Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)
nickte ich deshalb und sagte etwas unbestimmt: »Na schön, Colonel, Rube, ich denke, ich habe meine Mission erfüllt. Wie sinnvoll es für Sie ist, Ereignisse aus längst vergangenen Zeiten zu untersuchen, während ich mich mit allen damit verbundenen Gefahren auf sie eingelassen habe, das können nur Sie und Ihre Leute entscheiden. Aber jetzt möchte ich mich wieder um meine eigenen Dinge kümmern; ich muss über einiges nachdenken. Und was ich mir nur noch wünsche, wenn Sie hier mit mir fertig sind, ist«, ich lächelte, »eine ehrenhafte Entlassung.«
Beide schwiegen eine Weile. Sie sahen erst mich, dann sich an. »Nun«, sagte Esterhazy schließlich, »bevor wir uns diesem Wunsch zuwenden, Si, möchte ich Sie etwas wissen lassen. Es steht Ihnen frei, zurückzutreten. Sie haben Ihre Arbeit ausgezeichnet erledigt, haben alles getan, was man von Ihnen erwarten konnte, und noch mehr. Aber ich bin mir sicher, es interessiert Sie zu hören, was ich Ihnen sagen möchte. Und dann überdenken Sie vielleicht noch einmal Ihre Entscheidung, zum jetzigen Zeitpunkt zurückzutreten.«
Eine Frau, die ich hier noch nie gesehen hatte, öffnete die Tür. »Die anderen sind da, Colonel.«
»Schön. Schicken Sie sie herein.« Esterhazy erhob sich von seinem Schreibtischstuhl und blickte mit freundlichem Lächeln zur Tür.
Zwei Männer betraten den Raum. Ich kannte sie. Der eine war der junge Geschichtsprofessor mit der großen Nase und dem Wust dünner werdenden, schwarzen Haares, das ihm das Aussehen einer Witzfigur gab; sein Name war Messinger. Der andere war Fessenden, der Vertreter des Präsidenten, ein Mann um die fünfzig, der sein dünnes graubraunes Haar mehr oder weniger geschickt über den glänzenden Hinterkopf verteilt hatte. Beide nickten mir zu, und Professor Messinger kam sogar zu mir herüber, als ich mich erhob, und gab mir die Hand. »Willkommen zu Hause«, sagte er und hielt die Kopie eines Maschine geschriebenen Blattes hoch; es war mein Bericht vom letzten Trip. »Phantastisch«, sagte er und raschelte mit dem Papier, »einfach phantastisch«; er hörte sich sogar so an wie eine Witzfigur aus dem Film. Fessenden nickte mir förmlich zu, beschloss dann aber, es Messinger gleichzutun, fächelte mit seiner Kopie des Berichts und versuchte zu lächeln, was ihm nicht recht gelang; Herzlichkeit war nicht unbedingt ein Teil seiner Natur.
Rube brachte Klappstühle für die beiden Herren. Als wir in einem Halbkreis vor dem Schreibtisch Platz genommen hatten, setzte sich auch Esterhazy und sagte: »Sie sehen hier den neuen Vorstand versammelt, Si. Es fehlt nur der Senator, der heute eine Gesetzesvorlage durch den Congress bringen muss. Deswegen ist er entschuldigt. Und Professor Butt, an den Sie sich vielleicht erinnern können: der Biologieprofessor aus Chicago. Er ist beratendes Mitglied, ohne Stimme, und kommt nur, wenn sein Gebiet betroffen ist. Der alte Vorstand war zu unbeweglich; nun geht alles reibungsloser vonstatten. Jack, wollen Sie Si bitte über den Sachverhalt in Kenntnis setzen!«
Messinger sah mich freundlich an und lächelte leicht, während Fessenden ihn nicht aus den Augen ließ; ich hatte den Eindruck, er war auf Messinger eifersüchtig. »Nun, Mr. Morley – ich darf Sie ›Si‹ nennen?«
»Natürlich.«
»Schön. Nennen Sie mich bitte Jack. Auch wir waren nicht faul, Si, während Sie fort waren. Wir taten etwas Ähnliches wie Sie: Wir beschäftigten uns mit Mr. Andrew Carmody, wenngleich nicht so hautnah, wie Sie das taten. Ich war in Washington, begleitet von einer Sekretärin. Einer sehr guten, übrigens, obwohl«, er grinste Esterhazy an, »sie vielleicht etwas attraktiver hätte sein können. Wir waren im Nationalarchiv, unten im Keller, und stöberten die Aufzeichnungen der beiden Amtszeiten Clevelands durch, während der Rest meines Teams in anderen Bereichen des Archivs beschäftigt war. Carmody war wirklich ein Ratgeber Clevelands, einer von vielen in den Jahren, die Ihrem Besuch folgten, Si. Er begann, sich ab dem Frühjahr 1882 in der Politik zu engagieren, während Cleveland Gouverneur von New York war. Aus gelegentlichen Aufzeichnungen Clevelands, aus den Berichten über Zusammenkünfte und Hinweisen in zwei Briefen Clevelands erfuhren wir, dass er in Clevelands erster Amtszeit so etwas wie sein Freund war. Wie es dazu kam, weiß ich nicht; darüber gibt es keine Unterlagen, was auch nicht weiter überrascht. Sein Einfluss in dieser Zeit war gleich null, soweit wir Bescheid
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