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Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)

Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)

Titel: Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Finney
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spielerisch abschütteln. Vielleicht, dachte ich, schnitt McSherry dort oben heimlich Grimassen.
    Als er und Mrs. Fagin geendet hatten, kam Ying mit Besen und Scheuerlappen. »Ich aufwischen?«
    Mrs. Fagin trat überrascht zurück. »Das ist das erste Mal in seinem Leben, dass er fragt, ob er arbeiten soll!« Nachdem McSherry und Mrs. Fagin von der Bühne abgetreten waren, verlangsamten sich die Wischbewegungen Yings, bis der Besen kaum noch den Boden berührte.
    Der erste Akt brachte die Handlung in Fahrt; eine Gruppe von Betrügern und eine Frau fuhren mit dem Schiff nach Europa, um an Bord eine reiche Familie auszunehmen. Ich fragte mich, ob Wilson Mizner, was das betraf, über persönliche Erfahrungen verfügte. Die Namen der Bandenmitglieder gefielen mir: ›The Greyhound‹, ›Whispering Alex‹, ›Deep Sea Kitty‹ und ›The Pale Face Kid‹ –, Letzterer nach seinem roten Gesicht benannt, wie nach seinem ersten Bühnenauftritt deutlich wurde. »Du bist für diese Reise nicht geeignet, Kid«, sagte ›Deep Sea Kitty‹.
    »Warum?«
    »Auf einem Erste-Klasse-Dampfer tragen die Leute ordentliche Kleider, essen mit Gabeln und wechseln die Wäsche, wenn sie sich schlafen legen!«
    »Ich kann das alles in einer Woche lernen!«, sagte Kid; ich lachte und nickte – das hatte den Mizner-Touch. Aber der größte Teil des Stückes machte den Eindruck, als sei er an einem Nachmittag heruntergeschrieben worden. Unter dem Einfluss einer Menge Drinks.
    Die Szenenbeschreibung im Programmheft las ich absichtlich nicht; ich wollte mir die kleine Überraschung, die mich sicher erwarten würde, wenn sich der Vorhang zum zweiten Akt hob, nicht verderben. Dieser spielte auf einem Schiffsdeck.

    Es war alles da: Leute, die in Liegestühlen lasen, andere, die an der Reling lehnten und auf die See, den gemalten Himmel und die Wolken hinausblickten; ein sehr realistisches Rettungsboot, eine Funkerkabine, sogar ein Paar, das dieses Schiffsspiel spielte, bei dem man Ringe werfen muss. Als ich in mein Programm schaute, sah ich, dass dies das ›Hurricane-Deck der H.M.S. Mauretania ‹ war. Ich gehöre zu denen, die fasziniert sind von den großen alten Linienschiffen; ich lese alles mit großer Freude, was über sie geschrieben wird, betrachte stundenlang Abbildungen von ihnen und versuche mir oft vorzustellen, wie es wohl gewesen sein mochte, mit ihnen zu reisen. Natürlich war die Mauretania das vielleicht am meisten geschätzte dieser herrlichen alten Linienschiffe – doch sah die Mauretania wirklich so aus? Ich beugte mich vor und betrachtete die Bühne – nun, wer vermochte es zu sagen? Aber es schien realistisch, das Deck schien sogar aus richtigen Schiffsplanken zu bestehen.
    Die Times veröffentlichte später Bilder einiger Szenen dieses Stücks; das vorhergehende und das folgende Foto hier sind zwei davon. Die Schauspieler verausgabten sich nicht in diesen theatralischen Gesten, wie es die Fotografien vermuten lassen; sie posierten für eine langsame Kamera, dachte ich, und froren ihre Gesten ein, was selbst für geübte Schauspieler nicht allzu leicht gewesen sein dürfte. Hüte und Mützen zu tragen war normal für das Publikum; alle Männer trugen im Freien Hüte. Die Leute mit den Fähnchen – ein witziger Einfall Mizners? – stellten überaus patriotische Bürger aus Lima, Ohio dar; die reiche Familie, welche die Gauner mithilfe eines gefälschten Einführungsschreibens kennenlernen wollten.
    Plötzlich zuckten wir alle zusammen: Aus der Funkerkabine auf der Bühne ertönten schrille Geräusche, ein zischendes elektrisches dit-dit. Dit-dit-dit. Dit-dit-dit-dit-dit. Wir richteten uns auf und sahen und hörten gespannt zu. Drahtlose Nachrichten waren in dieser Welt neu, dies war ein neuer und aufregender Ton. Das schnelle, unregelmäßige Aufeinanderfolgen der Töne verstummte, alle Passagiere blickten gespannt auf die Funkerkabine. Einen Augenblick später erschien ein Mann in Schiffsuniform mit einem Blatt Papier in der Hand. »Aerogramm«, rief er. »Aerogramm für Foster Allen! Aerogramm für Mr. Allen!«, und trat ab, um ihn zu suchen.

    Eine hübsche Idee, dachte ich, und von Zeit zu Zeit war während des Stückes, manchmal in Verbindung mit der Handlung, manchmal auch nicht, dieses erregende dit-dit  … dit-dit-dit zu hören, das uns mitriss.
    Ich vermutete, dass The Pale Face Kid Wilson Mizners Erfindung und seine liebste Figur war, denn er sprach die meisten der komischen Sätze, die typisch für

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