Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)

Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)

Titel: Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Finney
Vom Netzwerk:
wie ich erfuhr, Dippy, der verrückte Musiker.
    »Du hast den Bierjungen doch gesehen, ja?«, sagte John.
    »Klar.« Dippy grinste und ließ sich neben Ben nieder. »Lasst euch nicht stören.«
    »Nun, diese andere Komödiantengruppe erschien vor Sauer und Kraut, und sie waren genauso wie sie gekleidet! Sahen aus wie Zwillingspärchen. Sie betraten die Bühne und brachten dieselbe Nummer! Wort für Wort, Witz für Witz, genau dasselbe. Der Typ hatte diese Darbietung gleich zweimal verkauft.«
    Die anderen nickten. ›Ja‹, oder ›das kennt man doch‹ und Ähnliches wurde gesagt. Nach einer Weile fragte ich: »Und dann … was passierte weiter? Mit Sauer und Kraut.«
    »Ja, also«, sagte Ben. »Sie wurden abgesetzt. Auf der Stelle. Hatte ja keinen Zweck. Sie mussten sich Geld leihen, um die Stadt verlassen zu können. Wir gaben ihnen, was wir erübrigen konnten.«
    Auf der Straße gegenüber waren die letzten Töne von ›Chinatown‹ jetzt verklungen. Eine Pause, dann das Piano, und dieselbe Stimme begann wieder: »Honey, honey, can’t you hear? Funny, funny music dear … Aint’ the funny strain goin’ to your brain? Like a bottle of wine, fine. Hon’, hon’, hon’, take a chance! One, one, one! One little dance! Can’t you see them all swaying up the hall? Let’s be gettin in line!« Dann der vertraute Refrain: »Everybody’s doin’ it, doin’ it! Doin’ what? Turkey trot!« Und Maude stöhnte und sagte: »Sie übertreiben mal wieder ganz schön.«
    Eine Frau mittleren Alters kam aus dem Haus und setzte sich auf die Stufe unter Maude, die sich nach vorne beugte und ihr etwas zuflüsterte. Dann rief sie mir zu. »Si, das ist Madam Zelda, Gedankenleserin. Das ist Simon Morley. Auch sie kennt Tessie und Ted nicht.«
    »Ich lass es Maude wissen, wenn ich was höre«, sagte Madam Zelda; ich nickte und dankte ihr lächelnd.
    Der Bierjunge kam mit hängender Schulter zurück; der Arm wurde durch den vollen, schweren Krug ganz nach unten gezogen. Dolores ging ins Haus, Ben kramte in seinen Hosentaschen, ich stand schnell auf und sagte: »Lassen Sie mich.« Dann holte ich ein paar Cents heraus. Ben nahm den gefüllten Krug; ich gab dem Jungen das Geld, der es erstaunt anschaute. »Danke, Mister!«
    Dolores kam mit einem Coca-Cola-Tablett und Gläsern heraus, hinter ihr Maude mit Tassen und einer Teekanne auf einem zweiten Tablett. Dann saßen wir alle bequem an die Mauer gelehnt und tranken. Auf der Straße sah ich einen Jungen, der langsam mit zwei Zinnkrügen von der 8th Avenue kam. Ich entdeckte den Saloon an der Ecke, wo er wohl herkam. Es war schön, hier zu sitzen und mit den Leuten Bier zu trinken. Die Nacht wurde ein wenig kühl, aber keiner ging ins Haus. In der angenehmen Stille erinnerte ich mich, dass meine Morgenzeitung voller Meldungen über Taft und Roosevelt gewesen war, die um die Präsidentschaftsnominierung der Republikaner stritten, sowie andere Geschichten über die wachsenden Probleme in Europa. Aber diese Leute hier lebten in einer anderen Welt, der einzigen, die für sie zählte. Gingen sie überhaupt zur Wahl? Ich nahm es nicht an und hätte wetten mögen, dass in dem ganzen Haus hinter uns keine Zeitung zu finden war, die nicht Variety oder Billboard hieß.
    Die Unterhaltung wurde wieder aufgenommen. Ich hörte von einem Varieté-Künstler namens Sparrow; alle schienen ihn zu kennen oder zumindest von ihm gehört zu haben. Was er zeigte, musste einzigartig sein. Er stand auf der Bühne und warf Orangen, Tomaten und anderes weiches Obst in das Publikum. Dann nahm er eine Gabel in den Mund und das Publikum warf alles zurück, während er versuchte, es auf der Gabel aufzuspießen. Wenn er es verfehlte, lief ihm der Saft über Gesicht und Anzug. Und immer waren welche im Publikum, die seine Nummer kannten und die harte Sachen wie Kartoffeln oder Rüben mitbrachten und ihn damit bewarfen. Und gut zielten – schnell, hart, mitten ins Gesicht. Und er musste sie auffangen. Mit der Gabel. Wenn es nicht klappte, was manchmal vorkam, sah er nicht gut aus: ein blaues Auge, blutige Nase. Er hatte stets ein Tuch zum Schutz des Bodens dabei und trug einen schwarz-weißen Anzug aus Ölzeug. Wenn er fertig war und sich hinter der Bühne zu seiner Garderobe begab, ging ihm jeder aus dem Weg.
    Wieder etwas anderes war die Nummer von Sherman und Morissey, die einen komischen Trapezakt in lustigen Kostümen aufführten. Was sie machten, war, sich einfach hinunterfallen zu lassen – von einem zwei

Weitere Kostenlose Bücher