Zelot
Aaron und seine Söhne, die geweiht waren, Gottes Arbeit zu tun; einen Propheten wie Jesaja oder Elischa, die eine besondere Beziehung zu Gott hatten, eine Innigkeit, die entsteht, wenn man zu Gottes Vertreter auf Erden bestimmt ist. Die vorrangige Aufgabe des Messias, der allgemeinen Überzeugung nach der Nachkomme König Davids, bestand darin, Davids Königreich wiederzuerrichten und die Nation Israel neu zu gründen. Wenn sich also jemand zur Zeit der römischen Besatzung zum Messias ausrief, war das gleichbedeutend mit einer Kriegserklärung an Rom. Tatsächlich sollte der Tag kommen, an dem diese wütenden Bauernbanden das Rückgrat eines apokalyptischen Heeres eifernder Revolutionäre bildeten, das die Römer schließlich zwang, schmachvoll aus Jerusalem zu fliehen. In jenen frühen Jahren der Besatzung allerdings waren die Banditen wenig mehr als lästig. Doch sie mussten gestoppt werden; jemand musste wieder Ruhe auf dem Land schaffen.
Dieser Jemand war schließlich ein kluger, junger jüdischer Adliger aus Idumäa namens Herodes. Herodes’ Vater Antipater hatte im Bürgerkrieg zwischen Pompeius Magnus und Julius Cäsar rechtzeitig die Seiten gewechselt. Cäsar belohnte Antipater 48 v. Chr. für seine Treue mit dem römischen Bürgerrecht und übertrug ihm die Verwaltung von ganz Judäa im Namen Roms. In den wenigen Jahren bis zu seinem Tode zementierte Antipater seine Position unter den Juden, indem er seine Söhne Phasael und Herodes zu Statthaltern über Jerusalem bzw. Galiläa ernannte. Herodes war damals wahrscheinlich erst fünfzehn Jahre alt, machte sich aber sofort einen Namen als durchsetzungsfähige Führungskraft und energischer Gefolgsmann Roms, indem er einen blutigen Kreuzzug gegen die Räuberbanden startete. Es gelang ihm sogar, den Bandenführer Hiskia festzunehmen und zu köpfen. So machte er dem Bandenunwesen (zumindest zeitweise) ein Ende.
Während Herodes Galiläa von den Räuberbanden säuberte, schürte Antigonos, der Sohn des Aristobul, der den Thron und das Amt des Hohepriesters nach dem Einfall der Römer an seinen Bruder Hyrkanus verloren hatte, Unruhe in Jerusalem. Mit Hilfe der erklärten Feinde Roms, der Parther, belagerte Antigonos im Jahr 40 v. Chr. die Heilige Stadt und nahm sowohl den Hohepriester Hyrkanus wie auch Herodes’ Bruder Phasael gefangen. Hyrkanus wurde verstümmelt, sodass er nach dem jüdischen Gesetz nicht länger als Hohepriester fungieren konnte; Phasael beging in der Gefangenschaft Selbstmord.
Der römische Senat kam zu dem Schluss, dass es wohl am einfachsten sei, Herodes zum Klientelkönig zu ernennen und ihn im Namen Roms mit der Rückeroberung Jerusalems von den Parthern zu beauftragen. Die Ernennung von Klientelkönigen war gängige Praxis in den frühen Jahren des Römischen Reiches. Rom konnte so expandieren, ohne wertvolle Ressourcen bei der direkten Verwaltung eroberter Provinzen zu binden.
Im Jahr 37 v. Chr. griff Herodes an der Spitze eines großen römischen Heeres Jerusalem an. Er vertrieb die parthischen Truppen aus der Stadt und löschte die Reste der Hasmonäer-Dynastie aus. In Anerkennung seiner Dienste ernannte Rom Herodes zum «König der Juden» und übergab ihm ein Reich, das in den nächsten Jahren noch weiter wuchs und letztlich größer war als das König Salomos.
Herodes war ein verschwenderischer und tyrannischer Herrscher, absurde Ausschweifungen und bestialische Grausamkeiten prägten seine Regierung. Er ging gnadenlos gegen seine Feinde vor und duldete auch nicht die leiseste Spur von Unruhe. Sobald er den Thron bestiegen hatte, ließ er fast alle Mitglieder des Sanhedrin ermorden und ersetzte die Tempelpriester durch eine Handvoll kriecherischer Bewunderer, die ihre Positionen direkt bei ihm kauften. So neutralisierte er den politischen Einfluss des Tempels und verteilte die Macht um – an eine neue Schicht von Juden, deren Abhängigkeit von der Gunst des Königs sie in eine Art neureiche Aristokratie verwandelte. Aufgrund seiner Neigung zur Gewalt hatte Herodes auch keine Hemmungen, Familienmitglieder hinzurichten, die sich in weithin bekannten, oft geradezu possenhaften häuslichen Auseinandersetzungen gegen ihn gestellt hatten, sodass Augustus einmal den bekannten Ausspruch tat: «Ich wäre lieber Herodes’ Schwein als sein Sohn.»
Tatsächlich aber war es zu Herodes’ Zeit auch keine beneidenswerte Aufgabe, König der Juden zu sein. Es gab laut Josephus 24 aufsässige jüdische Sekten in und um Jerusalem.
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