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Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)

Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)

Titel: Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Finney
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mich erinnern«, sagte der alte John. Von anderen Hauseingängen und Treppen – noch immer waren keine Autos zu sehen, nicht ein einziges – drangen leises Lachen und gedämpfte Stimmen zu uns herüber. Aus einem offenen Fenster an der gegenüberliegenden Straßenseite hörte man Klaviermusik. »Sauer und Kraut waren strikte Kleinkünstler«, sagte Ben. »Deutsche Komödianten: kleine Melonen, geflickte Jacken, der schreckliche Akzent, ihre Stürze auf den Hintern.«
    Auf der anderen Straßenseite fiel eine Frauenstimme in die Klaviermusik ein; wir alle hörten ihrem Gesang zu. »When the town is fast asleep … And it’s midnight in the sky … That’s the time the festive Chink … starts to wink his other eye … starts to wink his dreamy eye. Lazily you’ll hear him sigh, Chinatown, my Chinatown, when the lights are low …«
    Auf der Straße, unter der nächsten Straßenlaterne, übten zwei Männer in Straßenkleidung, einer auf den Schultern des anderen, eine Balancenummer. »Aber Sauer und Kraut wollten aufsteigen«, sagte Ben. »Also kauften sie eine neue Idee. Die viel besser war als alles, was sie jemals vorgeführt hatten. Sie probten sie, versuchten es damit und wurden engagiert.« Ein Junge kam lärmend auf einem Gefährt die Straße herunter, das aus einem Brett mit darunter befestigten Rollen bestand, vorne eine hochkant aufgenagelte Kiste mit einer Blechdose als ›Scheinwerfer‹. Einen Fuß hatte er auf dem Brett, mit dem anderen schob er an. Er blieb stehen, um der Balancenummer zuzusehen. »… almond eyes of brown. Hearts seem light and life seems bright, in dreamy Chinatown …«
    »Ich war in derselben Veranstaltung wie sie«, fuhr Ben fort. »Im Adelphi? In Guthri?«
    »Ich war niemals in Guthri, aber in Norman«, sagte Dolores. »Bevor wir heirateten, hatten mich die Swor Brothers in Dallas für Cleburn, Texas, engagiert. Ich ließ mich auf weniger Geld als sonst ein, da es nur einen Katzensprung entfernt war. Man sagte mir, dass ich ein Wochenengagement bekommen würde; als ich ankam, informierte mich der Direktor, dass er nur drei Tage in der Woche spiele und außerdem eine Vereinbarung mit den Agenten getroffen hatte, die besagte, dass er für halbe Wochen keine Reisekosten übernehmen würde, und drei Tage waren eine halbe Woche.« Während sie erzählte, hörte sie nicht mit dem Stricken auf. »Also zahlte ich meine Reisekosten selbst und arbeitete nach den drei Tagen in Gainesville. Für die nächste Woche akzeptierte ich ein Engagement für Norman, Oklahoma; man sagte mir, dass der Vertrag mit der Post dorthin geschickt würde. Als ich ankam, stellte ich fest, dass das Haus von Jack Dickey gebucht war, es gab überhaupt keinen Vertrag. Ich ging in mein Hotel und rief sofort die Swor Brothers an, aber sie weigerten sich, mit mir zu reden.« Ein barfüßiger Junge von zehn oder elf Jahren blieb bei uns stehen und schaute erwartungsvoll zu uns hoch, John winkte ihn zu sich. Er gab ihm Geld, ebenso Ben, Al stand auf und ging ins Haus. »Ging dann zum Büro der Western Union«, erzählte Dolores weiter, »schickte ihnen ein Telegramm und verlangte eine Antwort. Es wurde überhaupt nicht beachtet.« Al kam mit einem großen glänzenden Metallkrug zurück, stieg die Stufen hinab und reichte ihn dem Jungen; John gab ihm Kleingeld, und der Junge zog weiter. »Ich kann nur sagen, dass Künstler in Texas und Oklahoma sich vor diesen Agenten in Acht nehmen sollten. Sie kümmern sich nicht um deren Interessen und sind in Wahrheit daran auch nicht interessiert. Du hattest Probleme in Guthri?«
    »Nein, das war okay«, sagte Ben. »Das Adelphi war okay.«
    Ich wartete; niemand sagte etwas. Auf der Straße beendeten die Akrobaten ihre Aufführung und gingen zu ihrem Treppenaufgang, der Junge auf dem ›Rollschuhgefährt‹ fuhr weiter. »Was passierte mit Sauer und Kraut?«, fragte ich.
    »Nun, sie waren bei der Vorstellung ungefähr die Vierten. Ich sah, wie sie früher herauskamen, im Kostüm, bereit für ihren Auftritt, und hinter der Bühne warteten. Zur Eröffnung traten Jongleure auf, glaube ich, und dann kam, aus irgendeinem Grund, ein Fehler in der Organisation, vielleicht – irgendwie musste die Vorstellung gefüllt werden – ein anderes Komödiantenteam.« Von der Treppe an der anderen Straßenseite kam ein junger Mann um die zwanzig quer über die Straße. »Hey, Dippy.« Er blieb vor uns stehen und lächelte zu unseren Begrüßungsworten. »Abend, Leute.« Es war Van Hoven,

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