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Zelot

Zelot

Titel: Zelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reza Aslan
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abgeschiedene Dorf ihre Heimat nennen, sind ohne Ausnahme Ackerbauern. Die Landwirtschaft ernährt und erhält die wenigen Bewohner. Jeder hat ein bisschen Vieh, jeder baut sein eigenes Getreide an: ein bisschen Gerste, etwas Weizen, ein paar Halme Hirse und Hafer. Der Dung der Tiere verbessert die Erde, die wiederum die Dörfler ernährt, die dann die Tiere füttern. Selbstversorgung ist die Regel.
    Der Weiler Nazaret ist so klein, so unbedeutend, dass sein Name vor dem 3 . Jh. n. Chr. in keiner jüdischen Quelle auftaucht – nicht in der Hebräischen Bibel, nicht im Talmud, nicht im Midrasch, der Auslegung religiöser Texte im rabbinischen Judentum, nicht bei Josephus. Es ist, kurz gesagt, ein belangloser, leicht zu übersehender Ort. Und es ist wohl der Ort, in dem Jesus zur Welt kam und aufwuchs. Dass er aus diesem eng abgeschlossenen Dorf mit ein paar hundert verarmten Juden stammte, könnte durchaus das einzige Faktum zu Jesu Kindheit sein, das wir mit einiger Sicherheit bestätigen können. Jesus war so eng mit Nazaret verbunden, dass er sein ganzes Leben lang einfach als «der Nazoräer» bekannt war. Da sein Vorname Jesus so häufig war, wurde sein Geburtsort zu seinem wichtigsten Beinamen. Und in Bezug auf diese eine Information waren alle, die ihn kannten – Freunde und Feinde gleichermaßen – offenbar einer Meinung.
    Warum also behaupten Matthäus und Lukas – und
nur
Matthäus (2,1–9) und Lukas (2,1– 2 1) –, dass Jesus nicht in Nazaret, sondern in Betlehem geboren sei, obwohl doch der Name Betlehem sonst nirgends im ganzen Neuen Testament auftaucht (nicht einmal mehr bei Matthäus oder Lukas, die Jesus beide wiederholt als «den Nazoräer» bezeichnen), sieht man von einem einzigen Vers im Johannes-Evangelium ( 7 , 42 ) ab?
    Nun, gerade hier finden wir vielleicht die Antwort.
    Es ist, so schreibt der Evangelist, früh in Jesu Wirken. Bisher hat Jesus sich meist darauf beschränkt, seine Botschaft den armen Bauern und Fischern Galiläas zu predigen – seinen Freunden und Nachbarn. Doch jetzt vor dem Laubhüttenfest drängt Jesu Familie ihn, mit ihnen nach Judäa zu reisen, um das fröhliche Erntefest miteinander zu feiern und um sich den Massen zu offenbaren.
    «Komm», bitten sie. «Zeig dich der Welt.»
    Jesus weigert sich. «Geht ihr nur zum Fest», sagt er, «Ich gehe nicht zu diesem Fest, weil meine Zeit noch nicht erfüllt ist.»
    Jesu Familie lässt ihn zurück und reist nach Judäa. Ohne ihr Wissen beschließt Jesus dann doch, ihnen zu folgen, wenn auch nur, um heimlich durch die versammelte Menge zu streifen und zu hören, was die Leute über ihn sagen.
    «Er ist ein guter Mensch», flüstert jemand.
    «Nein, er führt das Volk in die Irre», meint ein anderer.
    Etwas später, nachdem sich Jesus der Menge offenbart hat, beginnen ein paar Zuhörer über seine Identität zu spekulieren. «Er ist wahrhaftig der Prophet.»
    Und dann spricht es endlich jemand aus. Ganz offenbar denken sie es alle; wie kann es anders sein, wenn doch Jesus hochaufgerichtet mitten in der Menge steht und sagt: «Wer Durst hat, komme zu mir, und es trinke, wer an mich glaubt» (Joh  7 , 37 – 38 )? Wie anders sollten sie so häretische Worte verstehen? Wer sonst würde es wagen, so etwas offen und in Hörweite der Schrift- und Rechtsgelehrten zu sagen, von denen viele, wie wir hören, nichts lieber täten, als diesen lästigen Prediger zum Schweigen zu bringen und ins Gefängnis zu werfen?
    «Er ist der Messias!»
    Dies ist nicht einfach nur eine Aussage. Es ist ein Akt des Verrats. Im Palästina des 1 . Jahrhunderts kann es schon ein Verbrechen sein, einfach die Worte «Dies ist der Messias» laut und öffentlich auszusprechen – ein Verbrechen, das mit der Kreuzigung geahndet wird. Zugegeben, die Juden zur Zeit Jesu hatten ziemlich widersprüchliche Ansichten über die Rolle und Funktion des Messias, genährt durch eine Unmenge messianischer Überlieferungen und beliebter Volkssagen, die im Heiligen Land kursierten. Manche glaubten, der Messias werde den Juden wieder zu ihrer vorherigen Macht und Herrlichkeit verhelfen. Andere sahen den Messias in eher apokalyptischen und utopischen Zusammenhängen als jemanden, der die gegenwärtige Welt vernichten und auf ihren Trümmern eine neue, gerechtere Welt aufbauen werde. Es gab Menschen, die glaubten, der Messias werde ein König sein, und Menschen, die einen Priester erwarteten. Die Essener sehnten offenbar zwei Messiasse herbei – einer

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