallen oder harmlos in der Luft explodieren und somit Cobbetts darunterliegenden ›Great Wen‹ unbeschädigt lassen.
    Überall, so sagte Filby, waren die Städte der Menschen – die einst im Lichter-glanz erstrahlten und unsere sich drehende Welt nachts in ein glühendes Juwel verwandelt hatten – von solch großen, dunklen Schalen bedeckt; jetzt gab es kaum noch Verkehr zwischen den großen Kuppelstädten, und die Menschen zogen es
    vor, sich in ihrer selbstgeschaffenen Dunkelheit zu verstecken.
    Unsere neue Bahnlinie schien sich mitten durch die alte Straßenführung zu ziehen. Die Straßen, die wir querten, waren ziemlich belebt, aber nur mit Fußgängern oder Radfahrern; ich sah keine Wagen, weder von Pferden gezogen noch mit Mo-torantrieb, wie ich es eigentlich erwartet hatte. Es gab sogar Rikschas! – leichte, überdachte Karren, die von

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