Zeitspringer
entscheiden. Freudel waren in ihren Motivationen oft sehr ungewöhnlich, und was Quellen anging, mochte Galuber bei seiner Ehefrau therapeutisch etwas bewegen wollen, indem er sie mitgenommen hatte.
Außerhalb der Gruppe sagte Judith: »Ich bin so froh, daß du gekommen bist, Joe. Ich hatte schon befürchtet, du wolltest dich aus der Affäre ziehen.«
»Ich hatte doch versprochen, daß ich komme, oder?«
»Ja, ich weiß. Du hast aber eine Neigung, vor möglicherweise feindseligen Erlebnissen in der Gemeinschaft zurückzuweichen.«
Quellen ärgerte sich.
»Du fängst schon wieder an, mich zu freudeln. Hör auf damit, Judith. Ich bin gekommen, nicht wahr?«
»Natürlich.« Ihr Lächeln wirkte plötzlich herzlich. »Ich freue mich sehr. Ich wollte dich nicht angreifen. Komm, ich mach’ dich mit Doktor Galuber bekannt.«
»Muß das sein?«
Sie lachte.
»Wie gesagt, du hast eine Neigung, dich vor möglicherweise –«
»Gut, gut. Führ mich hin.«
Sie gingen durch das Zimmer. Quellen war durch Judiths Nacktheit aus der Fassung gebracht. Ein polymerisierter Farbstreifen war eigentlich keine Kleidung. Er konnte unter dem dunklen Blau ihre Gesäßbacken unterscheiden. Sie wirkte entblößter als bei völliger Nacktheit. Die Wirkung war herausfordernd und beunruhigend. Ihr schlanker, fast knochiger Körper reizte ihn auf fast unerträgliche Weise, besonders im Rahmen dieser Umgebung. Auf der anderen Seite war Mrs. Galuber praktisch genauso entblößt, aber Quellen hätte ihr am liebsten eine Decke über die Schultern geworfen, um das Schandbare zu verdecken.
Der Freudel sah Quellen freudelhaft an.
»Es ist mir eine Freude, Sie kennenzulernen, Mr. Quellen. Ich habe viel von Ihnen gehört.«
»Davon bin ich überzeugt«, erwiderte Quellen nervös. Es enttäuschte ihn, daß Galuber trotz seines vielversprechend teutonischen Namens nicht den rituellen mitteleuropäischen Akzent nachahmte, den die meisten Freudels annahmen. »Ich wußte nicht, daß Männer in Ihrem Beruf solchen Sekten angehören.«
»Wir nehmen spirituelle Erlebnisse jeder Art auf«, erklärte Galuber. »Gibt es irgendeinen Grund, weshalb wir sie zurückweisen sollten?«
»Eigentlich nicht.«
Der Freudel wies mit einer Kinnbewegung auf seine Frau.
»Jennifer und ich gehören schon seit über einem Jahr einer Gemeinschaftserbrech-Gruppe an. Das hat uns bemerkenswerte Einsichten gebracht, nicht wahr, Liebste?«
Mrs. Galuber lächelte wieder einfältig. Sie beäugte Quellen auf so unverhohlen sexuelle Weise, daß ihn ein Stich durchzuckte.
»Es war außerordentlich aufschlußreich«, bestätigte sie. Sie hatte eine warme, tiefe Stimme. »Jede Art zwischenmenschlicher Beziehung ist günstig, finden Sie nicht? Soll heißen, wir erreichen Kathexis auf jene Art, die unseren Bedürfnissen am besten entspricht.« Jennifer Galubers üppiges Fleisch schwabbelte, als sie jovial lachte. Quellen ertappte sich dabei, daß er die häßlichen, hochgereckten Wölbungen ihrer nackten Brüste anstarrte, und er wandte schuldbewußt und angewidert den Blick ab. Die Galubers müssen eine sehr seltsame Ehe führen, dachte er. Doch ich lasse mich von der fetten Hexe nicht für ein Zwischenspielchen entführen. Galuber mag mit Judith schlafen, aber es bringt mir nichts ein, wenn ich dafür mit seiner Frau ins Bett gehe, weil die Rollen nicht gleich sind.
»Ich dränge Doktor Galuber schon seit Monaten, zu einer unserer Zusammenkünfte zu kommen«, sagte Judith. »Aber er hat sich immer gewehrt. Er meinte, bis er und ich bei meiner Behandlung das richtige Stadium erreicht haben, könne er sich auf eine solch intime Ebene nicht begeben.«
»Es geht natürlich um mehr«, sagte der Freudel wohlwollend. »Wie immer. In diesem Fall ging es darum, der Gruppe das Handikap meiner Frau aufzuerlegen, was besondere Vorbereitungen verlangt. Jennifer ist eine Mutantin mit Galaktosemangel. Sie muß sich galaktosefrei ernähren.«
»Aha«, sagte Quellen verständnislos.
»Ein genetischer Zufall«, fuhr Galuber fort. »Sie kann überhaupt keine Galaktose verarbeiten, weil ein Enzymdefizit vorliegt. Galaktosevorboten würden sich anstauen, und es käme zu Zellschädigungen. Sie mußte also von Geburt an galaktosefrei essen, aber das führt zu anderen Problemen. Wegen dem Enzymdefizit kann sie Galaktose nicht aus inneren Kohlehydraten abspalten, was unbehandelt zu einer Verdrängung von Galaktolipiden durch Glukolipide im Hirn führen würde, zu einem stark geschädigten Blutbild,
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