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Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)

Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)

Titel: Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Finney
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glich nun einem plumpen Boot, das sich nur unwillig seinen Weg durch das Wasser zeigen lässt. Voller Furcht schaute ich zu, fürchtete um Frank und die Passagiere, die ich nun sehen konnte, und ich fürchtete um mich selbst, denn wie nie zuvor wurde mir nun bewusst, dass alle diese einfachen frühen Flugmaschinen – wie Roy Knabenshues komischer Ballon – heimtückisch und tödlich sein konnten.
    Tuckernd, schaukelnd bewegte sich die Maschine auf das im Fluss verankerte Floß zu. Dann stellte Frank den Motor ab, drehte das Ruder bei und brachte den Rumpf der Maschine – die Flügel gingen über das Floß hinweg – längsseits zum Floß. Sein Passagier, eine Frau, wie ich nun sah, stieg geschickt heraus und betrat das Floß; in ihrer Hand hielt sie eine Leine, die sie an einem Metallring befestigte. Frank beobachtete sie dabei – die Aufnahme zeigt diesen Moment. Dann warf er den Anker aus. Ich war schockiert über die Zerbrechlichkeit des Fluggeräts; das Ding, das dort auf dem Wasser lag, war kaum mehr als ein Papierdrachen! Aus Holz und gespanntem Stoff zusammengefügt. Nur die äußerst dünnen Flügel hielten den großen, schweren, sternförmigen Motor in der Luft. Dieser motorisierte Papierdrachen sah aus, als könne ihn jeder selber basteln. In fünfzehn Minuten. In ihm aufsteigen? Und damit über New York City fliegen?

    Die Frau auf dem Floß – Frank trat nun neben sie – trug ein langes blaues Kleid und eine Jacke mit einem großen Matrosenkragen. Sie sah schön aus, wie sie so lächelnd neben Frank stand, der der Menge an Land zulächelte.
    Dann ruderten sie an Land, Frank vertäute das Boot, und er und die Lady standen auf dem Pier in einem kleinen Kreis von Reportern mit Notizblöcken; einige von ihnen hatte ich bereits in Roy Knabenshues Zelt gesehen. »Haben Sie Ihre Rundreise in der Luft genossen, Mrs. Coffyn?«, rief einer von ihnen. Lächelnd wandte sie sich ihm zu. »Oh ja, es war herrlich!« Ihrem Gesicht nach zu urteilen, meinte sie das auch so. Sie mochte das bereits unzählige Male gesagt haben – um das Geschäft anzukurbeln –, aber sie meinte es wirklich. Jeder sollte über die Stadt fliegen, fügte sie hinzu. »Jeder, der fünf Dollar hat«, sagte Frank; alle lachten. Frank wandte sich zu der Bucht und einem einlaufenden Schiff um. Ein Reporter fragte, ob das sein zweiter Flug an diesem Tag gewesen sei. Ja, das war es. Ob er noch einmal aufsteige? Ja, er denke schon. Wieder blickte er zu dem einlaufenden Schiff hin. Es war noch immer weit entfernt, aber nun konnte ich zwei Fäden schwarzen Rauchs erkennen, die über den Schornsteinen aufstiegen. »Gentlemen«, sagte Frank zu den Reportern, »während meines ersten Flugs heute konnte ich beobachten, wie dieses Schiff gerade in die Narrows einlief; ich bin sofort dorthin und habe das Schiff in einer Höhe von hundertzwanzig Metern überflogen. Die Passagiere hatten sich am Bug versammelt, um, wie ich annehme, einen ersten Blick auf die Freiheitsstatue zu werfen.«
    »Haben sie Sie gesehen?«
    »O ja, natürlich. Sie begrüßten mich mit großem Hallo.« Und winkten mit ihren Hüten, setzte ich in Gedanken hinzu. »Das Schiffshorn ertönte, dann flog ich neben dem Schiff her, um den Namen lesen zu können; es handelte sich um die St. Louis. Schließlich versuchte ich, über dem Heck zu bleiben, doch das Schiff war zu langsam für mich. Selbst mit meiner niedrigsten Geschwindigkeit war ich ihm immer voraus. Die St. Louis war keine Konkurrentin für mich. Ich drehte daher ab, kehrte zur Battery zurück und hatte, wie Sie wissen, sogar noch Zeit für einen zweiten Flug, und die St. Louis ist noch immer nicht hier. Ich glaube fest daran, dass die Zukunft des Reisens«, und mit ausgestreckter Hand wies er nach oben, »dort liegt.« Dann deutete er auf das Schiff. »Und nicht mehr dort.« Er macht für sich Werbung, dachte ich. Dennoch lief es mir kalt über den Rücken, als ich ihn so reden hörte; er hatte ja so recht. Aber war er wirklich davon überzeugt? Wenn man auf sein zerbrechliches Gerät blickte, das dort draußen an dem Floß lag, dann fiel es schwer, das zu glauben. Nun nickte er den Reportern und der Menge freundlich zu, nahm seine Frau bei der Hand und ging mit ihr fort. Und diese Leute von 1912, die Reporter eingeschlossen, respektierten, dass die beiden sich nun zurückzogen; niemand folgte mit einer letzten Frage, niemandem kam in den Sinn, um ein Autogramm zu bitten.
    Sie gingen auf eine lächelnde junge Frau

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