Zeitsplitter - Die Jägerin: Roman (German Edition)
wir uns geweigert haben, dich zu unterstützen. Und ich denke, dass du uns auf deine eigene Art vermisst. Du wirst zu diesem Zeitpunkt schon sehr lange niemanden mehr an dich herangelassen haben, weil du zu sehr auf deine Mission konzentriert bist. Und wahrscheinlich vermisst du den Teil von dir, der das mal konnte.«
»Aber jetzt weiß ich all das doch«, sagt James. »Ich werde nicht zulassen, dass das noch mal passiert.«
Ich schüttle den Kopf. »Ich habe es versucht. Es funktioniert nicht. Kannst du mir versprechen, dass du Cassandra nicht bauen wirst, jetzt, da du weißt, dass du es kannst?«
James zögert.
»Siehst du?«, sage ich. »Du musst es tun. Und sobald du es tust, fällt der Rest der Geschichte an seinen Platz, so wie Dominosteine. Das hier ist meine fünfzehnte Reise in die Vergangenheit. Ich habe mir selbst eine Liste geschickt, auf der alles steht, was ich versucht habe, um die Zukunft zu verhindern. Ich habe mit dir und Nate und Dr. Feinberg gesprochen. Ich habe versucht zu bewirken, dass du nach Princeton gehst und nicht an die Johns Hopkins, und ich habe versucht, dich von der Uni werfen zu lassen. Ich habe deinen Computer zerstört und all deine Aufzeichnungen. Ich habe den Ingenieur beseitigt, der dir geholfen hat, Cassandra zu bauen. Ich habe alles versucht, um das hier zu verhindern, aber nichts hat funktioniert. Es tut mir leid, James, aber du bist doch derjenige, der mich immer davon überzeugen wollte, dass manchmal Menschen für das Wohl der Allgemeinheit sterben müssen.«
Ich hebe die Pistole, und James stürzt sich auf mich.
V IERUNDDREISSIG
Marina
Mein Kopf fühlt sich so schwer an, als wäre er einbetoniert. Ich kann nichts sehen oder hören, spüre nur den Sog der Schwerkraft, der an mir zieht. Ich versuche, den Kopf zu heben, spanne die Nackenmuskeln an, aber mein Kinn fällt zurück auf die Brust. Ich höre ein leises Stöhnen von irgendwoher.
Warte mal. War ich das?
Ich öffne mit Mühe die Augen, es ist, als müsste ich in einem See voller Sirup an die Oberfläche schwimmen. Als sich meine verschwommene Sicht klärt, erkenne ich, dass ich in einem seltsamen Haus bin. Ich sehe mich mit nur mäßiger Neugier um. Die Wände sind mit weißem Holz getäfelt, und das Mobiliar wurde offenbar mit größter Sorgfalt so gewählt, dass nichts zusammenpasst. Die Gemälde zeigen Meereszenen, und alle Lampen sind aus Messing. Wir müssen in irgendeinem Strandhaus sein.
Ich mag den Strand, denke ich benebelt.
Ich versuche aufzustehen und stelle fest, dass ich es nicht kann. Es ist seltsam. Ich lehne mich wieder nach vorn, nur um im selben Moment zurückgerissen zu werden. Der Nebel um meinen Verstand lichtet sich ein wenig mit jedem neuen Versuch. Ich mühe mich auf meinem Stuhl ab und begreife endlich, dass meine Handgelenke an die Holzbretter gefesselt sind, die die Rückenlehne bilden.
»Hilfe«, krächze ich leise, obwohl ich es schreien wollte.
Ich drehe den Kopf und entdecke Finn neben mir, der ebenso wie ich an einen Holzstuhl gefesselt und noch bewusstlos ist. Ich strecke meinen Fuß aus, um ihn anzustoßen.
»Finn!« Meine Stimme ist halb ein Flüstern, halb ein Schluchzen. »Wach auf!«
Finn gibt ein leises Geräusch aus der Tiefe seiner Kehle von sich, und die Muskeln in seiner Stirn ziehen sich zusammen, doch er wacht nicht auf. Er muss wohl noch im Sirup schwimmen.
»Finn, bitte«, stöhne ich, während ich an meinen Fesseln zerre. Ich kann das – was immer es ist – nicht allein durchstehen.
»Er wird bald aufwachen«, sagt eine Stimme.
Mein Kopf fährt herum. In der Tür lehnt Nicht-James, die Arme entspannt vor der Brust verschränkt.
»Nein, nein, nein …« Ich kneife die Augen zu. Ich sehe das nicht.
»Er ist schwerer als du«, sagt der Mann in der Tür, »deshalb musste ich ihm einen heftigeren Schock verpassen. Aber es sollte jetzt nicht mehr allzu lange dauern.«
»Wer bist du?«, frage ich mit noch immer geschlossenen Augen. »Was willst du von uns?«
»Du weißt, wer ich bin.«
»Nein, weiß ich nicht!« Ich reiße an meinen Fesseln, bis ich sicher bin, dass meine Handgelenke gleich brechen werden.
»Marina.« Ich höre ihn näher kommen, spüre, wie er sich zu mir beugt und sein Gesicht ganz nah an meines bringt. »Schau mich an.«
Ich presse die Lippen zusammen, um nicht zu wimmern, und schüttle den Kopf.
Er legt seine Hände an meine Wangen, und ich erschauere. »Öffne die Augen.«
Ich will sie nicht öffnen, aber ich kann es nicht
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