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Zelot

Zelot

Titel: Zelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reza Aslan
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bedeutungslos gemacht. Jesu Heilungen und Exorzismen haben derartige Massen angezogen, dass sie der Tetrarch nicht mehr ignorieren kann, wenngleich sich die wankelmütige Menge (zumindest bis dato) mehr für Jesu «Tricks» denn für seine Lehre zu interessieren scheint. Als Jesus immer wieder um ein Zeichen gebeten wird, um seine Botschaft glaubhafter zu machen, scheint er endgültig genug zu haben. «Diese böse und treulose Generation fordert ein Zeichen, aber es wird ihr kein anderes gegeben werden als das Zeichen des Propheten Jona.» (Mt  12 , 39 )
    All diese Aktivitäten bewirken, dass die Höflinge an Antipas’ Herrschaftssitz darüber spekulieren, wer dieser galiläische Prediger wohl sein mag. Manche glauben, er wäre der wiedergeborene Elija oder vielleicht ein anderer der «alten Propheten». Das ist keine gänzlich aus der Luft gegriffene Folgerung. Elija, der im 9 . Jh. v. Chr. im Nordreich Israel lebte, war das Musterbeispiel des wundertätigen Propheten. Als furchtloser und kompromissloser Krieger Jahwes wollte Elija mit der unter den Israeliten weit verbreiteten Verehrung des Gottes Baal Schluss machen. «Wie lange noch schwankt ihr nach zwei Seiten? Wenn Jahwe der wahre Gott ist, dann folgt ihm! Wenn aber Baal es ist, dann folgt diesem!» ( 1  Kg  18 , 21 )
    Um Jahwes Überlegenheit zu demonstrieren, forderte Elija 450  Baal-Priester zu einem Wettstreit heraus. Sie sollten zwei Altäre mit je einem Stier auf einem Holzstapel vorbereiten. Die Priester sollten Baal um Feuer anbeten, damit er das Opfer annehme, Elija indes sollte zu Jahwe beten. Tag und Nacht beteten die Baal-Priester. Sie riefen laut und brachten sich mit Schwertern und Lanzen Schnittwunden bei, bis sie blutüberströmt waren. Sie schrien und baten und flehten Baal an, ihnen Feuer zu bringen, aber nichts geschah.
    Dann goss Elija zwölf Krüge Wasser auf seinen Scheiterhaufen, trat einen Schritt zurück und rief den Gott von Abraham, Isaak und Israel an, er solle seine Macht zeigen. Sofort fiel ein gewaltiger Feuerball vom Himmel herab und verzehrte den Stier, das Holz, die Steine, den Staub auf der Erde und die Wasserpfützen um das Opfer. Als die Israeliten das Werk Jahwes sahen, fielen sie auf die Knie und verehrten ihn als Gott. Doch Elija war noch nicht fertig. Er nahm die 450  Baal-Priester gefangen, brachte sie gegen ihren Willen in das Tal des Wadi Kischon und, so steht es geschrieben, ließ jeden Einzelnen von ihnen töten, war er doch «mit leidenschaftlichem Eifer für den Herrn, den Gott der Heere, eingetreten» ( 1  Kg  18 , 20 – 40 ; 19 , 10 ).
    Elijas Glaube war so stark, dass er nicht sterben durfte, sondern von einem Wirbelwind in den Himmel getragen wurde, um dort neben Gottes Thron Platz zu nehmen ( 2  Kg  2 , 11 ). Seine Rückkehr am Ende der Zeiten, wenn er die zwölf Stämme Israels versammeln und das messianische Zeitalter einleiten würde, war vom Propheten Maleachi vorhergesagt: «Bevor aber der Tag des Herrn kommt, der große und furchtbare Tag, seht, da sende ich zu euch den Propheten Elija. Er wird das Herz der Väter wieder den Söhnen zuwenden und das Herz der Söhne ihren Vätern, damit ich nicht kommen und das Land dem Untergang weihen muss.» (Mal  3 , 23 – 24 )
    Maleachis Prophezeiung erklärt, warum die Höflinge in Tiberias in Jesus die Reinkarnation des exemplarischen Endzeitpropheten Israels sehen. Jesus hat äußerst wenig getan, um solche Vergleiche zu entkräften und bewusst die Symbole des Propheten Elija für sich übernommen – die Wanderpredigertätigkeit, die gebieterische Bestellung der Jünger, die Mission einer Rekonstitution der zwölf Stämme, der strikte Fokus auf die nördlichen Regionen Israels sowie die Zeichen und Wunder, die er vollbringt, wohin er auch geht.
    Antipas hingegen ist von dem Getuschel seiner Höflinge nicht überzeugt. Er glaubt, der Prediger aus Nazaret wäre nicht Elija, sondern der von ihm getötete Johannes der Täufer, der von den Toten auferstanden wäre. Blind vor Schuldgefühlen wegen dessen Hinrichtung, ist er unfähig, die wahre Identität Jesu zu erkennen (Mt  14 , 1 – 2 ; Mk  6 , 1416 ; Lk  9 , 7 – 9 ).
    In der Zwischenzeit setzen Jesus und sein Gefolge ihre langsame Reise in Richtung Judäa und Jerusalem fort. Sie lassen das Dorf Betsaida hinter sich, wo Jesus laut Markus 5000  Menschen mit nur fünf Laiben Brot und zwei Fischen sättigt (Mk  6 , 30 – 44 ). Ihr Weg führt vorbei an den Vorstädten von Cäsarea Philippi,

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