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Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)

Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)

Titel: Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Finney
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nachlassen. Dann loderte der Papierhaufen unten im Schacht explosionsartig auf. Es war nun kein Knistern mehr; das Geräusch des Feuers glich dem Tosen eines Wasserfalls, die Flammen züngelten bis in das erste Stockwerk hoch, und wir spürten bereits die Hitze.
    Das konnte nicht mehr aufgehalten werden, und wir konnten nicht mehr länger warten. Ich stemmte mich mit der linken Schulter gegen die Bretter, drückte mit dem rechten Fuß und krachte durch die Tür; die losen Bretter fielen ins Büro. Ich griff Julias Hand, und wir stiegen über die untersten beiden Bretter, die sich noch an ihrem ursprünglichen Platz befanden. Jake, auf Händen und Knien, hatte mit beiden Händen Carmodys Fuß und Fußgelenk umklammert, Carmody hüpfte wütend auf dem anderen, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Ihre Köpfe fuhren herum, sie blickten uns vollkommen entgeistert an. Und einen Moment lang waren sie wie erstarrt, ein Stillleben – Carmody auf einem Bein, Jake auf den Knien, mit den Händen hielt er den Fuß des anderen Beins umklammert.
    »Raus hier!«, schrie ich. »Wir müssen raus! Um Gottes willen, schaut doch!« Ich zeigte auf die Tür zum Schacht; die Flammen waren nicht zu sehen, der Lärm aber war zu hören und die wabernde heiße Luft, die hochstieg. Dann zog Jake mit aller Kraft an Carmodys Bein, der andere Fuß auf dem aufgeschichteten Papierhaufen schoss unter ihm weg, und er stürzte zu Boden. Wie ein Tier sprang Jake nach vorn und warf sich auf Carmody; sie rollten über den Boden. Ich wusste nicht, ob Jake begriffen hatte, dass das brennende Papier den Schacht hinuntergefallen und das Feuer nicht mehr zu löschen war, oder ob er den Verstand verlor, als er sah, dass alles, worin er seine Hoffnungen gesetzt hatte, nun vernichtet war. Aber draußen im Gang hörte ich eilige Schritte, und jemand schrie: »Feuer!« Schritte stürzten die Treppe vom oberen Stockwerk herunter, eine Frau kreischte. Immer wieder wurde »Feuer!« gerufen, und nun war es Julia, die sich sträubte. Die beiden ringenden Männer auf dem Boden waren gewarnt, es stand ihnen frei zu gehen. Ich hielt Julias Hand fest umklammert und wandte mich zur Tür, aber sie versuchte sich loszureißen und schrie, »Jake! Jake! Um Gottes willen, geh!« Ich hielt sie so fest, dass ich befürchtete, ihr die Knochen zu brechen, zog sie zur Tür und öffnete sie. Ich versuchte zu verhindern, dass sie sich am Türrahmen festkrallte, und zwängte sie hindurch; dann schob ich sie über den kleinen Gang zur Treppe.
    Im gesamten Gebäude hörten wir Schreie, polternde Schritte und Namen. Ich war Julia einen halben Schritt voraus und zog sie an der Hand hinterher, in fliegender Hast wandten wir uns zur Treppe, darauf bedacht, nicht zu stolpern – dann brachte uns das Treppengeländer abrupt zum Stehen. Die Treppe war frei, wir konnten über das Geländer ins Treppenhaus sehen; ebenso der Treppenabsatz und die nächste Treppenflucht zum zweiten Stockwerk. Aber vom zweiten Stock zum ersten waren die Treppenzugänge direkt neben dem Aufzugsschacht nicht mehr zu erkennen; eine Wand orangefarbener Flammen und dicker schwarzer Rauch hüllten sie ein. Ein Mann in Hemdsärmeln, den Stift noch in der Hand, und zwei Frauen starrten ratlos und fasziniert zugleich auf die röhrende schwarzorange Wolke unter ihnen. Plötzlich fuhren sie herum und rannten auf uns zu.
    Wir eilten vor ihnen die Stufen hoch und so schnell wir konnten den langen Gang hinunter, der das ganze Gebäude durchzog und zur Treppe an der Park Row führte. Julia versuchte an dem Flur, der zu Jakes Büro abzweigte, stehen zu bleiben, ich hielt sie aber am Handgelenk fest und schrie, dass sie wahrscheinlich schon fort seien. Dann waren wir vorbei, unsere Schritte dröhnten auf den Holzdielen. Aber so schnell wir auch waren, wir kamen zu spät.
    Im Treppenhaus schauten wir über das Geländer, vom ersten bis zum zweiten Stock loderten auf der Park-Row-Treppe die Flammen, die langsam auch die Stufen hochkrochen.
    Offensichtlich hatte sich das Feuer überall in den unteren Stockwerken ausgebreitet; der ganze untere Teil des Gebäudes musste in Flammen stehen. Der Mann und die beiden Frauen, die uns gefolgt waren, waren jetzt bei uns. Als wir uns umdrehten und zurückblickten, waren die Flammen bereits im anderen Treppenhaus, weit hinter uns, angekommen. Sie züngelten dort weiter, berührten bereits die Unterseite der nächsten Treppenflucht, und dann standen auch deren Stufen in Flammen; nun merkte ich

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