Zeitsplitter - Die Jägerin: Roman (German Edition)
vom Körper fordert, in einem vier mal vier Schritt großen Raum zu leben. Ich werfe Finn einen Blick zu, um zu sehen, ob er zu schwitzen und zittern beginnt wie ich, doch es scheint ihm nichts auszumachen. Vermutlich hat er in seiner Zelle trainiert, der eitle Mistkerl.
Ich wünschte jetzt, ich hätte auch daran gedacht.
»Alles in Ordnung?«, fragt er. Ich bin langsamer geworden, und da unsere Hände noch immer ineinander verschränkt sind, zieht er mich vorwärts. Ich nicke, hole tief Luft und zwinge mich, meine Schritte zu beschleunigen.
Ich bin so darauf konzentriert, einen Fuß vor den anderen zu setzen, dass ich weder höre, wie sich die Tür am anderen Ende des Gangs öffnet, noch sehe, wie der dunkelhaarige Mann hindurchtritt. Aber Connor tut es. Sein Arm knallt gegen meine Brust, um Finn und mich in eine Türöffnung zu schieben, die eine kleine Nische bildet. Ich erhasche nur einen flüchtigen Blick auf den Mann, bevor ich außer Sichtweite bin.
Es ist der Doktor. Ich drücke mich flach an die Tür und versuche, meinen keuchenden Atem zu beherrschen.
Connor geht auf ihn zu, und Entsetzen durchfährt mich wie ein Messer. Ich bin mir plötzlich sicher, dass dies hier eine Falle des Doktors ist, ein neuer Trick, um uns in die Knie zu zwingen. Connor wird uns ihm jetzt übergeben, und wir werden unsere Zellen nie wieder verlassen. Mich packt das wilde Verlangen loszurennen.
Vielleicht spürt Finn, was ich denke, denn er drückt meine Hand, hält mich fest.
»Connor, was tun Sie in diesem Teil des Gebäudes?«, hören wir den Doktor von unserem erbärmlichen Versteck aus fragen. Alles, was er tun muss, ist, ein paar Schritte in unsere Richtung zu machen, und die Nische in der Wand wird uns nicht länger verdecken. »Sollten Sie nicht die Gefangenen bewachen?«
»Doch, Sir. Abrams hat mich abgelöst. Der Sergeant hat mich geschickt, Sie zu holen.«
Der Doktor seufzt verärgert. »Ich habe nicht einmal Dienst. Ich bin nur hier, um Papierkram zu erledigen. Was will er denn?«
»Ich weiß nicht genau, Sir. Alles, was er gesagt hat, war, dass er Sie in der Zentrale sehen möchte.«
Schritte nähern sich. Es sind nicht Connors Stiefel mit den schweren Sohlen, sondern – darauf würde ich mein Leben verwetten – feine italienische Lederschuhe. Ich drücke mich so heftig an die Tür in meinem Rücken, dass zu meiner Kollektion an Blutergüssen neue dazukommen werden, falls wir diese Nacht überleben.
»Ich muss erst in mein Arbeitszimmer«, sagt der Doktor. »Dann …«
»Er sagte, es sei dringend, Sir.«
Die Schritte halten an. »Lassen Sie mich los, Soldat.«
Oh Gott. Ich balle die freie Hand zur Faust. Wenn der Doktor hier vorbeikommt, werde ich ihm wenigstens ein paar eigene blaue Flecke verpassen, bevor sie uns umbringen.
»Verzeihung, Sir«, sagt Connor mit bebender Stimme. »Ich meinte ja nur, dass der Sarge Sie wirklich dringend braucht, und dass keine Zeit für …«
Die Stille dehnt sich aus, und selbst mit geschlossenen Augen kann ich den prüfenden Blick des Doktors vor mir sehen, mit dem er Connor mustert. In meinen Ohren klingt Connor wahnsinnig schuldbewusst, und der Doktor müsste schon taub sein, um nicht zu merken, dass hier etwas faul ist. Ich kann nur hoffen, dass seine mangelnde Menschenkenntnis und das Gefühl, unbesiegbar zu sein, die Oberhand behalten.
»Na gut«, sagt der Doktor endlich. »Ich gehe in die Zentrale, und Sie kehren zu den Gefangenen zurück. Und nächstes Mal denken Sie daran, wer wessen Vorgesetzter ist!«
»Ja, Sir.«
Die leichteren Schritte des Doktors entfernen sich von uns, und ich stoße den angehaltenen Atem aus.
»Wir müssen uns beeilen«, sagt Connor, als er zu uns zurückkommt. »Er wird merken, dass etwas nicht stimmt, wenn in der Zentrale niemand ist. Aber sie liegt auf der anderen Seite des Komplexes, und wir sind Cassandra schon ganz nahe.«
Wir laufen durch die Korridore. Connor ist immer drei oder vier Meter vor uns, um nach anderen Soldaten Ausschau zu halten. Finn zerrt mich praktisch hinter sich her. Als wir anhalten, beuge ich mich vor, stütze die Hände auf die Knie und ringe nach Atem. Finn streicht mir in beruhigenden Kreisen über den Rücken, doch Connors Aufmerksamkeit gilt ausschließlich dem, was vor uns liegt. Er hat die Pistole auf Brusthöhe gehoben und zielt auf eine Biegung des Gangs. Er legt einen Finger an die Lippen.
»Der Kontrollraum liegt gleich um die Ecke«, flüstert er. »Es werden Wachen dort sein, da konnte
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