Zeitsplitter - Die Jägerin: Roman (German Edition)
auf die Insassen, ohne wirkliche Hoffnung auf Erfolg.
Dann kommen die Autos vor mir zum Stehen. Zum ersten Mal in meinem Leben danke ich Gott für den Washingtoner Verkehr. Ich steuere die Standspur an und fahre langsam weiter, während meine Augen über die auf den richtigen Spuren festsitzenden Autos fliegen. Wenn sie in dieser Richtung unterwegs sind, finde ich sie vielleicht doch.
Der Verkehr ist für die nächsten Kilometer zähflüssig und langsam. Ich bin schon drei, vielleicht vier Kilometer auf der Standspur gefahren, als ich vor mir auf der Spur ganz links einen silbernen Lexus erspähe. Ich drossle die Geschwindigkeit, bis ich nur noch zu kriechen scheine, für den Fall, dass einer der Insassen mich sehen sollte, obwohl drei Spuren zwischen uns liegen. Ich spähe aus dem Fenster, als ich näher heran bin, und mir bleibt die Luft weg.
Dieses Profil würde ich überall erkennen. Es ist James auf dem Beifahrersitz.
Und nun? Ich habe nicht wirklich damit gerechnet, sie zu finden, deshalb habe ich nicht so weit gedacht. Aber ich schätze, der Plan ist klar: James töten, bevor der Doktor bei Marina ist. Egal wie.
Ich setze den Blinker und reihe mich wieder in die rechte Spur ein. Ich wünschte, ich hätte etwas von Finn gehört. Er sollte Marina mittlerweile eingeholt und mich angerufen haben, damit ich weiß, dass sie in Sicherheit ist. Ich manövriere den Chevy in eine Position, zwei Spuren und mehrere Wagenlängen hinter ihnen, und folge ihnen langsam weiter die 14. Straße entlang und auf die Ausfahrt Richtung Pentagon City.
Pentagon City ist wie eine eigene kleine Stadt, voller Hochhäuser und gewaltiger Gebäude, die Beratungsgesellschaften der Regierung und private Rüstungskonzerne beherbergen. Ich folge Richter durch die Straßen und beobachte von einer roten Ampel aus, wie er seinen Wagen in die Tiefgarage eines unscheinbaren Bürogebäudes zwischen zwei Luxusapartmenthäusern lenkt. Das Einzige, was an diesem Gebäude meine Aufmerksamkeit erregt, ist ein Mann im Anzug, der am Häuschen des Parkwächters steht.
Ich habe schon viele Parkwächter gesehen, und selbst die Mitarbeiter des Parkdienstes vom Lieblingsrestaurant meiner Mom in L . A. – die die Schlüssel der Bentleys und Aston Martins von Filmstars entgegennehmen – tragen keine Anzüge.
Ich stelle den Chevy im absoluten Halteverbot eine Straße entfernt ab und steige aus. Ich sehe auf meinem Handy nach, ob Finn angerufen hat – nichts –, und stecke die Pistole in den Gürtel. Die Tasche mit dem Rest unserer Habseligkeiten lasse ich auf dem Rücksitz liegen. Ich rechne nicht damit, den Wagen je wiederzusehen. Koste es, was es wolle, ich werde James in diesem Bürogebäude aufspüren und es zu Ende bringen.
Natürlich kann ich nicht einfach hineinspazieren. Irgendwie muss ich es schaffen, in meiner Jeans und meinem Kapuzenpulli zu wirken, als würde ich in dieses gepflegte Gebäude gehören. Und zwar lange genug, um ihn zu finden, ohne Aufmerksamkeit zu erregen. Finn wüsste, wie man so was anstellt. Ich versuche, wie er zu denken, und sofort wandert mein Blick zu der Pizzeria auf der anderen Straßenseite.
Ein paar Minuten später komme ich aus Little Romeo’s mit einer kleinen Käsepizza – die, wie ich selbst unter diesen Umständen bemerke, einfach himmlisch riecht – und einer Flasche Cola. Während ich auf das Bürogebäude zugehe, übe ich ein gelangweiltes Gesicht, was schwierig ist, weil mein Herz so rast. Aber ich muss ruhig bleiben und logisch denken. Nur so kann ich Marina helfen.
Außen am Gebäude ist ein Messingschild angebracht, das die einzelnen Büros auflistet: Zahnarztpraxis Sheen und Goldberg, Republic Gas and Petroleum, einige Anwaltskanzleien und etwas, das Associated Institutes of Research heißt. AIR . Der Name ruft eine vage Erinnerung wach. Rina, die zu den Leuten gehörte, die mit uns in dem Haus in West Virginia festgenommen wurden, arbeitete im Geheimdienstsektor, bevor die Welt an den Rand des Wahnsinns geriet. Sie erzählte uns von den Organisationen, die als Deckfronten verschiedener Geheimdienste fungierten, und ich bin mir sicher, dass sie auch AIR erwähnte. Ich würde mein Leben verwetten, dass die Associated Institutes of Research in Wahrheit die SIA sind und dass James und Richter in diesen Büros sind.
Was gut ist, denn im Grunde tue ich genau das: Ich verwette mein Leben.
Ich hole tief Luft und drücke die Tür zur Lobby auf. Ich habe schon Dutzende Male Orte betreten, an denen ich
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