Zelot
S. 57 – 69 .
Ob die Juden wegen des die Gesetze missachtenden Verfahrens so erbost waren oder wegen des ungerechten Verdikts, lässt sich aus Josephus’ Bericht kaum entscheiden. Die Tatsache, dass sie sich bei Albinus über die Unzulässigkeit der Einberufung des Sanhedrin durch Hannas ohne einen Statthalter in Jerusalem beschweren, scheint darauf hinzudeuten, dass sie sich an der Durchführung des Prozesses stießen, nicht an dem Urteilsspruch. Allerdings stimme ich mit John Painter überein, dessen Überzeugung nach «die Vorstellung, dass das, wogegen die Gruppe Protest erhob, Hannas’ Absicht gewesen sei, das Gesetz in seine eigenen Hände zu nehmen, wo doch zur Verhängung der Todesstrafe die Autorität Roms erforderlich war (siehe Joh 18 , 31 ), nicht gerade zu einem Einwand passt, der von den ‹frömmsten und gesetzestreuesten Juden› erhoben wurde. Vielmehr deutet es darauf hin, dass jene, die am frömmsten und am gesetzestreuesten waren, das Urteil für ungerecht empfanden, Jakobus und die anderen hätten gegen das Gesetz verstoßen.» Siehe John Painter, «Who Was James?», in: Bruce Chilton und Jacob Neusner (Hg.),
The Brother of Jesus: James the Just and His Mission
(Louisville, Ky. 2001 ), S. 10 – 65 , hier S. 49 .
Pierre-Antoine Bernheim stimmt zu: «Mit dem Verweis auf den Widerspruch der ‹gewissenhaftesten Gesetzesmenschen› wollte Josephus wohl weniger auf die Unzulässigkeit der Einberufung des Sanhedrin, also des Hohen Rates, nach den vor den Römern verfügten Gesetzen verweisen, sondern vielmehr die Ungerechtigkeit des Urteils im Verhältnis zum Gesetz Mose hervorheben, wie dieses von den am höchsten respektierten Gelehrten ausgelegt wurde …»
James, the Brother of Jesus
(London 1997 ), S. 249 .
Während einige Wissenschaftler – so zum Beispiel Craig C. Hill,
Hellenists and Hebrews
(Minneapolis 1992 ) – Painter und Bernheim widersprechen und argumentieren, die Beschwerde der Juden habe nichts mit Jakobus selbst zu tun gehabt, vertritt die Mehrzahl (mich eingeschlossen) die Meinung, dass sich die Beschwerde der Juden gegen die Ungerechtigkeit des Urteils richtete, nicht gegen die Verfahrensweise der Verhandlung; siehe auch F.F. Bruce,
New Testament History
(New York 1980 ), insbesondere S. 372 f.
Hegesippus’ Zitat hinsichtlich Jakobus’ Autorität findet sich bei Eusebius,
Kirchengeschichte
2 . 23 . 4 – 18 . Unklar bleibt, ob Hegesippus nun meint, dass nur die Kontrolle über die heilige Gemeinde auf die Apostel und auf Jakobus übergegangen ist, oder dass auch die Kontrolle über die Apostel auf Jakobus übergegangen ist. So oder so jedoch wird Jakobus’ Führerschaft bekräftigt. Gerd Lüdemann ist sogar der Auffassung, dass Eusebius’ Formulierung «von den Aposteln» nicht dem Original entspricht, sondern von Eusebius nachträglich ergänzt wurde, um mit der dominanten Sichtweise der apostolischen Autorität konform zu gehen. Siehe Gerd Lüdemann,
Antipaulinismus im frühen Christentum
(Göttingen 1983 ).
Das Material von Clemens von Rom ist den sogenannten
Pseudoklementinen
entnommen, die, wiewohl irgendwann um das 300 n. Chr. zusammengestellt, sehr viel frühere jüdisch-christliche Überlieferungen wiedergeben, die sich in den zwei Hauptdokumenten des Textes – den
Homilien
und den
Rekognitionen –
nachspüren lassen. Die
Homilien
enthalten zwei Briefe: den
Brief des Petrus an Jakobus,
aus dem der Verweis auf Jakobus als «Herr und Bischof der heiligen Gemeinde» zitiert wird, und den
Brief des Klemens an Jakobus,
der gerichtet ist an Jakobus, «den Herrn und Bischof der Bischöfe, der die heilige Gemeinde der Hebräer zu Jerusalem und die Gemeinden leitet, die überall […] wohl gegründet sind». Die
Rekognitionen
ihrerseits basieren wahrscheinlich auf einem älteren Dokument mit dem Titel
Die Himmelfahrt des Jakobus,
das die meisten Experten auf Mitte des 2 . Jahrhunderts n. Chr. datieren. Georg Strecker nimmt an, dass dieses Dokument in Pella verfasst wurde, wo die in Jerusalem ansässigen Christen sich, so heißt es, nach der Zerstörung Jerusalems versammelten. Siehe Streckers Aufsatz «Die Pseudoklementinen», in: Wilhelm Schneemelcher (Hg.),
Neutestamentliche Apokryphen,
Bd. 2 , 5 . Aufl. (Tübingen 1989 ), S. 439 – 490 .
Die Passage aus dem
Thomas-Evangelium
findet sich ebendort im 12 . Kapitel von Band 1 . Wie es sich fügt, taucht der Beiname «Jakobus der Gerechte» auch im
Hebräer-Evangelium
auf; der
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