Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)
Früchtekörbe. Palmen in Töpfen. Und Menschen – überall Menschen, der Lärm von Menschen, und noch immer kamen neue hinzu, die sich neugierig umsahen.
Wir drei gingen weiter, ließen uns von dem Menschenstrom mitreißen, einen Gang hinab, dann in einen großen, sehr schönen Raum. Über uns wölbte sich eine herrliche Kuppel aus farbigem Glas, die Wände waren in einer mir unbekannten dunklen Holzart getäfelt und schimmerten in kostbarem Glanz. Und an einer dieser Wände stand vor lächelnden Männern mit hohen Kochmützen und Servietten über dem Arm, die darauf warteten, vorlegen zu dürfen, ein endlos langer, weiß gedeckter Tisch beladen mit: Pâté de foie, schwarzem Kaviar, Roastbeef, aufgeschnittenen Braten, kleinen Steaks, Eintöpfen, Früchte, Kuchen, Eiscreme, alles gab es, einfach alles. Auch Lachs in hauchdünnen Scheiben. Wir aßen, die Teller in der Hand, und freuten uns, wanderten in dem großen Raum umher und betrachteten die Gemälde, die an den Wänden hingen. Die Leute kamen und gingen ununterbrochen, und wir verloren das Jotta Girl; sie war plötzlich verschwunden. Ich stellte meinen Teller ab und machte mich neugierig auf eine Entdeckungstour. Wieder hinaus in den Gang, in dem sich die Leute drängten. Die meisten waren hochgestimmt und ausgelassen, aber nicht alle. Nicht die uniformierten Stewards, die mit Eiskübeln zu kämpfen hatten.
Vorbei an Kabinen, die voll waren mit vergnügten Leuten, die mich einluden, mit ihnen einen Drink zu nehmen. Vorbei an einer Kabine, deren Tür weit offen stand, darin eine Frau, die ganz allein auf ihrem Bett saß und weinte. Vorbei an aufgeregten Menschen, die sich über ihr Gepäck hinweg unterhielten. Vorbei an anderen, die außer Rand und Band geratene Kinder dazu drängten, ins Bett zu gehen.
In die großen Säle und gleich wieder hinaus; bald hatte ich jede Orientierung verloren. Was gibt es über sie zu berichten? Ich weiß es nicht, außer, dass sie alle anders waren und sich doch wieder ähnelten. Jeder Saal war gekrönt von einer riesigen Glaskuppel, durch die das helle Tageslicht hereinströmte. Jede Kuppel war anders, und ähnelte doch wieder allen anderen; eine jedoch prangte in Gold und samtenem Beige. Der Speisesaal war mit wunderschönen tiefroten Teppichen ausgestattet, die Sitze der Drehstühle leuchteten in einem dunklen Rosa. Sie waren rund um die Tische am Boden festgeschraubt – ein Hinweis für einen nicht nur freundlich gesinnten Ozean. Kristallene Kronleuchter, Teppiche, die farblich mit den Tapeten abgestimmt waren. Roséfarbene Teppiche, grüne Teppiche. Aus einem Raum, in dem ein zu großes Gedränge herrschte, wechselte ich über in einen anderen, der fast verlassen war. Die Lounge. Der Rauchsalon mit dem riesigen offenen Kamin. Das Musikzimmer. Die Bibliothek. Überall dunkles, glänzendes Holz. Gemälde. Und überall kostbare Pflanzen. Luxus. Ein Luxusschiff, genau das war es.
Ich spähte in leere Kabinen und in eine, die nicht leer war, und zog schnell meinen Kopf wieder zurück, bevor sie mich sehen konnten. In den Schlafabteilen waren die Nachttische mit einer kleinen Reling ausgestattet, damit nichts herunterfallen konnte; Gläser in Vertiefungen: ein Schiff, das raue Gewässer erwartete.
Dann warf ich einen Blick in die fast leere Bibliothek. Wieder eine Glaskuppel, dunkle Paneele, Bücherregale, viele Polstermöbel: alles ganz neu. Im Korridor hörte ich eine Stimme, die sagte, die Mauretania käme soeben aus dem Trockendock, wo sie umgebaut worden sei. Ich spähte umher: Doch es war niemand zu sehen. Dann nahm ich ein Fünfundzwanzigcentstück aus meiner Tasche, stellte mich auf Zehenspitzen und warf es hinter eine Buchreihe: wenn ich schon nicht selbst mitreisen konnte, so sollte wenigstens etwas von mir an diesem Abend mit dem Schiff auslaufen. Das Jotta Girl kam herein, ein Glas in der Hand, und wir gingen hinaus auf das Promenadendeck. Überall wuchsen Belüftungsrohre aus dem Boden, die riesigen weißen Saxofonen glichen, das Deck war voll von ihnen. Sie wurden durch die Vorwärtsbewegung des Schiffes mit Luft gefüllt – keine Klimaanlage. Wir schlenderten an Rettungsbooten vorbei und versuchten sie mit der Hand zu erreichen. Und fanden Archie, an eine Reling gelehnt, im Gespräch mit jemandem, den er uns vorstellte: sein Freund, der Maler Francis Millet.
Dann hörten wir von irgendwoher eine kräftige Jungenstimme: »Alle Nichtpassagiere von Bord.« Ich muss beunruhigt ausgesehen haben, denn Archie
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