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Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)

Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)

Titel: Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Finney
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ich sah die bunten Tupfen, die eigentlich Menschen und Wagen waren – und fand schnell den weißen Turm des Times -Building, der sich einsam und konkurrenzlos in den Himmel bohrte. Als wir den Westen überflogen, lag das 19. Jahrhundert noch unverändert unter uns; lange braune Sandsteinbauten mit schwarzen Dächern zogen sich in Streifen über die Straßenkarte. Ich sah die neue, glänzend weiße Public Library an der 42nd Street, gleichzeitig erblickte ich vor meinem geistigen Auge das Reservoir, das dort einmal gestanden hatte. Weiter im Osten eine Ansammlung von Bauhölzern, Steinquadern und Rampen: die Grand Central Station, die gerade gebaut wurde. Bequem saß ich in der Maschine, glitt durch die Lüfte und blickte hinab auf die beiden, die Insel umrahmenden Flüsse, die von unterschiedlichem Grau waren  … Wir folgten den langen, in der Sonne glänzenden schmalen Spuren der Hochbahnlinien, die sich beidseits der Stadt erstreckten. Dann, ja, das war die 33rd Street, und das musste sie sein, das große weiße Rechteck, das in der Sonne funkelte, konnte nur die Penn Station sein. Im Osten, da, wo eines Tages das Empire State Building sich erheben würde, sah man die grünen Dachspitzen, Kuppeln und wehenden Fahnenmasten des großen Waldorf Astoria Hotels.
    Frank Coffyn hatte das alles unzählige Male gesehen; manchmal beugte er sich zu mir vor und erklärte etwas oder stellte Fragen. Und während er meinen Antworten zuhörte, wurde mir klar, dass alles, was Frank beschäftigte, mit dem Fliegen zu tun hatte.
    Also, ich käme aus Buffalo, wie? Nun, es würde nicht mehr allzu lange dauern, und ich könnte mit dem Flugzeug von Buffalo nach New York reisen. Wie mir das Plaza Hotel gefiel? Gut, mein Zimmer gehe zum Central Park hinaus. Frank nickte und meinte, der Ausblick müsse dem von einem Flugzeug herunter gleichen. »Frank«, fragte ich, »was würden Sie tun, wenn Sie in einem Zeitalter ohne Flugzeuge leben würden?« Ich drehte mich bei meiner Frage zu ihm um; er sah mich mit großen Augen an. »Mein Gott«, sagte er ruhig, »was für eine schreckliche Vorstellung. Aber das ist nicht der Fall, Si. Und ich sage Ihnen warum. Weil ich auf die Welt kam, um über den Atlantik zu fliegen. Ich werde es tun, Si. Ich will der Erste sein.«
    Ich konnte nur nicken. »Nun, Frank, es wird sicher zu schaffen sein.«
    »Oh ja; wenn ich nur das Geld dafür auftreiben könnte. Ich brauche stärkere Motoren. Und ein größeres Flugzeug, das sie tragen kann. Und Schutz vor dem Wetter. Si, es sind zweitausendneunhundertfünfundzwanzig Kilometer von Neufundland zur irischen Küste.« Er meinte es ernst! Er hatte darüber nicht nur einmal nachgedacht. »Mit einer Geschwindigkeit von zweiundsiebzig Stundenkilometern könnte ich es in vierzig Stunden schaffen. Ich habe erfahren, dass es vor allem von Juni bis September« – seine Hände lagen sicher am Steuerknüppel, die Füße bewegten ständig und achtsam die Pedale, im Geist aber war er weit, weit weg – »Westwinde gibt, die meine Geschwindigkeit um dreißig bis vierzig Stundenkilometer erhöhen.« Er kannte sich gut aus. »Einmal gestartet, wäre eine Landung auf dem Wasser nicht mehr möglich. Aber ich glaube fest daran, dass mit zwei Motoren, von denen einer einspringt, wenn der andere ausfällt, und einem Treibstoffvorrat von zweihundert Gallonen die Sache zu machen ist. Wir sind noch in der Anfangsphase, Si. Wir sind noch damit beschäftigt herauszufinden, wie man mit den Gefahren des Fliegens umgeht. Ich habe gelernt, vorsichtig in niedriger Höhe über die Straßen einer Stadt zu fliegen. Die aufsteigenden Winde über einer Stadt sind heimtückisch. Wir dürfen nicht aufhören zu lernen, und eines Tages wird ein Mensch über den Atlantik fliegen; er braucht dazu – nun, was? Voraussicht. Sorgfältige Vorbereitungen. Geduld. All diese Tugenden und noch andere dazu.«
    Ich nickte und sagte mir Frank, es gibt da einen Knaben   … wo? Wo war Charles Lindbergh jetzt? Ich wusste es nicht, aber stumm sagte ich mir, du wirst es nicht schaffen, Frank. Nicht so ganz. Aber der Knabe, der es einmal schaffen wird, kennt wahrscheinlich deinen Namen. Und dann plötzlich ganz neue Gebäude, über die wir flogen – Hotels, Apartmenthäuser. Aber auch diese Häuser waren noch niedrig und New York noch als Stadt erkennbar und nicht verschwunden wie später dann.
     
    Vor uns – wir schienen uns direkt über der 5th Avenue zu befinden – das Rechteck, dem eine Ecke fehlte,

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