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Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)

Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)

Titel: Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Finney
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sehr schmeichelhaften Dingen stand: ›wenn Sie Ihre Intelligenz nach der Größe Ihres Hutes bemessen‹, dann werden Sie das Stück vielleicht mögen.
    In der Kolumne ›Leserbriefe‹ fand ich dieses Schreiben. Coffyns ›Versicherung‹ konnte mich allerdings keineswegs davon überzeugen, dass ›Hydro-Aeroplane sicherer sind, als die Leute meinen‹.
    Was mir recht einleuchtend schien, war, dass ›wegen der Sorglosigkeit mancher Flieger und Flugzeugbauer, die zu krimineller Skrupellosigkeit auswuchs, das Ansehen der Fliegerei in diesem Land einige Blessuren abbekommen hat‹. Als ich diese Worte las, schauderte ich, denn plötzlich war mir klar geworden, dass ich in Frank Coffyns ›Hydro-Aeroplane‹ aufsteigen musste. Musste, tatsächlich musste. Denn wie sonst – ich warf hilfesuchend einen Blick über die Tische des Restaurants –, wie sonst sollte ich Manhattan Island in seiner ganzen Länge und Breite absuchen, um nach etwas Ausschau zu halten, von dem ich noch niemals gehört hatte? Wie sonst sollte ich nach einem Gebäude suchen, das dem Bug der Mauretania glich? O Rube, Rube, in welche Sache hast du mich hier reingeritten?
    Es war noch früh, also machte ich mich mit der Kamera auf zu einem Spaziergang. Dies sind der Broadway und die 23rd Street, die südöstliche Ecke des Broadway.

    Die folgenden Bilder zeigen den Broadway und die 9th Street, die nordöstliche Ecke der 9th (s. nächste Seite oben). Dort ist es immer noch recht schön und ordentlich, aber je weiter ich in dieses New York von 1912 vordrang, umso schäbiger wurde es. Ich warf einen Blick in Max’s Busy Bee Quick Lunch Room und dachte mir, falls Max hier jemals selber gegessen haben sollte, dann würde es jetzt vermutlich von seiner Witwe geführt werden.

    Aber jeder Blick, jeder Ton, selbst die Stimmen dieser Kinder (auf der Ann Street) faszinierten mich (s. oben). Auf der Fulton Street weckten sogar diese Stange (das Zeichen eines Barbierladens) und das Geschäft eines Schneiders – ist es nicht verständlich? – mein Interesse (s. unten). Und als ich dort war, wo die Männer gerade vorbeigingen, musste ich diese Aufnahme machen – obwohl ich mir dabei etwas verrückt vorkam (s. nächste Seite oben).

    Pier A lag dort, wo Frank es gesagt hatte; es ragte an der Westseite von Lower Manhattan, nicht weit von der Inselspitze entfernt, in den Hudson hinaus. An diesem Tag standen auf der mit Gras bewachsenen Uferfläche, auf einer Länge von jeweils etwa hundert Metern links und rechts von Pier A … ich weiß nicht wie viele Menschen; eine ganze Menge jedenfalls. Die Männer im dunklen Anzug und steifen weißen Kragen, die Frauen in langen bunten Kleidern, stumm; die Gesichter zu gebannt zum Himmel gewandt. Sie schienen alle tief in Gedanken versunken zu sein. Ich trat zu ihnen und schaute auf den grauen Hudson hinaus. Vor Pier A lag, auf den kleinen Wellen schaukelnd, ein Holzfloß – ein Ruderboot war daran festgemacht. Als ich meinen Blick weiter in die Ferne richtete, entdeckte ich auch, worauf diese stummen Menschen gestarrt hatten: ein Flugzeug, das in nicht allzu großer Höhe auf die Küste von Jersey zuflog.
    Im ersten Moment war ich mir nicht sicher, ob ich es wirklich hörte; dann, noch während ich es beobachtete, klein, tief fliegend, aber klar und deutlich, hörte ich das gleichmäßige Stottern des Motors. Es kam direkt auf uns zu und stieg dann steil nach oben, über die Bäume des Battery Parks hinweg. Frank Coffyn und sein weißes Flugzeug begannen vor dem blauen Himmel hin und her zu schaukeln; sie unterhielten uns hier unten auf der Erde, neigten sich elegant und weit zur Seite, mal zur rechten, dann wieder zur linken, und die Zuschauer brachen in ein lang gezogenes Oh der Begeisterung aus.
    Er entfernte sich wieder und flog eine Schleife. Wir sahen, wie er langsam wendete – einen Augenblick lang glitzerten die Sonnenstrahlen auf der Bespannung der Tragflächen. Dann kam er wieder in geringer Höhe über dem Wasser auf uns zu, wurde schneller, verlor aber diesmal an Höhe und ging runter; der Propeller war ein schimmernder Kreis. Tiefer … noch tiefer … dann erfasste ein Windstoß die linken Tragflächen, die andere Seite wurde nach unten gedrückt und berührte fast die niedrigen Wellen; sofort steuerte Coffyn dagegen und setzte auf dem Wasser auf; weiße Gischt schoss vor dem langbootähnlichen Rumpf hoch. Das Flugzeug wurde zu einer nur schwer manövrierbaren Masse. Es näherte sich uns, und

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