Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)
dem Geld, das er gewonnen hatte, heraustrat und sich verbeugte – das Haus tobte. Und zuletzt McSherry, den wir alle aufs Äußerste mit unserem Beifall bedachten. Dann, als der Applaus sich schließlich gelegt hatte, lächelten wir uns alle beglückt an; im ganzen Theater herrschte ausgelassene Stimmung: Allen hatte es gefallen.
Vierter Akt, der Vorhang hob sich mit dem Geticker aus der Funkkabine – ›Mitternacht auf dem Hurricane-Deck‹ – und das Stück eilte seinem Ende entgegen. Schließlich – nachdem die Bande von McSherry, dem geläuterten Kartenkünstler, ausgetrickst worden war – stürzte The Greyhound, der letzte und beste Effekt des Stücks, über Bord. Wir sahen ihn über die Bordwand springen … dann zwei lange Sekunden Totenstille, die anderen oben auf dem Hurricane-Deck starrten ihm erschrocken hinterher … Dann hörten wir das Aufplatschen! Hörten es, und einen Augenblick später sahen wir an der Reling eine Woge. Und – brillant gemacht – diese Woge erschien ein wenig später weiter hinten an der Reling noch einmal, denn das Schiff, Sie verstehen, bewegte sich ja. »Mann über Bord«, schrie jemand, und dann, die liebenswürdige Claire lag in McSherrys Armen, senkte sich der Vorhang, während – fragen Sie mich nicht warum – das wundervolle dramatische dit-dit-dit des Funkers wieder einsetzte. Und dann ertönte zum ersten Mal während des Stücks ein großer, mächtiger Ton, das Schiffshorn röhrte wieder und wieder, überdeckte das drängende Funkgeräusch und ließ die Wände des Theaters erzittern, während die goldenen Fransen sich langsam senkten. Es kam völlig unerwartet, und wir waren begeistert; selbst wenn wir das restliche Stück nicht gesehen hätten – allein dafür hätten wir auf den Boden getrampelt.
Aber ich hatte trotz allem nicht vergessen, warum ich eigentlich hergekommen war. Ich holte meinen Hut unter dem Sitz hervor, schwang meine Beine auf den Gang und eilte ihn gebückt hinauf; der tiefe Ton des Horns und das elektrische Geticker verliehen meiner Handlung eine dramatische Dringlichkeit. Z würde dort draußen sein. Ich wusste es ja! In wenigen Minuten würde ich ihm vielleicht schon gegenüberstehen.
Über den gefliesten Boden des Foyers, das bis auf einige Platzanweiserinnen, die sich unterhielten, leer war, und dann war ich der Erste aus dem Publikum, der auf dem Bürgersteig vor dem Knickerbocker war. Irgendwo, vielleicht einen Häuserblock weiter, näherte sich mir die Dove Lady.
Als Nächster verließ ein Mann das Theater, warf mir einen Blick zu, setzte umständlich seine Melone auf und ging die Straße hoch, an deren oberen Ende sich das Times -Gebäude gegen den blauen Himmel abzeichnete. Dann kamen drei Frauen aus dem Theater, redeten, lachten, keine hörte der anderen zu. Einige weitere … Plötzlich drängten sich alle auf einmal durch die Türen; manche machten sich sofort auf den Weg, viele von ihnen aber blieben erst einmal stehen und unterhielten sich miteinander. Andere Passanten mussten sich nun an den Grüppchen vorbeischlängeln; ich stand da, beobachtete, aufgeregt und beunruhigt. Denn ich wusste natürlich nicht, wonach ich Ausschau halten sollte, und wenn die Dove Lady vorbeiging, wie sie es tun würde … und Z ihr hinterherblickte, so wie er es beschrieben hatte … was würde ich dann zu sehen bekommen? Was, wenn ›Dove Lady‹ nur ein Name war, nichts, was sofort ganz klar zu erkennen war? Ich
ging zu einem Drugstore an der Ecke, um die Leute im Blick zu behalten. Eine leere Holzkiste lag am Gehweg, die ich mit meinem Fuß zurechtrückte und auf die ich mich nun stellte: eine kleine Insel. Was, wenn sie gerade jetzt da war und ich sie verpasste? Ich zog meine Kamera heraus, klappte sie auf und machte diese Aufnahmen; ich dachte, wenn ich die Dove Lady verpasste, dann konnte ich sie und Z vielleicht später auf diesen Fotos erkennen. Die Menge wurde immer größer, ich drehte den Film zurück.
Und dann wurde innerhalb kürzester Zeit aus der Ansammlung ein unentwirrbares Menschenknäuel. Dutzende von Dove Ladys konnten mir nun entgegenkommen, während ich nach wer weiß wem Ausschau hielt. Nervös drehte ich den Film nun wieder vor und machte dieses Foto (s. unten).
Befand sich die Dove Lady darunter? Nun, warum nicht? Ein ganzer Schwarm von ihnen hätte dabei sein können.
Zwei Frauen mit außergewöhnlich schönen Hüten kamen auf mich und meine Kiste zu und schauten zu mir hoch. Es schien fast
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