Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)
worden, aber qualifizierte Leute sind immer noch sehr schwer zu bekommen. Daneben sind andere Bereiche des Projekts weiterbetrieben worden; Ihr Projekt ist ja nicht das einzige. Der Mann, der einige Sekunden im mittelalterlichen Paris verbracht hatte, ist noch einmal dort gewesen. Vor vier Tagen haben wir für zwanzig Minuten Denver im Jahre 1901 erreicht. Misserfolge hatten wir in North Dakota, in Vimy und in Montana. Und wir haben Probleme mit dem Winfield-Projekt in Vermont. Unser Mann dort war erfolgreich. Er hat zweimal den Sprung geschafft, beim zweiten Mal allerdings ist er nicht mehr zurückgekehrt. Wir wissen nicht, warum. Es gibt da zwar einige Spekulationen, aber wir wissen nichts Genaues. Worauf will ich nun hinaus? Ich sage Ihnen ehrlich und offen, dass wir ernsthafte Schwierigkeiten haben. Ich muss Ihnen sagen, dass Sie vielleicht der beste Mann sind, den wir jemals finden werden. Und ich muss Ihnen ebenfalls sagen, dass wir stark hoffen, dass Sie Ihre Entscheidung nochmals überdenken. Aber ich sage Ihnen auch, dass – sollten Sie sie nicht ändern …« Er hielt inne und sah mich an; in seinen Augen war nicht das kleinste Lächeln zu erkennen, ruhig und gleichmütig beendete er den Satz: »… wir einfach jemand anderen nehmen werden. Und wenn das Experiment nicht in New York City, 1882, mit Jacob Pickering durchgeführt werden kann, wird es jemand anderer an einem anderen Ort, zu einer anderen Zeit durchführen. Ich will mich mit Ihnen nicht streiten. Sie sollen nur eines wissen: es wird auf jeden Fall durchgeführt werden.«
Einige Sekunden lang sah Rube mir fest in die Augen. Dann huschte ein Anflug seines alten Lächelns über sein Gesicht und er sagte: »Ich stimme Ihnen – nicht in allem, und nicht in den wichtigsten Punkten – aber in vielem, was Sie gesagt haben, zu. Ihre Auffassung spricht für Sie. Aber, Si, ich kann nur wiederholen: Wir werden es tun, mit allen erdenklichen Vorsichtsmaßnahmen, aber wir werden es tun. Nun nehmen Sie sich Zeit und denken Sie ruhig darüber nach. Dann sagen Sie uns, was Sie tun wollen. Wie immer Ihre Entscheidung ausfällt, wir werden sie sofort und ohne weitere Diskussion akzeptieren.«
Ich nickte zustimmend und dachte nach, gründlicher als jemals in meinem Leben zuvor. Einmal wollte Messinger etwas sagen, aber Colonel Esterhazys gebot ihm mit einer Handbewegung zu schweigen. Er hatte sich auf seinem Stuhl zurückgelehnt, versuchte ganz entspannt auszusehen, um mich wissen zu lassen, dass ich alle Zeit hatte, die ich wollte. Wieder schwiegen wir lange, schließlich hob ich den Kopf.
»Gut«, sagte ich. »Mein Gewissen ist rein. Ich habe mein Bestes getan. Ich habe alles getan, um Sie von dem zu überzeugen, von dem ich immer noch glaube, dass es richtig ist. Und wenn von unserer Zusammenkunft heute Aufzeichnungen gemacht werden, dann möchte ich, dass das erwähnt wird. Aber nun – okay, Rube; ich will mich mit Ihnen nicht streiten. Wenn es durchgeführt wird, gleichgültig, was ich davon halte oder was ich denke oder tue, dann möchte ich dabei sein. Ich habe es begonnen, und bevor es ein anderer zu Ende bringt, möchte ich es lieber selbst tun. Und außerdem liegt mir eine Sache dabei sehr am Herzen: Ich bitte Sie darum, dass Jake Pickering so schonend wie möglich behandelt wird. Ich bin ungefragt in sein Leben getreten und habe ihm Schaden zugefügt. Ich bin zwar überzeugt davon, dass es gerechtfertigt war, aber ich will ihn nicht zerstören. Lassen Sie mich nur so viel tun: sein Ruf in seiner nächsten Umgebung – und nur der ist für Sie von Interesse – soll Schaden nehmen. Das wird ausreichen, es wird den Mann aber nicht ganz zerstören. Seine Zukunft wird schlimm genug sein; wir sollten ihm wenigstens nicht alles rauben. Wenn Sie damit einverstanden sind, dann mache ich es. Aber anschließend trete ich zurück.«
Alle waren es zufrieden, Rube und Esterhazy gaben sofort ihre Zustimmung. Dann schüttelte mir jeder die Hand und versicherte mir, dass ich diese Entscheidung sicher nicht bereuen würde, dass sie es nicht auf die leichte Schulter nähmen, dass sie schließlich sehr nüchterne, verantwortungsbewusste und äußerst wichtige Leute in Washington hatten überzeugen können und dass jede Vorsichtsmaßnahme beachtet werde. Nun riefen sie erneut Washington an: wann ich zurückgehen könnte? Ich sagte ihnen, ich brauche ein wenig Zeit, um mich um meine eigenen Angelegenheiten zu kümmern. Wie es mit einer Woche aussähe? Rube
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