Zelot
zu taufen.
Lukas geht einen Schritt weiter, er wiederholt die gleiche Geschichte wie bei Markus und Matthäus, stellt die Taufe Jesu allerdings in einen besonderen Rahmen. «Zusammen mit dem ganzen Volk ließ auch Jesus sich taufen. Und während er betete, öffnete sich der Himmel …» (Lk 3 , 21 ) Lukas lässt mit anderen Worten weg, wer taufte. Es geht nicht um Johannes – Jesus wird einfach getauft. Lukas untermauert diesen Punkt, indem er Johannes seine eigene Kindheitserzählung gibt, parallel zu der, die er für Jesus erfindet. Damit beweist er, dass Jesus schon im Mutterleib der Höherrangige war: Dass Elisabet, eine unfruchtbare Frau, Johannes gebar, mag schon ein Wunder gewesen sein, aber es war nicht annähernd so wunderbar wie die jungfräuliche Geburt Jesu. Dies alles gehört zu Lukas’ konzertierten Bemühungen (die der Evangelist auch in der Fortsetzung seines Evangeliums, der Apostelgeschichte, weiterverfolgt), Johannes’ Jünger dazu zu bringen, dass sie ihren Propheten aufgeben und stattdessen Jesus folgen.
Zu der Zeit, als das Johannes-Evangelium von Jesu Taufe berichtet, drei Jahrzehnte nach Markus, ist Johannes der Täufer gar kein Täufer mehr; der Titel kommt nicht mehr vor. Ja, Jesus ist nie wirklich von Johannes getauft worden. Die einzige Funktion des Täufers im vierten Evangelium besteht darin, Jesu Göttlichkeit zu bezeugen. Jesus ist nicht einfach «stärker» als Johannes der Täufer. Er ist das Licht, der Herr, das Lamm Gottes, der Auserwählte. Er ist der präexistente
logos,
der «vor mir war», wie der Täufer sagt.
«Ich sah, dass der Geist vom Himmel herabkam wie eine Taube», behauptet Johannes und korrigiert damit eine weitere Auslassung von Markus, bevor er seinen Jüngern ausdrücklich befiehlt, ihn zu verlassen und sich stattdessen Jesus anzuschließen. Dem Evangelisten Johannes reichte es nicht, den Täufer kleiner zu machen; der Täufer musste sich selbst kleiner machen, er musste sich öffentlich vor dem
wahren
Propheten und Messias herabsetzen.
«Ich bin nicht der Messias», räumt Johannes der Täufer im vierten Evangelium ein, «sondern nur ein Gesandter, der ihm vorausgeht …
Er muss wachsen, ich aber muss kleiner werden
.» (Joh 3 , 28 – 30 )
Dieses starke Bemühen, Johannes’ Bedeutung herunterzuspielen, ihn Jesus unterzuordnen – aus ihm wenig mehr als den Herold Jesu zu machen –, verrät ein drängendes Bedürfnis der frühchristlichen Gemeinschaft, das zu konterkarieren, was die historischen Belege ganz deutlich vermuten lassen: Wer auch immer der Täufer war, woher er auch kam und was er auch mit seinem Taufritual bezweckte – Jesus begann sein Wirken sehr wahrscheinlich als einer seiner Jünger. Vor dem Zusammentreffen mit Johannes war Jesus ein unbekannter Kleinbauer und Tagelöhner, der irgendwo in Galiläa hart für sein tägliches Brot arbeitete. Johannes’ Taufe machte ihn nicht nur zu einem Teil der neuen und erlösten Nation Israel, sie führte ihn auch in den inneren Zirkel des Johannes ein. Nicht jeder von Johannes Getaufte wurde sein Jünger; viele gingen einfach wieder nach Hause. Jesus tat das nicht. Die Evangelien sagen klar und deutlich, dass er nach der Taufe nicht nach Galiläa zurückkehrte, sondern «in die Wüste» Judäas ging; das heißt, Jesus ging direkt dorthin, von wo Johannes gerade gekommen war. Und er blieb eine Weile in der Wüste, nicht, um «vom Satan in Versuchung geführt» zu werden, wie sich die Evangelisten das vorstellen, sondern um von Johannes zu lernen und mit seinen Anhängern zu sprechen.
Die ersten Worte des öffentlichen Wirkens Jesu klingen wie die des Johannes: «Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um, und glaubt an das Evangelium!» (Mk 1 , 15 ). Gleiches gilt für Jesu erste öffentliche Handlung: «Darauf ging Jesus mit seinen Jüngern nach Judäa. Dort hielt er sich mit ihnen auf und taufte. Aber auch Johannes taufte damals …» (Joh 3 , 22 – 23 ). Natürlich waren Jesu erste Jünger – Andreas und Philippus – eigentlich gar nicht seine Jünger; sie gehörten zu Johannes (Joh 1 , 35 – 37 ). Erst nach dessen Verhaftung schlossen sie sich Jesus an. Jesus beschimpft seine Feinde unter den Schriftgelehrten und Pharisäern sogar mit demselben Ausdruck, den Johannes für sie benutzt: «Ihr Schlangenbrut!» (Mt 12 , 34 )
Jesus blieb nach seiner Taufe eine Zeit lang in Judäa, schloss sich Johannes’ Zirkel an und trennte sich wieder von ihm; er predigte
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