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Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)

Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)

Titel: Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Finney
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über den Zwischenraum, ihr zweiter Fuß tastete nach dem Schild; nie mehr will ich solch einen Augenblick erleben – ich sah, wie Julias Fuß auf dem schneebedeckten Rand des Schildes aufkam, und zitterte, dass sie, wenn sie ihn verpasste, abrutschen und hinunterstürzen würde. Doch sie fand Halt, im glatten Schnee rutschte sie nur ein winziges Stück nach vorn, dann konnte sie sich an der Mauer des Times Building festhalten und stand, schwankend zwar und sehr unsicher, doch es war geschafft. Halb stolperte sie, halb fiel sie nach vorne und krabbelte weiter. Selbst in ihrer Angst erinnerte sie sich an mich und machte mir Platz.
    Aber ich trat nicht hinüber. Ich hangelte mich an das Ende meines Schildes und wartete; ich war mir nicht sicher, ob Julias Schild uns beide tragen würde. Zurückblickend sah ich die Frau nun auf dem Schild, die sich auf mich zubewegte. Julia hatte gerade das erste Fenster erreicht und noch bevor ich Zeit hatte, darüber nachzudenken, ob es offen sei, reckte sich der Arm eines Mannes heraus, ergriff Julia unter den Achseln und hob sie durch das Fenster hinein; ihre Füße strampelten, als sie verschwanden.
    Ich stand auf, trat ebenfalls über den Spalt und eilte zu dem Fenster. Als ich mich umdrehte, sah ich durch den Schneesturm die zweite Frau, die nun ebenfalls auf dem Schild war und sich vorwärtsbewegte. Der Mann wartete noch immer auf der Fensterbank ab, gelegentlich zuckte nun eine Flamme aus dem Fenster, die Hitze musste schrecklich sein. Ich warf ihm einen kleinen Gruß zu und lächelte in der Hoffnung, ihn damit zu ermutigen; er hatte wirklich starke Nerven. Dann war ich ebenfalls an dem Fenster angekommen, der Mann – jung und bärtig – half mir nach drinnen, und Julia und ich waren in Sicherheit.
    Ich hatte den Arm um ihre Taille gelegt und lächelte; mit beiden Armen hielt sie mich umschlungen, ihren Kopf presste sie an meine Brust. Sie sah zu mir auf, schüttelte den Kopf und murmelte, halb lachend, halb erleichtert: »Gott sei Dank.« Mit meinem freien Arm schüttelte ich die Hand des Mannes, der uns hereingeholfen hatte; er hieß Thompson, und dies war sein Büro. Ein ziemlich großer Raum mit einem Rollpult, zwei Holzstühlen, einem hölzernen Aktenschrank, einem Zeichenbrett und einigen einspaltigen Zeitungsanzeigen unterschiedlichster Art, die mit Reißzwecken an einem Nachrichtenbrett befestigt waren. Zwei Männer lächelten uns zu, von denen ich einen wiedererkannte: Dr. Prime vom Observer, der Mann, der mich vor einigen Tagen zum Hausmeister geschickt hatte. Er und der Mann neben ihm, sagte er, seien ebenfalls über das Schild entkommen.
    Thompson beugte sich jetzt aus dem Fenster, um der Frau von draußen hereinzuhelfen, während Julia und ich das Büro verließen. Wir nahmen den Gang zum Treppenhaus, ein Mann in Hemdsärmeln, der sich in seinen Mantel kämpfte, kam auf uns zugelaufen und sprach uns an, als wir die Treppe betraten; ein Reporter von der Times: Ob wir zu den Leuten gehörten, die über das Observer -Schild entkommen seien? Ich verneinte, sie befänden sich alle in Thompsons Büro. Dann rannten Julia und ich die Treppe hinunter.
    Wir traten in den Wind und den peitschenden Schnee, sofort schrie uns eine Stimme wütend hinterher. Ich sah auf; ein Feuerwehrmann gestikulierte wild und winkte uns über die Straße aus der Gefahrenzone. Rote Kohlen aus dem Ofen des großen Messingzylinders kullerten zwischen den großen roten Rädern des Wagens in den schmelzenden Schnee.
    Bevor wir uns in Bewegung setzen konnten, rannten vier oder fünf Männer an unserem Eingang vorbei; sie trugen eine lange Ausziehleiter, die auf dem Leiterwagen gewesen war. Einer der Männer, ein stämmiger, wild blickender Mann mittleren Alters mit einem stumpfen Zylinder und einem dicken, blauen Schal, brüllte mir, als sie vorbeikamen, direkt ins Ohr: »Helfen Sie uns! Rasch!« Julia und ich rannten mit ihnen mit, sie setzten die Leiter ab, und ich half ihnen, sie an das brennende Gebäude zu lehnen und aufzurichten. Als wir mit dem eingebauten Flaschenzug die Leiter ausfuhren, hatte ich die Möglichkeit, hochzublicken und zu sehen, was die Männer vorhatten.
    Drei Männer in Hemdsärmeln und Weste, einer trug sogar noch seinen grünen Augenschirm, standen auf den Simsen dreier nebeneinanderliegender Fenster im vierten Stock und starrten durch den Schneevorhang zu uns herunter. Der Mann im Fenster, das dem Times Building am nächsten lag, befand sich in Panik; er hatte die

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