Zelot
unzutreffend sind, darunter seine Behauptung, dass es «Jakobus allein […] gestattet [war], das Heiligtum zu betreten». Sollte Hegesippus mit Heiligtum das «Allerheiligste» meinen (was keineswegs feststeht), dann ist die Aussage schlichtweg falsch; nur dem Hohepriester war es gestattet, in das Allerheiligste einzutreten. Darüber hinaus findet sich bei Hegesippus auch eine abweichende Überlieferung vom Tod des Jakobus, die der von der Wissenschaft als zuverlässiger anerkannten Darstellung in Josephus’
Jüdische Altertümer
widerspricht. Wie in der
Kirchengeschichte
verzeichnet, war es Jakobus’ Antwort auf die Forderung der Juden, ihnen dabei zu helfen, dass die Menschen nicht länger Jesus als dem Messias folgten, die schlussendlich zu seinem Tod führte: «Er antwortete mit lauter Stimme: ‹Was fragt ihr mich über den Sohn des Menschen? Er thront im Himmel zur Rechten der großen Kraft und wird kommen auf den Wolken des Himmels.› […] Sie stiegen nun hinauf und warfen den Gerechten hinunter. Und sie schrien zueinander: ‹Lasset uns Jakobus, den Gerechten, steinigen!› Und sie begannen, ihn zu steinigen; denn obwohl er hinabgestürzt worden war, war er noch nicht tot. Vielmehr richtete er sich auf und betete auf den Knien: ‹Ich bitte dich, Herr, Gott und Vater, verzeihe ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!›»
Faszinierend an dieser Geschichte ist, dass es sich dabei um eine Abwandlung der Überlieferung von Stephanus’ Martyrium aus der Apostelgeschichte zu handeln scheint, die ihrerseits an Jesu Antwort auf den Hohepriester Kajaphas im Markus-Evangelium angelehnt ist. Interessant auch die Parallelen zwischen Jakobus’ Todesrede und der von Jesus am Kreuz in Lukas 23 , 24 .
Bei Hegesippus endet die Geschichte von Jakobus’ Martyrium folgendermaßen: «Da nahm einer aus ihnen, ein Walker, das Holz, womit er die Kleider presste, und schlug es auf den Kopf des Gerechten. So starb er den Zeugentod. Man begrub ihn an derselben Stelle in der Nähe des Tempels. Jakobus war für Juden und Heiden ein glaubwürdiger Zeuge der Messianität Jesu. Bald darauf erfolgte die Belagerung durch Vespasian.» (Eusebius,
Kirchengeschichte,
2 . 23 . 1 – 18 ) Auch hier muss, obwohl fast alle Experten einmütig Josephus’ Bericht von Jakobus’ Tod Hegesippus’ Darstellung vorziehen, angemerkt werden, dass letztere Überlieferung in den Schriften von Clemens von Alexandria nachhallt, der schreibt, dass «es zwei Jakobuse gab, einmal Jakobus den Gerechten, der von der Zinne [des Tempels] herabgestürzt und mit einem Walkholz zu Tode geschlagen wurde, und dann den anderen Jakobus [Sohn des Zebedäus], der enthauptet wurde» (Clemens,
Hypotyposen,
Buch 7 ).
Josephus schreibt in
Jüdische Altertümer
20 . 180 – 81 von der reichen Priesteraristokratie, die den einfachen Priestern den Zehnten wegnahm: «Der (frühere) Hohepriester Hannas aber stieg mit jedem Tag im Ansehen des Volkes und wurde stets mehr und mehr ausgezeichnet und geehrt. Er verstand es nämlich sehr gut, Geldgeschäfte zu machen, und wusste durch Geschenke sowohl den Statthalter Albinus als auch den Hohepriester für sich einzunehmen. Dabei aber hatte er nichtswürdige Knechte, die sich mit den verwegensten Menschen ins Einvernehmen setzten, um von den Tennen die den Priestern gehörigen Zehnten zu rauben, und wer ihnen Widerstand zu leisten wagte, wurde mit Schlägen misshandelt. Die Hohepriester machten es ebenso wie Hannas’ Knechte, und da niemand sich ihnen widersetzen mochte, konnte es nicht ausbleiben, dass die Priester, die sich sonst von den Zehnten ernährten, aus Mangel zugrunde gingen.» Dieser Hannas war wahrscheinlich Hannas der Ältere, Vater des Hannas, der Jakobus tötete.
Josephus’ Darstellung des Martyriums von Jakobus findet sich in
Jüdische Altertümer
20 . 9 . 1 .
Nicht alle sind überzeugt, dass Jakobus hingerichtet wurde, weil er Christ war. Wären die Männer, die zusammen mit Jakobus hingerichtet wurden, auch Christen gewesen, dann, argumentiert zum Beispiel Maurice Goguel, wären ihre Namen auch in der christlichen Überlieferung verzeichnet worden; Goguel,
Birth of Christianity
(New York 1954 ). Andere Wissenschaftler, darunter auch ich, glauben, dass er hingerichtet wurde, weil er Hannas kritisierte, die Zehnten zu nehmen, die für die einfachen Priester gedacht waren; siehe S.G.F. Brandon, «The Death of James the Just: A New Interpretation», in:
Studies in Mysticism and Religion
(Jerusalem 1967 ),
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