Zeitsplitter - Die Jägerin: Roman (German Edition)
Weihnachtsbeleuchtung! Ich drehe mich zu Finn um und sehe, dass seine Augen so weit aufgerissen sind wie meine.
»War es immer schon so schön, und wir haben es nur nie gemerkt?«, frage ich ihn.
Er nimmt meine Hand, ohne zu antworten, und wir starren ehrfürchtig weiter auf unsere alte Welt, bis Connor auf einen Burger-King-Parkplatz einbiegt, wo der Bus schon wartet.
Connor bezahlt beim Fahrer unsere Tickets und gibt mir den Rest der Scheine aus seiner Brieftasche. Ich wünschte, ich könnte protestieren, aber ich weiß, dass wir sie brauchen werden. Er schüttelt Finns Hand und umarmt mich ungelenk, während der Fahrer das letzte Gepäck einlädt.
»Als ich klein war«, flüstere ich in sein Ohr, »hatte ich einen imaginären Freund namens Miles. Er war ein lila Känguru.«
»Äh.« Connor lässt mich los. »Okay.«
»Niemand sonst weiß davon«, sage ich. »Niemand.«
»Oh, also so …«
»So werde ich wissen, dass ich dir vertrauen kann«, sage ich.
»Kapiert.«
Finn berührt meinen Ellbogen. »Der Bus fährt gleich ab.«
»Bis später, schätze ich«, witzelt Connor. Ich blinzle und sehe ihn durchsiebt von Löchern, sein freundliches Gesicht bespritzt mit Blut, während er zu Boden fällt. Ich blinzle erneut, und er steht wieder vor uns, lächelnd und jung und unversehrt.
»Du bist der Beste, Mike«, sage ich. Als er geht, füge ich ihn der Liste von Leuten hinzu, die ich hoffentlich nie wieder sehe.
S ECHS
Marina
James isst seine Orange auf dem Rücksitz des Leihwagens, der uns zum Mandarin Oriental bringt. Von den Empanadas hängt immer noch etwas Puderzucker in seinem Mundwinkel. Wenn ich Sophie oder Tamsin wäre, würde ich mich zu ihm beugen und den Puderzucker abwischen, wobei meine Finger verführerisch an seinem Mund entlangstreichen würden. Es würde ihn wild vor Lust machen, und er würde mich in seine Arme reißen und küssen. Ich versuche, mich zu bewegen. Ich strecke die Hand nach ihm aus, verliere aber den Mut. Stattdessen greife ich mir ins Haar und schiebe eine nichtexistente Strähne zurück an ihren Platz. Ich kann es nicht. Ich sitze starr in meinem Sitz und verliere kein Wort über den Puderzucker. Wenigstens kann ich genießen, wie süß er damit aussieht.
Finn wartet in einem schlecht sitzenden Smoking vor dem Hotel auf uns. Er macht eine umständliche Verbeugung, als wir aus dem Wagen steigen. »Mylord Shaw! Und Lady Marina aus dem House of Snobs!«
Er greift nach meiner Hand und küsst sie tatsächlich. Ich entreiße sie ihm, bevor es jemand sieht. Warum muss er immer versuchen, mich wie eine Idiotin aussehen zu lassen?
»Hast du in Parfum gebadet?«, frage ich. Die Wolke, die ihn umgibt, ist dick genug, um Vögel aus der Luft zu holen. »Weißt du, da gibt es etwas, das heißt Seife …«
»Es ist Eau d’Homme «, sagt er, während er seine Fliege zurechtrückt. »Du weißt, dass du da nicht widerstehen kannst.«
Ich würge.
»Ach, und ganz nebenbei«, sagt Finn und dreht den Kopf zu James. »Du hast Essensreste im Gesicht.«
James wischt sich den Puderzucker von den Lippen und tut so, als würde er mich wütend anfunkeln. Ich unterdrücke ein Lächeln.
Wir folgen dem Strom elegant gekleideter Menschen in den Ballsaal des Hotels. Der Vizepräsident spricht heute Abend, daher wird streng auf Sicherheit geachtet. Agenten des Secret Service sind in regelmäßigen Abständen im ganzen Hotel postiert, und unsere Einladungen und Ausweise werden gründlich geprüft, bevor man uns durch die Metalldetektoren winkt. Sobald wir durchgecheckt sind, führt uns ein Bediensteter zu unseren Plätzen – drei Stühlen an einem großen runden Tisch im hinteren Teil des Ballsaals. Zwei weitere Paare haben bereits Platz genommen, und ich sehe, wie sich ihre Gesichter deutlich verdüstern, weil drei Teenager an ihren Tisch gesetzt werden.
Der Ausdruck auf dem Gesicht einer der Frauen ändert sich, als sie James erkennt. Sie hebt ihr Weinglas mit einer Hand, an der schwere Juwelen hängen – »Neureiche« würde meine Mom jetzt sagen –, und flüstert ihrem Mann etwas zu. Der Kopf des Mannes fährt herum, um James anzustarren, der jedoch zu beschäftigt damit ist, sein Handy auszuschalten, als dass er es bemerken würde. Ich bin drauf und dran, sie zu fragen, ob ihre Eltern ihnen nicht beigebracht haben, dass es unhöflich ist, andere Leute anzuglotzen. Das Essen würde dann zwar ein wenig unangenehm, aber das wäre es wert. Da räuspert sich Finn neben mir vernehmlich.
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