Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)
Mizner sind. An Deck stieß er, als er mit Etta, einer gutaussehenden jungen Frau, Konversation treiben wollte und Schwierigkeiten hatte, die richtigen Worte zu finden, schließlich in seiner Verzweifelung die Worte aus: »Haben Sie schon das Meer bemerkt?«
Später, als er mit Etta Shuffleboard spielte, stellte er sich sehr geschickt an, obwohl es das erste Mal war. Wo er das gelernt habe, fragte ihn Etta. »Spiele es schon ewig«, sagte Kid. »Zu Hause, auf dem Rasen.«
»Auf dem Rasen? Kann man sie denn auf Gras schieben?«
»Natürlich nicht«, antwortete Kid gewitzt. »Äh … wir rollen sie.«
Als ein Passagier Kid fragte, wo er in London absteige, antwortete er: »Westminster Abbey.«
Einen anderen Aspekt des seltsamen und widersprüchlichen Mizner glaubte ich in der Szene auf dem Deck zwischen McSherry und einem Polizisten zu entdecken, der an Bord war, um ihm gegen die Ganoven zu helfen. Der Gong zum Dinner hat bereits geschlagen, alle anderen sind bereits unterwegs, da bemerkt der Polizist, der mit McSherry spricht, dass etwas dessen innere Manteltasche ausbeult. Er streckt die Hand danach aus, betastet den Gegenstand und sagte: »Sieht aus, als hätten Sie in Ihrer Tasche ein Boi-Kartenmischbrett.« Ein was? Ich hatte noch nie etwas davon gehört und glaubte, dass es auch dem Publikum nicht bekannt war. Aber das Wort hörte sich wiederum auch nicht nach einer eigenen Erfindung an. »Manchmal mische ich Karten«, sagte McSherry, »wenn ich nachdenken muss, aber ich spiele schon lange nicht mehr.« Als der Polizist weg war, zog er ein wunderschönes zusammengeklapptes Brett hervor und öffnete es auf seinem Schoß; eine mit grünem Boi bezogene Oberfläche wurde sichtbar. Dann, er starrte gedankenverloren auf die See hinaus, mischten seine Hände in endlosen Bewegungen einen Stapel Karten. Wer trug ein zusammenklappbares Brett nur zum Kartenmischen mit sich herum? Keiner, es sei denn, jemand übe Kartenspielertricks. Stammte das auch aus Wilson Mizners eigenem Erfahrensschatz? Ich hätte darauf wetten mögen. Aber als ich McSherry dort oben sah, wollte ich auch unbedingt ein solches Mischbrett haben. Dit-dit-dit-dit-dit kam es aus der Funkerkabine, McSherry sprang auf, und das Stück ging weiter.
Der Vorhang fiel nach dem zweiten Akt zu einer Pause; die Lichter gingen an, wir suchten das Foyer auf und tranken etwas Rosafarbenes. Als wir an unsere Plätze zurückgekehrt waren, hob sich der Vorhang wieder genauso schnell wir zuvor schon und gab den Blick auf eine verqualmte Kabine frei, in der Poker gespielt wurde; im Hintergrund Bullaugen.
In der Vorbesprechung der Times hieß es: ›Dieses Pokerspiel war ein Genuss.‹ Und das stimmt. Denn es war sehr realistisch, ein Pokerspiel direkt aus Wilson Mizners Leben. Das konnte gar nicht anders sein. Die Männer dort oben mit den hochgekrempelten Ärmeln, offenen Westen, die aus echten Zigarren echten Rauch bliesen, redeten wie richtige Pokerspieler. »Gutes Blatt«, meinte grinsend ein Spieler, der den Einsatz einstrich, während der verärgerte Verlierer erwiderte: »Was vorbei ist, ist vorbei.« Ein Spieler stieg aus, warf sein Blatt auf den Tisch und sagte voller Abscheu: »Macht es zwischen euch ab.« Ein anderer Mann ging um seinen Stuhl herum, was Glück bringen sollte. Der Blick auf die Bühne mit dem sechseckigen Pokertisch war wie ein Blick auf ein richtiges Pokerspiel, und die Schauspieler benahmen sich wie richtige Pokerspieler. »Für so was würde ich noch nicht einmal den Mund aufmachen«, sagte ein Spieler über sein Blatt. »Ich kann kaum noch atmen«, sagte ein anderer Verlierer. Und einer, der sein Siegerblatt mit drei Königen aufdeckte, sagte, was wohl Pokerspieler stets sagen: »Drei Könige überleben immer.« Die obligatorischen Flüche und Beleidigungen nahmen kein Ende. »Sie geben, als würden Sie eine Packung Kekse verteilen.« Dieses schöne Wilson-Mizner-Pokerspiel endete damit, dass McSherry seine alten Fertigkeiten als Kartenspieler wieder aufleben ließ, die er vor dem Spiel auf dem Mischbrett aufgefrischt hatte, und die Betrüger betrog.
Der rote Samtvorhang fiel auf dem Höhepunkt der Szene; die Gauner waren von McSherry aufs Kreuz gelegt worden und der von den Betrügern auserkorene Verlierer hatte den ganzen Einsatz gewonnen. Und dann – ich zählte mit – gab es sieben Vorhänge, mitten im Stück. Jedes Mal, wenn der Vorhang wieder hochging, steigerte sich der Applaus, der sechste gehörte dem Tölpel, der mitsamt
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