Zeitsplitter - Die Jägerin: Roman (German Edition)
ich nichts machen. Also bleibt ihr beide hier.«
Finn spannt sich neben mir an. »Was hast du vor?«
»Spielt das eine Rolle? Sobald ihr zurückreist, wird nichts von dem hier je stattgefunden haben, richtig?«
Ich hole noch einmal tief Luft. »Das ist der Plan.«
»Bewegt euch nicht.« Connor steckt seine Waffe zurück ins Holster, läuft los und biegt um die Ecke. Wir hören ihn rufen, dazu das Schlagen von Fäusten auf Glas. Der Kontrollraum. Finn legt mir den Arm um die Schultern, und ich schmiege mich eng an ihn. Gott, wie warm er ist. Meine letzte Umarmung ist so lange her, dass ich vergessen hatte, wie warm ein anderer Mensch sein kann.
»Feuer in Flügel A!«, brüllt Connor. »Wir brauchen alle Einheiten. Kommt schon!«
Eine Pause und dann das fast unhörbare Geräusch einer sich öffnenden Tür.
»Aber wir haben keinen Alarm«, sagt ein Soldat. »Und es gab auch keinen Funkruf.«
»Wir können unseren Posten nicht verlassen«, fügt ein zweiter hinzu.
Das plötzliche Peitschen von zwei Schüssen, das von den Wänden widerhallt, ist ohrenbetäubend. Ich schlage die Hände vor den Mund.
»Kommt jetzt!«, ruft Connor.
Finn setzt sich in Bewegung, und das tue ich auch. Wir biegen um die Ecke und nähern uns dem Kontrollraum, der auf allen vier Seiten vom Boden bis zur Decke mit Panzerglas eingefasst ist. Die beiden Soldaten sind im Eingang zusammengesunken. Eine Pfütze dunklen Bluts sammelt sich unter ihnen und wird mit jeder Sekunde größer. Ich hätte mir niemals so viel Blut vorgestellt. Filme und Bücher haben mich auch nicht auf den Anblick zweier Männer vorbereitet, denen der Schädel weggeblasen wurde.
Connor steht im Kontrollraum, hinter den Leichen der Wachen. Sein Gesicht und seine Uniform sind rot gesprenkelt, und ich beginne zu zittern, als er mir seine Hand hinstreckt. Es ist die Rechte, die Hand, mit der er geschossen hat, und der Rückstoß hat einen Schatten aus winzigen roten Punkten auf seiner Haut hinterlassen. Ich zwinge mich, sie zu ergreifen, und er hilft mir dabei, über die Leichen zu springen. Finn setzt nach mir über die gebrochenen Körper, doch sein Fuß landet am Rande der Pfütze aus Blut und gleitet unter ihm aus, sodass er hinfällt. Ich helfe ihm auf, und er schüttelt seine durchweichten Slipper ab.
»Ich hoffe bei Gott, dass ihr wisst, wie das Ding da funktioniert«, sagt Connor, während er auf die unzähligen Reihen von blinkenden Lichtern und Schaltern auf der Konsole blickt. Über der Konsole ist ein Sichtfenster angebracht, das den Blick in eine zweite, kleinere Kammer freigibt; sie ist nur durch eine Tür in der Ecke des Kontrollraums zugänglich. Der Anblick des winzigen Raums, der auf eine gespenstische Weise frei von jeglicher Farbe und Textur ist, fesselt mich. Er ist wie eine glatte, leere Schachtel in verschiedenen Grauschattierungen.
»Ich habe eine Vorstellung«, sage ich. »Jemand hat mir früher stundenlang hiervon erzählt. Finn, kannst du …«
»Schon dabei«, sagt er, während er sich auf den Stuhl vor dem Hauptcomputerterminal gleiten lässt. »Wie ich unseren Doktor kenne, wurde das System so eingerichtet, dass es möglichst simpel zu bedienen ist.«
Finn hämmert auf die Tastatur ein, eine Falte bildet sich vor Konzentration auf seiner Stirn. Ich weiß, dass er bissig und angespannt wird, wenn man ihn unterbricht, deshalb wende ich mich Connor zu. »Danke für alles.«
Er wischt sich die Hände an seiner Hose ab. »Kein Problem.«
»Warum hilfst du uns?«, frage ich. »Ich meine, wie habe ich dich überzeugt? Ich muss das wissen.«
Er zuckt die Achseln. »Ich war nicht mehr als ein besserer Wachmann, und du hast mir die Möglichkeit gegeben, ein Held zu werden. Außerdem habe ich einige Dinge gesehen …«
»Wie schlimm ist es da draußen?«
»Schlimm.«
Connor sieht verängstigt aus, und das erschreckt mich. Er ist ein Mann, der seelenruhig seine bewaffneten Kameraden unter Drogen gesetzt und eben erst, ohne mit der Wimper zu zucken, zwei Männern in den Kopf geschossen hat. Doch was auch immer in der Außenwelt vor sich geht, macht ihn einsilbig und angespannt. Als Finn und ich gefangen genommen wurden, griffen amerikanische Drohnen gerade China an, Israel befand sich in einem nuklearen Kräftemessen mit Syrien, und ein Gutteil von Houston wurde einfach von der Landkarte radiert. Schwer vorstellbar, dass es noch schlimmer kommen konnte.
Doch ich schätze, es ist so.
»Du glaubst wirklich, dass ihr an alldem etwas ändern
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