Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)

Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)

Titel: Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Finney
Vom Netzwerk:
müssen wir mit dem Wissen, den Bohrproben, wenn Sie so wollen, unserer drei erfolgreichen Versuche verfahren. Sie müssen untersucht werden und können uns auf Jahre hinaus neue Erkenntnisse liefern. Aber es kann und darf keine weiteren mehr geben.« Seine Haltung änderte sich nicht, nur seine Stimme nahm einen Ton an, dem ich nicht zu widersprechen gewagt hätte. »Denn es stimmt nicht, es ist einfach nicht richtig, etwas zu wiederholen, nur weil wir entdeckt haben, dass wir es können. Es hat sich inzwischen gezeigt, dass durch die rasante Entwicklung technischen Könnens die Wissenschaft in der Lage ist, selbst die tiefsten Geheimnisse des Universums zu entschlüsseln. In unserem Kreis hier muss ich nicht die nur allzu offensichtlichen Beispiele dafür anführen und die Konsequenzen, die sich aus einer Missachtung ergäben. Die Lektion ist klar. Und ebenso klar sind die Gefahren eines einzigen weiteren Versuchs. Wir dürfen es nicht mehr wagen, in die Vergangenheit einzutreten, wir dürfen nicht mehr wagen, in sie einzugreifen – und sei es noch so geringfügig. Weil wir die Folgen nicht abschätzen können. Wir kennen noch nicht die Konsequenzen, die sich aus Mr. Morleys letztem Besuch ergeben haben, aber wenn wir irgendwelche ernsthaften Folgen aus den wenigen vorsichtigen Versuchen, die wir bislang unternommen haben, vermieden haben, dann hatten wir einfach nur großes Glück. Ein Mann ohne besondere Bedeutung, obwohl ich mir sicher bin, dass er sich selbst bedeutend genug fand, existiert nicht mehr. Hat niemals existiert, in einem sehr seltsamen, aber wahren Sinn.« Der große kahlköpfige Mann betrat buchstäblich auf Zehenspitzen den Raum. Als Colonel Esterhazy ihn erblickte, machte er ihm ein Zeichen, und der Mann drängte sich zu ihm vor, übergab ihm einen Stoß Papiere, murmelte etwas in sein Ohr, Esterhazy nickte, und ebenso lautlos, wie er gekommen war, verließ der Mann wieder den Raum. Danziger fuhr fort. »Ansonsten scheint unsere Welt im Grunde unverändert zu sein. Das nächste Mal könnte dies anders sein, auf unvorstellbare, katastrophale Weise anders. Dieses Projekt fortzuführen, wäre äußerst egoistisch und skrupellos, wäre unverantwortlich. Ich glaube, diese Besprechung war notwendig; es mussten einmal alle Einzelheiten zur Sprache kommen. Doch sollten wir bei allen Überlegungen eines nicht aus den Augen verlieren: Uns bleibt nur eine Wahl.«
    Er hielt inne, blickte sich um, als erwarte er Fragen zu einem Thema, das sich längst erledigt hatte. Ein Mann, der eine halbe Tischlänge von ihm entfernt saß, hob die Hand, ließ sie wieder sinken und hob sie dann erneut. Ich habe seinen Namen vergessen; es war ein junger Geschichtsprofessor von einer der Nobeluniversitäten im Osten des Landes, der mehr wie eine Witzfigur aussah. Danziger nickte ihm stirnrunzelnd zu, das Gesicht des Mannes rötete sich. Er hörte sich zumindest wie ein Professor an. »Natürlich haben Sie vollkommen recht, Dr. Danziger. Ich will das bestimmt nicht in Abrede stellen. Ich habe nicht an allen Treffen teilgenommen, es war mir nicht möglich, und ich gebe nicht vor, alles zu verstehen, was geschehen ist. Ich frage mich nur – denn alles in mir sträubt sich dagegen, dies hier aufzugeben –, ob nicht eine Möglichkeit gefunden werden könnte, um den, wie ich ihn nennen würde, absoluten Zuschauer einzuschleusen. Jemand, der von niemandem gekannt, von niemandem gesehen wird und kein Ereignis beeinflusst. Jemand, der, völlig verborgen, beispielsweise der ersten Aufführung von Hamlet beiwohnt. Mein Gott. Der sich lange vor der Aufführung vor den Zuschauern und den Schauspielern verborgen hält und lange danach. Oder ein absoluter Zuschauer bei – nun, es gibt mindestens eine Kabinettsitzung Disraelis, für die ich meine Seele hergeben würde, um alles darüber zu erfahren; niemand weiß wirklich darüber Bescheid, und es wäre so wichtig. Alles, was ich fragen möchte, ist: Könnte die Möglichkeit des absoluten Zuschauers nicht untersucht werden. Um einen Weg zu finden …«
    Doch Danziger schüttelte langsam seinen Kopf; die Stimme des Mannes verlor sich im Nichts. Danziger sagte: »Ich weiß, was Sie meinen. Und ich verstehe die Versuchung, denn ich spüre sie genauso wie Sie. Aber es gibt keine Möglichkeit, jemanden völlig zu verbergen; ich bin mir sicher, Sie verstehen das. Und ohne diese Sicherheit bleibt das Risiko bestehen; ein Risiko, das wir nicht auf uns nehmen können, wie wir nun erfahren

Weitere Kostenlose Bücher