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Zelot

Zelot

Titel: Zelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reza Aslan
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) werden soll, denn selbst Paulus räumt ein, dass Jesus die Heiden nicht missionierte (Röm  15 , 12 ).
    Die Forschungen N.A. Dahls weisen nach, wie ungewöhnlich die Verwendung des Begriffs
Xristos
(Christus) durch Paulus war. Laut Dahl ist
Xristos
für Paulus nie ein Prädikat, hat niemals einen Genitiv, steht nie als Anrede, sondern immer als eine Kennzeichnung und wird niemals als Apposition gebraucht wie in
Iesus ho Xristos
, oder Jesus
der
Christus. Siehe N.A. Dahl,
Jesus the Christ: The Historical Origins of Christological Doctrine
(Minneapolis 1991 ).
    Es war im alten Judentum keineswegs ungewöhnlich, «Gottes Sohn» genannt zu werden. Gott nennt David seinen Sohn: «Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt.» (Ps  2 , 7 ). Er nennt sogar Israel seinen «erstgeborenen Sohn» ( 2  Mos  4 , 22 ). Aber Sohn Gottes ist hier jedes Mal als eine Anrede gemeint, nicht als eine Beschreibung. Wenn Paulus Jesus wortwörtlich für Gottes Sohn hält, so gibt es in der Zeit des Zweiten Tempels dafür keinen Präzedenzfall.
    Laut Lukas trennten sich Paulus und Barnabas wegen eines heftigen Streits, bei dem es angeblich darum ging, ob sie Markus auf ihrer nächsten Missionsreise mitnehmen sollten. Dabei hat der Streit offensichtlich mit dem zu tun, was sich in Antiochien unmittelbar nach dem Apostelkonzil ereignete. Während ihres Aufenthalts in Antiochien kam es zum offenen Streit zwischen Petrus und Paulus, weil Petrus, laut Paulus, nicht länger mit Heiden an einem Tisch sitzen wollte, als eine von Jakobus geschickte Delegation in der Stadt eintraf, «weil er die aus dem Judentum fürchtete», also die Befürworter der Beschneidung (Gal  2 , 12 ). Freilich ist Paulus unsere einzige Quelle für das Ereignis und es gibt unzählige Gründe, seine Version der Geschichte anzuzweifeln, nicht zuletzt schon der Umstand, dass es nach jüdischem Gesetz keineswegs verboten ist, mit Heiden an einem Tisch zu sitzen. Vermutlich ging es bei dem Streit eher um die Einhaltung der jüdischen Ernährungsvorschriften – also kein heidnisches, unreines Essen zu sich zu nehmen –, in diesem Punkt stand Barnabas auf der Seite des Petrus.
    Wie Lukas schreibt, wurde Paulus nach Rom geschickt, um einer jüdischen Mordverschwörung gegen ihn zu entkommen. Außerdem soll der römische Tribun fast 500  Soldaten befohlen haben, Paulus persönlich nach Cäsarea zu begleiten. Das ist schlicht absurd, und wir können es einfach ignorieren.
    Claudius vertrieb die Juden aus Rom, laut dem Historiker Sueton, «weil die Juden von Rom unablässig Krawalle auf die Hetze des Chrestus hin veranstalteten». Gemeinhin geht man davon aus, dass Sueton mit Chrestus eben Christus meinte und der Streit unter den Juden zwischen den christlichen und nichtchristlichen Juden der Stadt tobte. Wie F.F. Bruce anmerkt: «Wir sollten uns vor Augen führen, dass wir aus heutiger Sicht zwar bereits zur Zeit des Claudius zwischen Juden und Christen unterscheiden können, dass die damaligen römischen Behörden aber diese Unterscheidung noch nicht vornahmen.» F.F. Bruce, «Christianity Under Claudius», in:
Bulletin of the John Rylands Library
44 (März 1962 ), S.  309 – 326 .

Kapitel fünfzehn: Der Gerechte
    Die Beschreibung von Jakobus und die Fürbitten der Juden stammen beide aus dem Bericht des aus dem jüdischen Palästina stammenden christlichen Historikers Hegesippus ( 100 – 180  n. Chr.). Zugang zu den insgesamt fünf von Hegesippus verfassten Büchern über die frühe Kirchengeschichte haben wir nur durch die
Kirchengeschichte
des Eusebius von Cäsarea (um 260 –um 339  n. Chr.), Bischof unter Kaiser Konstantin.
    Darüber, wie zuverlässig Hegesippus als Quelle ist, wird eine heftige Debatte geführt. Einerseits finden sich bei Hegesippus eine ganze Reihe Aussagen, deren Historizität von der Mehrheit der Forscher rückhaltlos akzeptiert wird, unter anderem seine Feststellung, dass «die Kirche […] übernommen [wurde] von den Aposteln und Jakobus, dem Bruder des Herrn, der von den Zeiten des Herrn an bis auf unsere Tage allgemein der Gerechte genannt wurde; denn es gab noch viele, die den Namen Jakobus führten. Schon vom Mutterleibe an war er heilig.» (Eusebius,
Kirchengeschichte
2 . 23 ) Diese Passage wird belegt mit zahlreichen Zeugenaussagen (siehe unten) und lässt sich sogar in den Paulusbriefen und in der Apostelgeschichte nachzeichnen.
    Andererseits finden sich einige Überlieferungen bei Hegesippus, die wirr und nachgerade

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