Zeitsplitter - Die Jägerin: Roman (German Edition)
wieder versuchen. Also, was bleibt mir anderes übrig, als sie zu beseitigen?«
Marina. Ich wimmere in seine Hand hinein.
»Es tut weh, nicht wahr?« Seine Stimme ist rau. »Ich hätte verstanden, wenn du versucht hättest, mich umzubringen. Ich habe alles nur Erdenkliche getan, um dich davon zu überzeugen, dass das, was ich tue, richtig ist. Ich weiß natürlich, dass du Probleme hast, es so zu sehen. Aber dieser Junge, der so unschuldig ist? Wie konntest du nur, Marina? Wie konntest du das tun?«
Ich schließe die Augen. Tränen brennen darin.
»Jetzt wirst du erfahren, wie es sich anfühlt.« Er lässt mich los, und noch während ich Luft für einen Hilfeschrei hole, spüre ich den Stich einer Injektionsnadel, und die Welt wird schwarz.
Ich wache auf dem Bürgersteig mit einem schmerzenden Nacken und einem verzweifelten Finn neben mir auf.
»Gott sei Dank«, stößt er hervor und streicht mir das Haar aus dem Gesicht. »Was zum Teufel ist passiert?«
Einen Moment lang kann ich wegen des wilden, erstickenden Schluchzens nicht sprechen, das in meiner Kehle aufsteigt. »Der Doktor ist hier.«
»Was?«
»Der Doktor! Er ist hinter Marina und Finn her.«
Finn wird grau im Gesicht. »Warum hinter ihnen? Warum bringt er nicht einfach uns um?«
»Weil er weiß, dass wir nur wieder zurückkehren und es noch mal versuchen würden«, sage ich. »Wenn er sie jetzt tötet, bevor Cassandra gebaut ist …«
»Wird er sich wegen uns nie wieder Sorgen machen müssen«, vollendet Finn meinen Satz. Er schlägt mit der Faust auf den Beton. »Ich habe Cassandra so programmiert, dass sie als Datum unserer Zeitreise den siebten angibt. Er hätte erst morgen herkommen sollen.«
Es kostet mich einige Mühe, auf die Beine zu kommen. Finn hilft mir. »Er muss früher gekommen sein, weil er dachte, dass er uns umbringen könnte, wenn wir im Vorratslager auftauchen.«
»Dann hat ihm etwas verraten, dass wir schon angekommen sind.« Finns Hand schließt sich enger um meinen Ellbogen. »Du glaubst doch nicht …«
»Connor.« Wie sonst hätte er erfahren sollen, dass wir schon da waren, wenn nicht von unserem Mitverschwörer? »Wenn er ihm etwas angetan hat …«
»Er wird nicht da sein, um uns bei der Flucht zu helfen«, sagt Finn. »Das hier ist unsere letzte Chance.«
»Komm schon!« Ich laufe auf das Auto zu, Finn direkt hinter mir. Ich werde nicht langsamer, auch wenn mir alles so wehtut, als würde ich an den Gelenken auseinanderreißen. Was für ein Mittel hat mir der Doktor gespritzt? »Du musst Marina und Finn suchen und für ihre Sicherheit sorgen. Ruf mich sofort an, wenn du sie gefunden hast. Ich schnappe mir James.«
Ich ziehe die Fahrertür auf, aber noch bevor ich mich ans Steuer setzen kann, packt Finn meine Hand. Der Ausdruck in seinen Augen lässt mich innehalten, aber ich brauche einen Moment, um zu begreifen, warum.
Ich werde entweder James umbringen, oder der Doktor wird Marina umbringen. Was bedeutet, dass das hier das Ende ist.
Er küsst mich sanft. »Ich liebe dich.«
Ich lasse mir noch eine letzte Sekunde Zeit, um mir sein schönes Gesicht einzuprägen. »Ich liebe dich auch.«
Er gibt mir den Autoschlüssel. »Ich sehe dich auf der anderen Seite.«
E INUNDDREISSIG
Marina
Im Taxi schalte ich mein Handy ein. Finn und ich sind schon fast bei mir zuhause, aber meine Mutter könnte jeden Moment abreisen, wenn sie das nicht schon getan hat. Ich muss aus dieser Stadt raus. Alles andere verblasst vor dem Bedürfnis, sofort so weit wie möglich von James Shaw wegzukommen. Ich wähle Moms Nummer, ohne vorher die drei Nachrichten von meinen Eltern auf der Mailbox abzuhören.
»Marina!« Sie hebt nach dem zweiten Läuten ab. »Geht’s dir gut?«
»Schätze schon«, sage ich. Es gibt keine Worte dafür, wie es mir geht.
»Du bist in ernsten Schwierigkeiten, junge Dame.«
»Ich weiß«, sage ich. »Ich bin auf dem Weg nach Hause. Und ich will mit nach New York.«
Etwas in meiner Stimme stimmt sie milde. »Es ist gut für dich, Schatz. Davon bin ich fest überzeugt.«
Es spielt keine Rolle. In diesem Augenblick spielt nichts eine Rolle. »Bis gleich.«
»Alles okay?«, fragt Finn leise, als ich aufgelegt habe.
Ich schüttle den Kopf. Der Zorn, der in mir gebrannt hat, ist verraucht und hat mich kalt und leer zurückgelassen. Es fühlt sich an wie damals, als ich mir den Fuß an einer zerbrochenen Flasche aufgeschnitten hatte. Der Arzt in der Notaufnahme gab mir ein Anästhetikum, um die Wunde zu
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